Köln | Die Diskussionen um den G20-Gipfel haben aktuell zwei Schwerpunkte. Der erste ist das politische Fazit. Die Bundesregierung, die EU-Kommission und die Regierungen loben den Austausch und die Ergebnisse. Die inhaltliche Kritik an G20 bleibt wie vor dem Treffen: Klimaschutz, elitärer Klub der die Welt unter sich aufteilt ohne völkerrechtliche Legitimierung und ein Treffen zu Afrika ohne die afrikanischen Staaten. Der zweite Schwerpunkt ist die Aufarbeitung der Krawalle. Hier ist die öffentliche Wahrnehmung eindeutig: Die Gewaltexzesse werden unisono verurteilt und die linksextreme Szene hat sich damit einen Bärendienst erwiesen, denn der Druck auf sie wird wachsen.

Das politische Fazit und Diskussion

Die positive Wertung:Merkel erntet für Ergebnisse des G20-Gipfels Lob und Kritik

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist für die Ergebnisse des G20-Gipfels sowohl gelobt als auch kritisiert worden. Lob kam unter anderem von US-Präsident Donald Trump. Dieser bezeichnete den Gipfel als „wundervollen Erfolg“.

Merkel habe den G20-Gipfel hervorragend ausgetragen, so Trump auf Twitter. Der US-Präsident lobte außerdem die Arbeit der Sicherheitskräfte in Hamburg. Merkel hatte sich nach dem Gipfel vor allem mit einem Kompromiss beim Thema Handel zufrieden gezeigt, wonach sich die G20-Staaten für offene Märkte und den Kampf gegen Protektionismus ausgesprochen haben.

Man werde „Protektionismus einschließlich aller unfairen Handelspraktiken weiterhin bekämpfen“, heißt es im Abschlusskommuniqué des Gipfels. Allerdings erkenne man „die Rolle rechtmäßiger Handelsschutzinstrumente in diesem Zusammenhang an“. Die G20-Jungunternehmerallianz kritisierte diese Formulierung.

Niemand wisse, ob zu den „rechtmäßigen Handelsschutzinstrumenten“ zum Beispiel auch Strafzölle gehörten, sagte der Bundesvorsitzende der Wirtschaftsjunioren Deutschland, Alexander Kulitz, am Sonntag. „Diese schwammige Erklärung sorgt für Unsicherheit bei der jungen Wirtschaft in den G20-Staaten.“ Auch beim Streit über das Pariser Klimaabkommen hatte sich die Bundeskanzlerin zufrieden gezeigt, weil die G20-Staaten außer den USA die Unumkehrbarkeit des Abkommens hervorgehoben haben.

„Wir bekräftigen unser nachdrückliches Bekenntnis zum Übereinkommen von Paris“, heißt es im Abschlusskommuniqué. Man wolle sich zügig auf dessen „uneingeschränkte Umsetzung“ zubewegen. UN-Generalsekretär Antonio Guterres hatte dies als „wichtigen Erfolg“ gelobt. „19 Länder haben solide zusammengestanden und sich verpflichtet, Kurs zu halten“, sagte Guterres den ARD-„Tagesthemen“. Allerdings bröckelte diese Einigkeit im Klimastreit bereits kurz nach dem Ende des Gipfels: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan stellte das Pariser Klimaabkommen in seiner abschließenden Pressekonferenz infrage. Im Kern will Erdogan, dass die Türkei bei der Umsetzung des Abkommens nicht als Industrieland eingestuft wird. Das türkische Parlament hat das Abkommen noch nicht ratifiziert. Die Spitzenkandidaten der Grünen bei der Bundestagswahl, Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir, kritisierten, dass der Gipfel für das Weltklima ein „Rückschritt“ gewesen sei. Auch das Ergebnis beim Thema Handel sei „alles andere als ein Fortschritt“.

