Köln | Die Fahnder der Kölner Polizei sprechen von dem vielleicht größten Handybetrugsfall Kölns. Involviert eine Deutsch-Türkische Familie. Ein 28-Jähriger steht im Verdacht als Warenkreditbetrüger einen Schaden über zwei Millionen Euro verursacht zu haben. Zentrale war ein Handyshop und ein Juweliergeschäft in der Venloer Straße. Der Betrug gelang mit einem Netzwerk, das sich über ganz Deutschland bis nach Belgien und Großbritannien erstreckte. Familie und mutmaßlicher Betrüger lebten in Deutschland in ärmlichen Verhältnissen, die Betrugsgewinne flossen in die Türkei, wo man ein 10-Familienhaus mit Ladenlokal baute.

Nur Neuware 15 Prozent unter Neupreis

Bei der Kölner Polizei stapeln sich die aktuell begehrtesten Handys von Apple, Samsung, PrePaid-Karten hat man gleich Müllsackweise, Tablet-PCs, Schmuck und rund 15.000 Euro Bargeld. Insgesamt wurden 680 Objekte beschlagnahmt. Auch eine Waffe, bei der noch unklar ist, ob es sich um eine scharfe Waffe handelt, wurde gefunden. Sichergestellt wurde die „flammneue Ware“, so ein Fahnder, bei einer Durchsuchung gestern. Am Laden an der Venloerstraße hängt jetzt ein Hinweiszettel der Kölner Polizei. Am Handyshop ist der Rolladen heruntergelassen und beim Juwelier die Schaufenster ausgeräumt. Passanten, die heute Mittag nebenan libanesisch oder ihre Pizza essen, sind erstaunt über die Vorfälle in ihrer Nachbarschaft.

In dem Handyladen wurde die Hehlerware an gutgläubige Konsumenten rund 15 Prozent unter Neupreis verkauft. Wer also sein Mobiltelefon dort gekauft hat, liegt schon an der Grenze zwischen gut oder bösartiger Hehlerei und hat sich mitschuldig gemacht. Der vermeintliche Händler hat rund 80 Handys pro Monat abgesetzt, bei den Preisen für Smartphones verwundert die Gesamtschadensumme über 2 Millionen Euro nicht.

Ein europaweites Netzwerk

An die Geräte kam der mutmaßliche Betrüger über verschiedene Kanäle und Zulieferer, etwa von Kurierfahrern oder Warenkreditbetrügern, die die Geräte unter falschem Namen anderswo erbeutet hatten. Dabei achtete er immer sorgfältig darauf, dass etwa in Deutschland nur britische Hehlerware und in Belgien deutsche Ware verkauft wurde, damit die Provider nicht stutzig wurden und den Weg der Ware nachvollziehen konnten. Die Kölner Polizei geht davon aus, dass das Netzwerk rund 30 bis 40 Personen umfasste. Involviert ist auch die Familie des Festgenommenen, der heute einem Haftrichter vorgeführt wurde. Ihn erwartet, da es sich um einen Verbrechenstatbestand handelt, eine Strafe von nicht unter drei Jahren. Die Polizei hatte sich mehrere Monate an die Fersen des Täters geheftet. Mehrere Objekte in Köln wurden durchsucht. Dabei stellten die Beamten fest, dass die Familie in ärmlichen Verhältnissen in Deutschland lebte, aber in der Türkei ein Großbauprojekt mit dem Geld betrieb. Der Mann soll sein Hehler-Geschäft seit vier oder fünf Jahren betreiben. Einer der Fahnder spricht vom größten Betrugsverfahren mit Handys, das es jemals in Köln gab.

Autor: Andi Goral
Foto: Gleich Kistenweise stellten die Beamten Handys sicher