Es ist das Bild mit der Schlagzeile "Wir sind Papst" der "Bild"-Zeitung, das sich bei vielen Kölner:innen eingeprägt haben dürfte. Es zeigt Papst Benedikt XVI Rom, Vatikan 19.4.2005 Papstwahl: 115 Kardinaele waehlten in der Sixtinischen Kapelle den 265. Papst. Habemus Papam. Joseph Ratzinger wird neuer Papst, er nennt sich Benedikt XVI. und gruesst auf den Balkon der Petersbasilika die versammelten Glaeubingen auf dem Petersplatz. | Foto: IMAGO / Ulmer/Teamfoto

Rom | dts, red | aktualisiert | Der emeritierte Papst Benedikt, bürgerlich Joseph Ratzinger, ist im Alter von 95 Jahren gestorben. Das teilte der Vatikan am Silvestertag mit. Der genaue Todeszeitpunkt wurde mit 9:34 Uhr angegeben. Zum Beginn seines Pontifikates kam Benedikt XVI zum Weltjugendtag nach Köln und wurde von der katholischen Jugend begeistert mit „Benedetto“-Rufen empfangen. Mittlerweile würdigen die ersten Persönlichkeiten das Wirken von Benedikt XVI., darunter der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst. report-K sammelt die Würdigungen.

Bereits am Mittwoch hatte Benedikts Papst-Nachfolger Franziskus während seiner Generalaudienz überraschend mitgeteilt, er wolle „alle“ darum bitten, ein besonderes Gebet für Benedikt zu beten, da dieser sehr krank sei. Laut Medienberichten soll sich Ratzingers Zustand über die Weihnachtsfeiertage plötzlich verschlechtert haben, eine Krankenhauseinweisung sei aber zu keinem Zeitpunkt geplant gewesen. Schon länger war bekannt, dass der emeritierte Papst fast nicht mehr sprechen konnte, nun war von schweren Atemproblemen die Rede.

Benedikt selbst hatte noch im Frühjahr geschrieben, er werde bald vor den „ewigen Richter“ treten. Ratzinger war von 2005 bis zu seinem Amtsverzicht zum 28. Februar 2013 Oberhaupt der Katholischen Kirche. Vor ihm war zuletzt im Jahr 1294 ein Papst freiwillig von seinem Amt zurückgetreten.

Jahrzehnte vor der Wahl zum Papst war Ratzinger zwischen 1977 und 1982 Erzbischof von München und Freising und galt später als rechte Hand seines Vorgängers Johannes Paul II. Aus der Zeit in München hatte Ratzinger bis zuletzt Ärger wegen Fällen von sexuellem Missbrauch durch katholische Pfarrer. Zwar hatte er einerseits strenge Regeln für den Umgang mit Tätern eingeführt, in einem früheren Fall aber andererseits auch mindestens fahrlässig mit dafür gesorgt, dass ein als Sexualstraftäter bekannter Mann wieder mit Kindern und Jugendlichen arbeiten – und diese missbrauchen konnte – so der Vorwurf von Ermittlern. In diesem Zusammenhang gestand Ratzinger noch in diesem Jahr eine falsche Aussage ein.

Bei den typischen Kirchenfragen der Neuzeit vertrat er als Hardliner stets die konservativen Positionen: Bei den Themen Abtreibung und Sterbehilfe prägte Ratzinger die Linie seines Papst-Vorgängers Johannes Paul II. entscheidend mit und trieb in Deutschland den Ausstieg aus dem staatlichen System der Schwangerschaftskonfliktberatung voran. Die Teilnahme daran sei eine Form der Mitwirkung an Abtreibungen, so seine Position. Doch selbst seine Kritiker bescheinigten Ratzinger bis zuletzt einen scharfen Verstand und mitunter einen gewissen Humor.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst würdigt Wirken von Benedikt XVI. für Ökumene