WTO-Chef verteidigt G20-Beschlüsse

Der Chef der Welthandelsorganisation (WTO), Roberto Azevedo, hat die G20-Beschlüsse verteidigt. „Das Kommuniqué betont deutlich den positiven Beitrag des Freihandels und die Bedeutung der multilateralen Regeln der Welthandelsorganisation“, sagte Azevedo dem „Handelsblatt“ (Montagsausgabe). Auch stellte er sich hinter den Kompromiss, Schutzmaßnahmen seien ein „legitimes Mittel“ der Handelspolitik.
„Schutzmaßnahmen sind dafür ausgelegt, verzerrenden und nachteiligen Praktiken von Unternehmen und Regierungen zu begegnen“, sagte Azevedo. Allerdings müssten solche Maßnahmen immer im Einklang mit den WTO-Regeln stehen. „Und wir werden in diesem Punkt weiterhin wachsam sein.“

Azevedo warnte eindringlich davor, neue Handelsbarrieren aufzubauen. „Man weiß immer, womit Handelskriege anfangen, aber nie, wo sie enden.“ Derzeit prüfen die USA, ob sie Importzölle auf Stahl verhängen, wovon auch deutsche Unternehmen betroffen wären.

Die Bundesrepublik nahm Azevedo gegen die zuletzt harsche Kritik aus den USA und anderen Ländern in Schutz. Es sei nicht leicht, den hohen deutschen Leistungsbilanzüberschuss abzubauen. Wenn jemand wüsste, wie das ginge, „hätte er es bereits getan. Ich habe kein Rezept für Deutschland“, so Azevedo. Der Außenhandelsverband BGA zeigte sich mit den Ergebnissen des G20-Gipfels ebenfalls zufrieden. „Mit großer Erleichterung blicken wir auf die Einigung zum Abbau des weltweiten Protektionismus“, sagte BGA-Chef Anton Börner der Zeitung. Nachdem allein in den vergangenen sechs Jahren etwa 2.500 neue Handelsbarrieren errichtet wurden, „müssen diesem Bekenntnis nun Taten folgen, zumal die Mehrheit der protektionistischen Maßnahmen dabei auf die G20-Staaten entfällt“, forderte Börner.

EU-Kommissionspräsident zieht positive Bilanz des G20-Gipfels

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat eine positive Bilanz des G20-Gipfels gezogen. Die Ergebnisse seien „gut“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montagsausgaben) und verwies auf die Erklärungen zur Terrorbekämpfung und zum Freihandel. „Auch beim Klimawandel haben wir eine starke Allianz geschmiedet – wenngleich die USA aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe „ausgezeichnete Arbeit geleistet, um Brücken zu bauen und Kompromisse zu schmieden“. Juncker zeigte sich „betrübt“ darüber, dass die USA bei ihrer ablehnenden Haltung zum Weltklimaabkommen blieben. „Gleichzeitig ist es ein wichtiges und richtiges Zeichen, dass die restlichen G19 das Pariser Abkommen für unumkehrbar erklärt haben“, so der EU-Kommissionspräsident.

Jüngste Äußerungen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, dass das türkische Parlament das Pariser Abkommen möglicherweise nicht ratifizieren werde, wollte Juncker nicht kommentieren. Seine Sprecherin verwies darauf, dass Erdogan die Gipfelerklärung unterzeichnet habe. Im Verhältnis zu den USA setzt Juncker auf die Lernfähigkeit von US-Präsident Donald Trump.

Dieser sei „noch in seinem ersten Amtsjahr“, so der Kommissionspräsident. „Ich bin zuversichtlich, dass Gipfel wie dieser hilfreich sind, um die Routine des demokratischen Kompromisses, die wir Europäer in vielen langen Gipfelnächten erworben haben, weiter auszuprägen.“ Bei diesen Gipfeln lerne man sehr schnell, dass nationale Interessen langfristig durchaus durchsetzbar seien, „wenn sie miteinander statt gegeneinander auf den Tisch kommen“.

