Die späteren Sieger aus Siegburg schwören sich gegenseitig vor dem Endspiel ein.

Es ist ein herrlicher Kölner Spätsommertag. Schon seit den frühen Morgenstunden haben Fußballteams aus den Justizvollzugsanstalten (JVA) Köln-Ossendorf, Heinsberg, Iserlohn, Siegburg, Herford und Hövelhof gegeneinander Fußball gespielt. Auch ein Damenteam war dabei. Vor dem Endspiel trafen die jungen Strafgefangenen Olli Kahn in der Turnhalle der JVA Ossendorf. Bevor die Medienvertreter mit Kahn und dem neuen NRW Justizminister Thomas Kutschaty sprechen konnten, sprach Olli Kahn mit den jungen Fußballern und machte Ihnen Hoffnung. "Wichtig ist, dass man aus Niederlagen und Rückschlägen lernt, dass man nicht anderen die Schuld gibt, sondern selbst besser wird", sagte Kahn im Hinblick auf das in letzter Minute verlorene Champions-League-Finale 1999 in Barcelona gegen Manchester United.


Die Ost-Tribüne für das Endspiel

Gemeinsam mit dem nordrhein-westfälischen Justizminister Thomas Kutschaty ehrte der 67-malige Nationalspieler die Gewinner des Sepp-Herberger-Pokals. Das Turnier ist der alljährliche sportliche Höhepunkt im Projekt "Anstoß für ein neues Leben", das von der Stiftung initiiert wird. "Ich bin der Sepp-Herberger-Stiftung außerordentlich dankbar für ihr Engagement. Das Anstoß-Projekt bildet ein wertvolles ergänzendes Element in dem Bemühen des Justizvollzugs, straffällig gewordene junge Menschen auf ein geregeltes Leben außerhalb der Gefängnismauern vorzubereiten", sagte Kutschaty.


Die jungen Strafgefangenen nahmen sich die Wort Olli Kahns zu Herzen

Das Kölner Team schnitt bei dem Turnier nicht wirklich gut ab, dagegen schafften die Siegburger den 1. Platz im Endspiel gegen Hövelhof. In Köln sind derzeit 160 Jugendliche Straftäter im Alter zwischen 14-21 inhaftiert. In ganz Nordrhein-Westfalen sind es rund 1.480 im Alter von 14-24, davon sind allerdings 50 Prozent über 21 Jahre alt. In den NRW Gefängnissen gibt es derzeit rund 18.000 Gefangene insgesamt. Sascha ist einer von ihnen. Er ist 22 Jahre jung und seit einem Jahr in Iserlohn inhaftiert. Ein weiteres Jahr und sechs Monate warten noch auf ihn. Seine Augen verraten, dass ihn das nicht glücklich macht. In Iserlohn macht er jetzt eine Ausbildung zum Elektroniker und Betriebstechniker. Einmal pro Woche darf er Fußball trainieren, daher käme das nüchterne Ergebnis beim Turnier, meint Sascha, der gerne mehr trainieren würde. Sascha und das ist positiv ist Optimist, er rechnet sich nach seiner Haftzeit und mit der jetzt begonnenen Ausbildung gute Chancen aus, auch in einem Betrieb Arbeit zu finden. Das was Olli Kahn gesagt hat, hat Sascha „gut gefallen“, der ein großer Fan des Nationaltorwartes ist. Vor allem dass man aus seinen Niederlagen lernen muss.

Jochen Falkenhorst aus Köln und Geschäftsführer von Gierlich Gebäudedienste hat drei jungen ehemaligen Strafgefangenen eine Chance gegeben. Sie arbeiten heute in einer Druckerei. Dabei gelten für die jungen Menschen aus der JVA die gleichen Bedingungen wie für andere Bewerber. Allerdings und da legt Falkenhorst großen Wert darauf, dass sie sich in die Teams integrieren, sauber und pünktlich zur Arbeit erscheinen. Und da schließt sich ein wenig der Kreis, denn die Sepp-Herberger-Stiftung will mit dem Fußballprojekt genau die Teamfähigkeit bei jungen Menschen verbessern. Das man sich auf den anderen verlassen kann, fair spielt und miteinander Erfolg hat. Falkenhorst, der auch im JVA Beirat sitzt, glaubt aber auch, dass man die jungen Menschen, die aus den JVA´s entlassen werden, besser auf die Zeit danach vorbereiten muss und auch Organisationen wie Gulliver oder das Kölner Kalz stärker integrieren soll. Die Bewährungshelfer wären da oft keine große Hilfe. Bei der Handwerkskammer NRW, die die Aktion mit unterstützt hat man einen guten Satz formuliert, der auf viele Jugendliche passt: „Mit 16 baut man Sch… und mit 19 Hochseejachten“. Von der Sepp-Herberger-Stiftung kommt aber auch eine Aufforderung an die 26.000 deutschen Fußballvereine. Offen zu sein für die jungen Fußballer aus dem Knast und sie mit offenen Armen aufzunehmen. Denn gerade nach der Knastzeit fehlen den jungen Menschen Netzwerke und Beziehungen, neben Wohnung und Arbeit.

Sascha mit dem report-k.de gesprochen hat, kann übrigens diesen Artikel nicht lesen, denn die jungen Strafgefangenen haben, so wie sie keine Mobiltelefone besitzen dürfen, keine Möglichkeit sich im Medium Nr. 1 zu informieren. Weiß man dann noch, dass die meisten Jobs mittlerweile auch übers Internet vermittelt werden, oder dort auch die besten Tipps für die Bewerbung versteckt sind, fragt man sich, wie Justizminister Thomas Kuschaty ohne rot zu werden über eine Verbesserung der Integration nach der Haftzeit sprechen kann. Hier hat Politik und auch die ausführenden Organe anscheinend noch mehr als einfachen Nachholbedarf, denn auch ein Dachdecker muss heute wissen, wie er sich im Netz Informationen holt, oder Bestellungen durchführt. Und dabei meinen wir nicht, dass man das Internet völlig frei geben sollte, da es ja auch Kommunikationsmittel ist, aber gerade junge Strafgefangene hier völlig abzukoppeln ist nicht richtig. Denn der Zugang zu Wissen ist der Schlüssel zu Erfolg und Integration und bestimmte Seiten oder Möglichkeiten kann man sperren.

Das Projekt "Anstoß für ein neues Leben"
Für das Projekt, das zum Ziel hat, jugendliche Straftäter nach ihrer Haftentlassung aktiv in Arbeitsstellen zu vermitteln, engagieren sich unter anderem auch Lukas Podolski, Klaus Fischer, Heiko Herrlich und Steffi Jones.

[ag; SID]