"Ein vergleichbares Konjunkturbild hat es zum letzten Mal vor ungefähr 20 Jahren gegeben", freute sich heute Hans Peter Wollseifer, Präsident der Handwerkskammer zu Köln. Bei der letzten Umfrage der Handwerksunternehmen der Region vermeldeten 43 Prozent eine gute Geschäftslage, nur acht Prozent sprachen von einer schlechten Lage. Nach ersten Schätzungen für 2011 könne zudem mit einem Umsatzwachstum von rund fünf Prozent gerechnet werden. Das schlage sich auch auf dem Arbeitsmark nieder. So hätten im Laufe des Jahres 2011 ein Beschäftigungsanstieg von 2.000 bis 2.500 Arbeitsplätzen erreicht werden können. Auch für das kommende Jahr zeigte sich Wollseifer optimistisch und erwartet "ein stabiles Wachstum". Denn schon jetzt seien bei vielen Unternehmen in der Region die Auftragsbücher bis zur Mitte des Jahres gut gefüllt.

Vorsorge für die Zukunft
Unverständnis äußerte Wollseifer, warum dass die Kultusminister der Länder das Abitur höher werteten als viele der dualen Ausbildungsabschlüssen. Dabei hieße Bildung auch , so betonte Wollseifer, neben der geistigen und kulturellen auch die lebenspraktischen Fähigkeiten zu erlernen. Durch diese Wertung würden die Handwerksberufe eine Geringschätzung erfahren. Und das, obwohl das Handwerk rund 30 Prozent der jungen Menschen bundesweit ausbilde. Insgesamt wären in diesem Jahr fast 6.000 neue Ausbildungsverträge allein im Kölner Kammerbezirk abgeschlossen worden. Im Vergleich zum Vorjahr bedeute das ein Plus von knapp zwei Prozent. Dass nicht noch mehr junge Menschen eine Ausbildung im Handwerk beginnen, läge vor allem an einem Rückgang der Nachfrage. In den kommenden Jahren, so Wollseifer, müsse die Handwerkskammer daher noch mehr Werbung für die 151 Berufe im Handwerk machen.

Taskforce für besseren Verkehrsfluss
Kritik äußerte Wollseifer auch an den Steuererhöhungen vom Land und den Kommunen. Zusammen mit den Abgabenerhöhungen "addieren sich die Mehrbelastungen für die Unternehmen zu einer nicht mehr akzeptablen Größenordnung", betonte heute der Handwerkskammer-Präsident. Verstärkt würde dies noch durch die Pläne der Stadt Köln, die Umweltzone in der Domstadt knapp um ein Vierfaches 2012 auszuweiten, erklärte Ortwin Weltrich, Hauptgeschäftsführer der Kölner Handwerkskammer. Im Dezember will der Rat der Stadt darüber abschließend entscheiden. Die Ausweitung sei jedoch bloßer Aktionismus. Dies beweise, dass die Stadt eine umweltsensitive Ampelanlage am Clevischen Ring ablehne. Und auch die Rheinschiffe dürften weiter mit alten Motoren den Rhein befahren.

Die Verkehrssituation in Köln schadet laut Weltrich der Wirtschaft der Handwerksunternehmen. Denn die verbrächten viel Zeit in den Staus. "Hier ist eine Schmerzgrenze erreicht", so Weltrich. Er forderte die Stadt daher auf, eine Tasforce zur Verkehrsbeschleunigung einzurichten.

Walsken will mehr Orientierung in der Berufsvielfalt
Als Gastrednerin sprach heute Regierungspräsidentin Gisela Walsken auf der Vollversammlung der Handwerkskammer. Sie versprach, dass bis Ende des Jahres 98 Prozent der Mittel aus dem Konjunkturpaket II in der Region investiert wein werden. Schon jetzt seien mit rund 540 Millionen Euro etwa 2.000 Projekte gefördert worden. Davon hätten oftmals auch Handwerksunternehmen der Region profitiert. Positiv bewertete Walsken zudem den Schulkonsens des Landesparlaments. Die neue Bildungspolitik könne den nachwuchs für das Handwerk erhalten. Dazu will die Bezirksregierung Köln 2012 den Übergang von der Schule in den Beruf weiter verbessern und auch Eltern besser über die Berufsvielfalt aufklären. Doch auch das Handwerks selbst, so Walsken, müsse dem Fachkräftemangel entgegenwirken, in dem Betriebe Schülern Praktika und Lehrstellen anbieten. Zudem solle die Kammer über eine Neuordnung der Berufe nachdenken und verschiedene Berufe zu Berufsgruppen zusammenfassen. So könnte Schülern eine bessere Orientierung gegeben werden.

"Goldene Münze" für Dr. Köster
Im Vorfeld der Sitzung verlieh Kammerpräsident Wollseifer dem langjährigen Hauptgeschäftsführer des NRW-Hanwerkstags, Dr. Thomas Köster, die "Goldene Münze". Mit der höchsten Auszeichnung der Kölner Kammer wurde Köster geehrt, weil er mehr als ein Vierteljahrhundert die Interessen des nordrhein-westfälischen Handwerks aus Landesebene vertreten habe. "Sie waren einer der Vordenker des Handwerks", sagte Wollseifer.

Auf der Tagesordnung stand zudem die Beschlussfassung zum Haushaltsplan 2012 der Handwerkskammer. Der Haushaltsplan-Entwurf sieht Einnahmen und Ausgaben in Höhe von 27,8 Millionen Euro vor. Für Investitionen sind 4,5 Millionen Euro veranschlagt.

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