Im Wortlaut:

"Gemeinsame Erklärung der rot-grünen Koalition: SPD und GRÜNE stehen gemeinsam zu ihrer Haushaltsverantwortung
SPD und GRÜNE haben mit ihren Ratsbeschlüssen politische Prioritäten für Köln gesetzt, z.B. mit dem Klimaschutzkonzept, dem Wiedereinstieg in die kommunale Förderung des sozialen Wohnungsbaus und der Fortführung des Programms „lebenswerte Veedel“. Laut aktueller Mitteilung der Stadtkämmerin droht in 2012 eine Verschlechterung der Gewerbesteuer-Einnahmen um ca. 60 Mio. Euro. Absehbar wird sich die Finanzsituation der Stadt in den kommenden Jahren weiter verschärfen. Darin stimmt die SPD mit den GRÜNEN überein.

SPD und GRÜNE wollen deshalb in den anstehenden Haushaltsverhandlungen über ein
  Sanierungskonzept beraten, das derzeit von der Stadtkämmerin im Einvernehmen mit dem Stadtvorstand erarbeitet wird. Ein solches Konzept beinhaltet Einsparungen, Effizienzsteigerungen, Aufgabenreduzierungen aber möglicherweise auch weitere Schritte für Einnahmeverbesserungen. Konkrete Maßnahmen mit Wirkung für die Zukunft werden im Rahmen des Haushaltsbeschlusses 2012 getroffen.

Als ersten Schritt wird die rot-grüne Koalition die Anhebung der Grundsteuer B zum 01.01.2012 um 15 Punkte (= 3%) per Dringlichkeit beschließen. Darauf haben sich SPD und GRÜNE im Koalitionsausschuss geeinigt.


— WORTLAUT Ende —

Aktualisiert 22.12.2011, 09:35 Uhr > Was ist ein Beschluss per Dringlichkeit?
Wie das Verfahren bei einem Beschluss per Dringlichkeit abläuft, erklärte heute der städtische Pressesprecher Gregor Timmer report-k.de: Es wird eine Vorlage erarbeitet, die laut Timmer in diesem Fall wohl recht ähnlich zu der am 20. Dezember im Stadtrat abgelehnten Vorlage sein wird. Diese muss von mindestens einem führenden Vertreter einer Ratsfraktion unterschrieben werden. Damit gewährleistet der Vertreter, dass es für die Vorlage eine Mehrheit im Stadtrat gibt. Die unterschriebene Vorlage wird dann Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters oder seinem Stellvertreter zur Unterschrift vorgelegt. Damit kann die Vorlage in Kraft treten, ohne dass der Rat in einer Sitzung befragt wird. Die Vorlage wird anschließend dem Stadtrat bei seiner nächsten regulären Sitzung zur Abstimmung vorgelegt. Die Verwaltung kann jedoch schon vorher damit beginnen, die Vorlage umzusetzen. Der Beschluss per Dringlichkeit soll eine sofortige Handlungsfähigkeit des Rates sicherstellen, normalerweise etwa in den Ratsferien oder bei längeren Pausen zwischen zwei Ratssitzungen. Laut Timmer ist es noch nie vorgekommen, dass ein solcher Beschluss im Nachhinein von dem Stadtrat nicht beschlossen wurde.

Stimmen zur Anhebung der Grundsteuer per Dringlichkeit
"Laut aktueller Mitteilung der Stadtkämmerin droht in 2012 eine Verschlechterung der Gewerbesteuer-Einnahmen um rund 60 Millionen Euro. Absehbar wird sich die Finanzsituation der Stadt in den kommenden Jahren weiter verschärfen. Darin stimmt die SPD mit den GRÜNEN überein. SPD und GRÜNE wollen deshalb in den anstehenden Haushaltsverhandlungen über ein Sanierungskonzept beraten, das derzeit von der Stadtkämmerin im Einvernehmen mit dem Stadtvorstand erarbeitet wird. Ein solches Konzept beinhaltet Einsparungen, Effizienzsteigerungen, Aufgabenreduzierungen aber möglicherweise auch weitere Schritte für Einnahmeverbesserungen. Konkrete Maßnahmen mit Wirkung für die Zukunft werden im Rahmen des Haushaltsbeschlusses 2012 getroffen. Als ersten Schritt wird die rot-grüne Koalition die Grundsteuer B zum 01.01.2012 um 15 Punkte (= 3%) per Dringlichkeit beschließen. Darauf haben sich SPD und GRÜNE im Koalitionsausschuss geeinigt", heißt es in einer gemeinsamen Erkläung von SPD und Grünen.