In einem schriftlichen Statement erklärt der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst: „Mit dem emeritierten Papst Benedikt XVI. verlieren wir eine historische Persönlichkeit der Kirchengeschichte und einen der profiliertesten Theologen des 20. und 21. Jahrhunderts. Papst Benedikt XVI. war nach einem halben Jahrtausend der erste Deutsche, der wieder den Fischerring trug. Als Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche und herausragender Theologe wird Joseph Aloisius Ratzinger in das kollektive Gedächtnis der deutschen Geschichte eingehen. Mit seiner Grundthese, dass sich Glaube und Vernunft nicht widersprechen, sondern einander bedingen, hat Joseph Ratzinger ein wichtiges Fundament in der Theologie manifestiert. Sein Wirken sowohl in der Wissenschaft als auch als Konzilstheologe des Zweiten Vatikanischen Konzils machen ihn zu einem der wichtigsten Theologen über Jahrhunderte hinweg. Auch als Papst blieb er wie keiner seiner Vorgänger der wissenschaftlichen Theologie verbunden. Sein während des Pontifikats entstandenes dreibändiges Werk über Jesus von Nazareth zeugt davon. Dass er auch als Papst im Herzen stets Wissenschaftler geblieben ist, hat ihn in der Praxis des Pontifikats durchaus auch anecken lassen. Als Papst des Übergangs von der langen Amtszeit Johannes Pauls II. in eine neue Phase der Reform nimmt Benedikt trotzdem eine historische Bedeutung ein. Als Oberhaupt der katholischen Kirche setzte sich Papst Benedikt XVI. stets für die Ökumene und das friedliche Nebeneinander der Religionen ein. Dabei sind ihm wichtige Schritte in der Beziehung zu den orthodoxen Kirchen gelungen, die auch über sein Pontifikat hinaus Bedeutung behalten. Die enge Verbundenheit nach Deutschland hat Benedikt XVI. nie verloren. Bereits am Tag seiner Wahl im Jahr 2005 kündigte er an, zum 20. Weltjugendtag nach Köln zu reisen. Hunderttausende Jugendliche aus aller Welt freuten sich über den Besuch des Papstes in Nordrhein-Westfalen und feierten ein großes Fest des Glaubens. Auch seine Reisen nach Bayern 2006 und sein Deutschlandbesuch 2011 unterstreichen die enge Verbundenheit Benedikts zu seiner Heimat. Vor allem seine Ansprachen 2011 im Deutschen Bundestag und im Freiburger Konzerthaus hinterlassen Spuren in Politik und Kirche in Deutschland. Für den Mut und die Weisheit, die ihn bewegten, sein Pontifikat zu beenden und somit den Weg für Neues zu öffnen, hat Benedikt XVI. weltweit Anerkennung erfahren. Entgegen aller theoretischen Diskussionen um rechtliche Regelungen für einen altersbedingten Amtsverzicht nach den letzten Amtsjahren von Johannes Paul II. hat er ganz einfach einen praktischen Weg zum Rückzug aus dem Pontifikat eröffnet, der in der Zukunft noch enorme Bedeutung für die Kirche entfalten wird. Das kirchliche und theologische Erbe von Joseph Ratzinger ist historisch. Nicht nur die Katholiken in Deutschland und in der Welt, sondern auch das Land Nordrhein-Westfalen trauert um Papst Benedikt XVI.“

Scholz würdigt Benedikt

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich wenige Minuten nach der Vatikan-Mitteilung über das Ableben des früheren Papstes Benedikt, bürgerlich Joseph Ratzinger, geäußert. Als „deutscher“ Papst sei Benedikt XVI. für viele nicht nur hierzulande „ein besonderer Kirchenführer“ gewesen. „Die Welt verliert eine prägende Figur der katholischen Kirche, eine streitbare Persönlichkeit und einen klugen Theologen“, teilte Scholz am Samstag mit. „Meine Gedanken sind bei Papst Franziskus“, so der deutsche Kanzler.

ag