Die Reihen der Europäer seien bei diesem Gipfel „geschlossener als je zuvor“ gewesen, lobte Juncker. „Somit hatten wir mehr Gewicht bei der Ausarbeitung der gemeinsamen Lösungen – zum Beispiel, indem wir anderen Partnern ein klares Bekenntnis gegen den Protektionismus abringen konnten.“ Europa sei „in Aufbruchsstimmung – nicht nur unsere Wirtschaft, die seit vielen Monaten stärker wächst als die der USA, hat wieder an Schwung gewonnen, sondern auch unser gemeinsames Projekt“.
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Die Kritiker

SPD unzufrieden mit G20-Ergebnissen

Die SPD hat eine kritische inhaltliche Bilanz des G20-Gipfels in Hamburg gezogen. „Mit den Ergebnissen des Gipfels insgesamt kann niemand zufrieden sein“, sagte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil der „Welt“ (Montagsausgabe). Unter dem Strich habe der Gipfel „wenig gebracht, außer ein paar Deklarationen“.

Die erzielten Vereinbarungen bezeichnete Heil als „Teilergebnisse“. Künftig müsse Europa „stärker mit einer Stimme sprechen“ und die eigenen Krisen lösen, sagte Heil. Beim Klimaschutz sei es „misslungen, eine einheitliche Linie zu finden“.

Hier reiche der Druck auf US-Präsident Donald Trump offenbar nicht aus. Die Äußerungen des türkischen Präsidenten Erdogan zum Klimaschutzabkommen von Paris seien „besorgniserregend“. Leider hätten „autokratische Staatschefs diesen Gipfel für inszenierte Bilder missbraucht“, so Heil.

Schily äußert Zweifel an internationalen Konferenzen wie G20

Der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hat grundsätzliche Zweifel am Sinn von großen internationalen Konferenzen wie dem jüngsten G20-Gipfel geäußert. „Unabhängig von den Gewaltexzessen in Hamburg stellt sich die Frage, ob der organisatorische und finanzielle Aufwand für Konferenzen im G7- oder G20-Format in einem angemessenen Verhältnis zum substantiellen Ertrag solcher Veranstaltungen steht“, sagte Schily der „Bild“ (Montag). „Es mag für das politische Marketing von Frau Merkel vorteilhaft sein, wenn sie wie auf einem Laufsteg die Mächtigen dieser Welt einen nach dem anderen begrüßt.“

Derlei Inszenierungen seien aber kein ernsthafter Beitrag zur Lösung der Weltprobleme, „nicht zuletzt deshalb, weil in ihrem Rahmen ernsthafte, kritische und vorurteilsfreie Diskussionen kaum zustande kommen“.
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Die Aufarbeitung der Krawalle und Sicherheitskräfte

Krawalle beim G20-Gipfel: Steinmeier „schockiert und fassungslos“

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich über das Ausmaß der Gewalt bei Ausschreitungen am Rande des G20-Gipfels in Hamburg „schockiert und fassungslos“ gezeigt. „Ein solches Ausmaß an Gewalt haben wir bei Demonstrationen in Deutschland in den letzten Jahren noch nicht erlebt“, sagte Steinmeier am Sonntag in Hamburg. Zuvor hatte er mit dem Führungsstab der Polizei sowie mit Polizisten einer Einsatzhundertschaft gesprochen.

Diejenigen Beamten, die beim G20-Einsatz schwerer verletzt worden, hatte er im Bundeswehrkrankenhaus besucht. Er habe den Einsatzkräften seinen Dank ausgesprochen, so Steinmeier. Der Bundespräsident hatte auch die von den Krawallen besonders betroffenen Gebiete besucht und mit Anwohnern gesprochen.

Das, was er gesehen habe, mache ihn „fassungslos“, sagte der Bundespräsident. Die Randalierer hätten eine „maßlose Zerstörungswut gegen Einsatzkräfte aller Art und auch gegen das Eigentum von Bürgern“ an den Tag gelegt. Die Einsatzkräfte hätten nicht nur ihren Dienst gemacht, um die Sicherheit in der Stadt zu gewährleisten, sondern das Recht auf Versammlungsfreiheit geschützt.