Stefan Götz, Geschäftsführer der CDU-Fraktion: „Scheinbar setzt Rot-Grün ‚Haushaltsverantwortung’ damit gleich, regelmäßig neue Möglichkeiten zu finden, den Bürgerinnen und Bürgern noch tiefer in die Tasche zu greifen – 2010 durch eine Erhöhung der Abwassergebühren, der Straßenreinigungsgebühren und der Abfallgebühren, 2011 durch eine Anhebung des Gewerbesteuerhebesatzes, erneute Erhöhungen der Abfall- und Straßenreinigungsgebühren und die Einführung der Kulturförderabgabe. Dass Rot-Grün nun den Grundsteuerhebesatz anhebt und die Menschen in Köln noch stärker finanziell belastet, ist schon für sich betrachtet ein Skandal. Dass dies nun per Dringlichkeitsentscheidung durchgezogen werden soll, ist ebenfalls skandalös und ganz schlechter politischer Stil. Der Rat hat am 20. Dezember über eine Anhebung der Grundsteuer B entschieden und die vorgeschlagene Erhöhung um 15 Prozentpunkte mit klarer Mehrheit abgelehnt. Diese Ablehnung der Verwaltungsvorlage erfolgte in dem Bewusstsein, dass die beabsichtigten Mehreinnahmen über rund 6,2 Millionen Euro im Jahr 2012 nicht erzielt werden und dies bei den weiteren Haushaltsplanberatungen zu berücksichtigen ist. Hier kann nun keine Rede sein von einer ‚dringlichen’ Entscheidung. Wenn die Grünen nun des Koalitionserhalts wegen umfallen, verspielen sie das Vertrauen der Bürger auf vom Rat getroffene Entscheidungen. Sie umgehen das Prinzip der Sitzungsöffentlichkeit als demokratischen Grundsatz mit einer nachgeschobenen Dringlichkeitsentscheidung. Dies widerspricht allen ‚Lippenbekenntnissen’ für eine bürgernahe und transparente Politik!“ Die CDU-Fraktion rechnet damit, dass die rot-grüne Koalition kurzfristig scheitern wird. „Die Ereignisse der letzten Tage belasten die ohnehin schon wenig vertrauensvolle Zusammenarbeit der rot-grünen Koalitionspartner noch mehr. Hier wurde keine Einigung in der Sache erzielt, sondern von der Landesebene befohlen“, stellt Stefan Götz fest.

Als „juristisch höchst fragwürdig“ bezeichnet der Justiziar der FDP-Ratsfraktion, Volker Görzel, die Pläne der rot-grünen Ratskoalition. Nach der Gemeindeordnung sei ein solches Verfahren nur dann erlaubt, wenn eine Einberufung des Rats zu einem bestimmten Thema nicht rechtzeitig möglich sei. Da der Rat jedoch erst vorgestern darüber abgestimmt habe, liege eine Eilbedürftigkeit nicht vor. „Hier wird getrickst, dass man sich die Augen reibt“, so der liberale Ratsherr. Unter Juristen sei es umstritten, ob eine Satzung überhaupt im Wege der Dringlichkeitsentscheidung verabschiedet werden dürfe. „Rot-Grün nimmt es bewusst in Kauf, dass die Steuererhöhung rechtlich angreifbar ist", so Görzel. Jeder Bürger, der einen rechtswidrigen Steuerbescheid von der Stadt Köln erhielte, könne dagegen klagen. Es wäre mit einer Klagewelle zu rechnen. Die Verwaltung würde lahm gelegt. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Regierungspräsidentin eine derartig zweifelhafte Vorgehensweise durchgehen lässt. Wir behalten uns vor, sie als Kommunalaufsicht in dieser Frage anzurufen, sollten SPD, Grüne und der Oberbürgermeister diesen Weg beschreiten", kündigte Görzel an.

Jörg Detjen, Fraktionssprecher der Linken Köln: „Eine wichtige demokratische Entscheidung des Rates wird nach einem Tag von den Grünen ausgehebelt. Das ist empörend! Die Grünen führen sich heute auf wie die SPD in den 90er Jahren. Im Falle einer Dringlichkeitsentscheidung wird DIE LINKE bei der Bezirksregierung Einspruch einlegen.“ Denn eine Dringlichkeit, so betonte Detjen, läge nach der Ablehnung der Vorlage nicht vor. „Im Falle einer Vertagung wäre das rechtlich anders zu bewerten gewesen. So gibt es aber eine klare Entscheidung, auch wenn sich die Grünen nach 24 Stunden anders entschieden haben“, so Detjen weiter. Da Oberbürgermeister Roters (SPD) bereits im Urlaub ist, fordert DIE LINKE seinen Vertreter, Beigeordneten Bernd Streitberger (CDU) auf, nicht gegen den Ratsentscheid zu verstoßen und keine Dringlichkeitsvorlage einzubringen.

Weitere Stimmen folgen. Report-k.de sammelte bereits gestern Stimmen aus der Kölner Politik und sprach auch mit den Koalitionären. Den Artikel finden Sie hier >

[ag, cs]