Steinmeier dankte der Polizei, dem Hamburger Senat und dem Hamburger Ersten Bürgermeister Olaf Scholz (SPD). Dieser hatte Steinmeier bei seinem Hamburg-Besuch begleitet und Vorwürfe gegen die Polizei zurückgewiesen. Die Polizei habe „alles richtig gemacht“, sagte Scholz am Sonntag.

Innenstaatssekretär kritisiert Hamburger Senat nach G20-Krawallen

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Günter Krings (CDU), hat nach den Krawallen am Rande des G20-Gipfels den rot-grünen Hamburger Senat kritisiert und ihn ermahnt entschlossener gegen Linksextremisten in der Stadt vorzugehen. „Wir haben in Hamburg eine neue Dimension menschenverachtender Gewalt erlebt, die rein gar nichts mit politischem Protest zu tun hat“, sagte Krings der „Berliner Zeitung“ (Montagsausgabe). Dass noch Schlimmeres verhindert worden sei, sei den Polizisten zu verdanken, „die unglaublich mutig und zugleich besonnen gehandelt“ hätten.

Krings fügte hinzu: „Der rot-grüne Senat wird jetzt den Bürgern zu erklären haben, warum er die Gewaltexzesse so grandios unterschätzt hat.“ Er werde sehr schnell einen Plan vorlegen müssen, wie er „den rechtsfreien und staatsverachtenden Sumpf“ in Teilen seiner Stadt trockenlegen wolle. „Diese Brutstätten von linksextremer Gewalt hat man schon viel zu lange gewähren lassen. Solche falsch verstandene Toleranz für die Feinde von Demokratie und Feinde muss ein Ende haben.“

G20-Krawalle: SPD-Generalsekretär verteidigt Scholz gegen Kritik

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil hat Hamburgs Ersten Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) gegen Kritik wegen der schweren Ausschreitungen beim G20-Gipfel verteidigt. Das Ausmaß der Gewalt sei „nicht absehbar“ gewesen, sagte Heil der „Welt“ (Montagsausgabe). Die Bundeskanzlerin habe nach Hamburg eingeladen, „Hamburg war Gastgeber und hat es nicht verdient, dafür an den Pranger gestellt zu werden“.

Was man in Hamburg habe erleben und erleiden müssen, „hätte es vermutlich in Frankfurt, München oder Paris ebenfalls gegeben“, sagte Heil der Zeitung. Diese Form der Gewalt sei „abstoßend, wo und wann immer sie stattfindet“. Die Linken forderte er auf, ihr Verhältnis zum Gewaltmonopol des Staates zu klären.

„Äußerungen einiger aus der Linkspartei lassen vermuten, dass es hier noch Klärungsbedarf gibt. Das muss jetzt die Linke für sich bewerten“, sagte der SPD-Generalsekretär. Er fügte hinzu: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie sich mit Mordbrennern gemein machen will.“
Heil wies eine Bemerkung von CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer zurück, in Hamburg habe ein „linker Mob“ Gewalt ausgeübt. „In Hamburg war ein Mob unterwegs“, sagte Heil: „Es ist nicht links, Polizisten zu attackieren, Autos anzuzünden, kleine Ladenbesitzer zu schädigen. Niemand sollte versuchen, aus dieser elenden Gewalt nun parteipolitischen Nutzen ziehen zu wollen.“
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Die Politik verurteilt die Krawalle

Bartsch bezeichnet Gewalt beim G20-Gipfel als „inakzeptabel“

Der Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, hat die Gewalt, die bei schweren Ausschreitungen am Rande des G20-Gipfels ausgeübt wurde, als „inakzeptabel“ bezeichnet. Diejenigen, die bei den Ausschreitungen in Geschäfte eingedrungen seien oder Steine geworfen hätten, seien „Idioten“, sagte Bartsch dem ARD-„Hauptstadtstudio“ im „Bericht aus Berlin“. Die Demonstration am Donnerstag sei von allen Seiten falsch angegangen worden, auch die Polizei habe dort nicht richtig agiert, so Bartsch.

Er kritisierte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der sich zu wenig zu Wort gemeldet habe. Wenn er sich die Bilder anschaue, so Bartsch, habe es ein „totales Versagen“ gegeben. Den Vergleich von Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) von linksextremem Terror mit dem von Rechtsextremisten und Islamisten hält der Linken-Fraktionschef für „nicht angemessen“.

Er wolle bei der Gewalt in Hamburg auch nicht von Links-Terror sprechen. Das habe mit Links „nichts, aber auch gar nichts, zu tun“. Auch bei den Ergebnissen des G20-Gipfels sprach Bartsch von Versagen.

Er halte die Vereinten Nationen für ein geeigneteres Gremium als die G20. In Hamburg seien Millionen „verbraten“ worden, die er sich lieber für hungernde Kinder in Afrika gewünscht hätte. Für eine mögliche Regierungsbeteiligung nannte Bartsch im „Bericht aus Berlin“ Bedingungen, allem voran „kein Weiter so bei den Rüstungsexporten“, Umverteilung sowie Mindestlohn und gesicherte Rente.

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SPD-Politiker Kahrs kritisiert Linke nach Krawallen beim G20-Gipfel

Nach den Hamburger Gewaltexzessen hat der Sprecher des Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, schwere Vorwürfe an die Linkspartei gerichtet. „Es ist zum Kotzen, dass die Linke nicht bereit und fähig ist, Gewalt als Gewalt zu verurteilen“, sagte Kahrs der „Welt“ (Montagsausgabe): „Stattdessen relativieren und verharmlosen sie die stumpfe Kriminalität. Die Linke hat sie nicht mehr alle.“

Es sei „völlig inakzeptabel“, wenn die Linke nun die Polizei attackiere, sagte der aus Hamburg stammende SPD-Bundestagsabgeordnete. Die Polizisten hätten einen „großartigen Job gemacht, wir schulden ihnen Dank“. Die verletzten Beamten und die anderen Opfer müssten jetzt schnell entschädigt werden.

„Die Linke mäkelt an der Polizei herum, statt sich um die Opfer zu kümmern“, sagte Kahrs. Die Linke wisse nicht, auf welcher Seite sie stehe – „auf der der verrückten Radikalen, die von überall her angereist sind oder auf der der Menschen, die hier friedlich leben, arbeiten, Steuern zahlen und deren Autos nun abgefackelt worden sind“. Der Staat müsse seine Bürger schützen, und Bürger dürften keine Angst in ihrer Stadt haben müssen, sagte Kahrs der Zeitung.

Die Polizei habe „alles getan, sie zu schützen, auch wenn es gegen die Guerilla-Taktik der Chaoten verdammt schwer war“. Die Linkspartei müsse nun „endlich begreifen, für wen auch sie Politik zu machen hat: nämlich für die Bürger“. Wenn die Linke und der Anwalt der Roten Flora die Exzesse vom Wochenende schönredeten, zeige dies, „welch Geistes Kind“ sie seien, sagte Kahrs: „Das ist einfach nur dumm, ätzend, abstoßend.“

Wagenknecht verurteilt Gewaltexzesse beim G20-Gipfel

Nach der Eskalation der Gewalt bei den Protesten gegen den G20-Gipfel in Hamburg hat die Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Sahra Wagenknecht, diese Exzesse scharf verurteilt. „Diese Gewalttäter sind keine Linken. Das sind Kriminelle. Mit einer berechtigten Kritik an einer ungerechten Weltordnung haben ihre Aktionen nichts zu tun“, sagte Wagenknecht der „Bild“ (Montag). Wagenknecht verurteilte dabei explizit alle Aktionen der Mitglieder des sogenannten „Schwarzen Blocks“ bei den Gipfel-Protesten der letzten Tage in Hamburg. „Leute, die durch Straßen marodieren, Autos anzünden, Anwohner angreifen und Polizisten verletzten, sind keine Linken, sondern kriminelle Gewalttäter.“
Damit geht die Linken-Spitzenpolitikerin nach den Ereignissen in Hamburg auch auf Distanz zu ihrer eigenen Parteichefin Katja Kipping. Diese hatte vor dem G20-Gipfel die Polizei für eine mögliche Eskalation der Lage verantwortlich gemacht.

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Die Sicht der Polizei und ihrer Gewerkschaften

Hamburger Polizei: 476 verletzte Beamte beim G20-Einsatz

Die Hamburger Polizei hat am Sonntag die Bilanz des Gesamteinsatzes zum G20-Gipfel in der Hansestadt gezogen: Insgesamt seien demnach bisher 476 Beamte verletzt worden. Darunter seien unter anderem Verletzungen durch Gesichtstreffer mit Pyrotechnik, sagte G20-Einsatzleiter Hartmut Dudde. Außerdem seien seit dem 22. Juni im Zusammenhang mit dem G20-Einsatz insgesamt 186 Personen vorläufig festgenommen und 225 Personen in Gewahrsam genommen worden.

„Wir haben schlimme Bilder gesehen und diesen Bildern liegen schwere Taten zugrunde“, sagte Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) bei der Vorstellung der Bilanz. Er sei sich mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einig, dass man den bei den Ausschreitungen Geschädigten helfen werde. Scholz lobte die Arbeit der Einsatzkräfte.

Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) schloss sich diesem Lob an: Die Einsatzkräfte hätten in den Gipfel-Tagen „Herausragendes geleistet“. Es sei gelungen, den Gipfel sicher durchzuführen. „Wir wussten, dass wir es mit einem erheblichen linksextremen Gewaltpotential zu tun hätten“, so Grote.

Das Ausmaß der Gewalt habe die Sicherheitsbehörden aber am Ende überrascht. Hamburgs Polizeipräsident Ralf Martin Meyer kritisierte, dass Übernachtungen von Gipfel-Gegnern in Protestcamps durch Gerichtsurteile erlaubt worden waren.

G20-Krawalle: Bundespolizeipräsident sieht „bewussten Tötungsvorsatz“

Nach den Krawallen beim G20-Gipfel in Hamburg spricht der Präsident der Bundespolizei, Dieter Romann, von einer „neuen Dimension linksterroristischer und autonomer Gewalt“: Man habe nicht „mit bedingtem oder bewusstem Tötungsvorsatz“ rechnen müssen, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montagsausgaben). Von den Gerichten erwarte er „selbstverständlich“ Urteile mit abschreckender Wirkung. Auf die Justiz käme die Aufgabe zu, „Polizeivollzugsbeamte für die Zukunft vor einer Wiederholung zu schützen.“

Romann versicherte, die Sicherheit der Staatsgäste und ihrer Delegationen sei „von der Anreise bis zur Abreise jederzeit gewährleistet“ gewesen. Zugleich wies er Kritik zurück, wonach das Schanzenviertel zeitweilig ein rechtsfreier Raum gewesen sei. Der Eindruck sei unzutreffend.

„Bevor man in die Honigfalle eines Lagerfeuers rennt, muss die Polizei erst alle Nebengassen, Häuser und Dächer absichern, weil die Beamten ansonsten von dort aus dem Hinterhalt mit letal wirkenden Präzisionszwillen beschossen oder mit Gehwegplatten beworfen werden“, erläuterte Romann. Beim Einsatz in Hamburg wurden nach seinen Angaben 110 Beamte der Bundespolizei verletzt, in 72 Fällen durch Angriffe der Störer, 29 Beamte seien dienstunfähig, zwei davon noch in stationärer Behandlung.

Kriminalbeamte: G20-Gipfel „Zäsur im Umgang mit Linksextremismus“

Nach den schweren Ausschreitungen beim G20-Gipfel in Hamburg hat der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) Konsequenzen für den Umgang mit linker Gewalt gefordert. „Der G20-Gipfel hat dem gesamten linken Milieu einen Bärendienst erwiesen und wird eine Zäsur im Umgang mit dem Linksextremismus in Deutschland darstellen“, sagte der BDK-Bundesvorsitzende André Schulz dem „Handelsblatt“ (Montagsausgabe). Extremismus sei in all seinen Erscheinungsformen, ob islamistisch-, rechts- oder eben linksmotiviert, zu ächten und zu bekämpfen.
„Gerade in Hamburg und Berlin ist jetzt ein Umdenken im Umgang mit dem linksextremistischen Spektrum erforderlich“, so Schulz. Schwere Vorwürfe erhob der BDK-Chef gegen Hamburgs Ersten Bürgermeister, Olaf Scholz (SPD). Man habe davor gewarnt und abgeraten, den G20-Gipfel in Hamburg durchzuführen.

„Das Argument, dass wir uns nicht von Chaoten vorschreiben lassen dürfen, wo wir so einen Gipfel abhalten werden, ist nicht tragbar, lebensgefährlich und schlicht dumm“, sagte Schulz. Scholz hätte daher Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) „deutlich sagen müssen, dass das Risiko aufgrund der Rahmenbedingungen in Hamburg zu groß ist und man nicht für die Sicherheit der Stadt und für Leib und Leben der eingesetzten Sicherheitskräfte, Demoteilnehmer und Unbeteiligter garantieren kann“. Scholz habe der Stadt Sicherheit während des Gipfels garantiert, dieses Versprechen habe er gebrochen.

„Politisch verantwortlich für die Gewährleistung der Sicherheit der Stadt ist aber nicht Scholz, sondern Innensenator Andy Grote“, sagte Schulz und fügte hinzu: „Wäre ich Erster Bürgermeister dieser Stadt, hätte ich gegenüber dem Innensenator deutliche Worte gefunden und unmissverständlich meine Erwartungshaltung artikuliert.“ Zur Aufarbeitung der Vorfälle und zur Selbstkritik gehöre aber auch die Feststellung, „dass das Sicherheitskonzept für den Gipfel schlichtweg nicht aufgegangen ist“, sagte Schulz weiter. Hierüber werde noch zu reden sein.

„Wir waren mit über 20.000 Polizistinnen und Polizisten nicht in der Lage, die Stadt vor 1.500 linken Kriminellen zu schützen“, erläuterte der Polizeigewerkschafter. „Was wäre eigentlich passiert, wenn tatsächlich die prognostizierten 8.000 linken Gewalttäter nach Hamburg gekommen wären und es an verschiedenen Orten der Stadt gleichzeitig zu Ausschreitungen gekommen wäre? Man mag es sich nicht ausmalen.“ Dessen ungeachtet pflichtete Schulz Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) bei, der erklärt hatte, dass die Bilder der brennenden Straßenzeilen und der exzessiven Ausschreitungen in Hamburg, die um die Welt gegangen sind, dem Ansehen der Stadt geschadet hätten. „Wir haben uns schlicht ein Stück weit lächerlich gemacht“, sagte der BDK-Chef.

GdP: Einsatzkräfte haben beim G20-Gipfel „Leib und Leben riskiert“

Nach den Worten des Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Oliver Malchow, haben die beim G20-Gipfel in Hamburg eingesetzten Polizeibeamten „oft Leib und Leben riskiert“. Die Einsatzkräfte seien „bis an ihre Grenzen gegangen, um das Treffen der Regierungschefs zu sichern, Versammlungen friedlicher Demonstranten zu gewährleisten und die brachiale Gewalt militanter Gruppen möglichst zeitnah zu unterbinden“, sagte Malchow am Sonntag in Kiel. Die „Brutalität sogenannter Gipfel-Gegner“ bezeichnete der GdP-Bundesvorsitzende als „schockierend“.
Die GdP fordere „angesichts der enormen Belastungen“, den „im Vorfeld des Gipfels angekündigten 1:1-Ausgleich von Einsatzstunden zu Freizeit für alle Kolleginnen und Kollegen umzusetzen“.

Autor: ag,dts | Foto: Gerckens-Photo-Hamburg / Shutterstock.com
Foto: Greenpeace Protest zu G20. | Foto: Gerckens-Photo-Hamburg / Shutterstock.com