Mit den geplanten Maßnahmen möchte Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) die wohnortnahe medizinische Versorgung flächendeckend sicherstellen. Mediziner sollen vor allem durch finanzielle Anreize in dünn besiedelte Regionen gelockt werden. Der Entwurf sieht unter anderem vor, dass Ärzte keine Abschläge mehr auf ihre Honorare hinnehmen müssen, wenn sie in dünn besiedelten Gebieten arbeiten. Bisher sorgte eine Deckelung dafür, dass ein Landarzt finanzielle Nachteile hat, wenn er besonders viele Patienten behandelt. Zudem sollen Familie und Beruf künftig besser vereinbar sein, um auch mehr Medizinerinnen für das Leben auf dem Land zu gewinnen. Ferner will sich die Bundesregierung für mehr Medizin-Studienplätze einsetzen. Dazu soll auch eine sogenannte eine "Landarztquote" eingeführt werden. Krankenkassen rechnen durch die Neuregelung mit Mehrkosten von 200 Millionen Euro im Jahr. Gesundheitsminister Bahr verteidigte den Entwurf gegen Kritik und erklärte, wenn man jetzt nichts gegen bereits bestehende oder drohende Unterversorgung tue, werde es auf Dauer teurer für die Versicherten.

NRW-Ministerin Steffens: Ärztemangel bleibt, Versicherte zahlen drauf

Gesundheitsministerin Barbara Steffens hat heute das beschlossenen Versorgungsstrukturgesetz kritisiert. „Das von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr groß angekündigte Gesetz ist wohl kaum zur Bekämpfung des Ärztemangels auf dem Land geeignet. Anreize für eine Niederlassung auf dem Land oder in vermeintlich weniger attraktiven Stadtteilen werden nicht wirken, solange eine Praxisgründung oder -übernahme in Stadtteilen mit vielen Privatpatientinnen und -patienten attraktiver bleibt", sagte Steffens. Der Gesetzentwurf biete zu wenig praktikable Instrumente für eine bedarfsgerechte Steuerung des Niederlassungsverhaltens. Die Ministerin kritisierte zudem auch, dass die im Bundesvergleich geringere Vergütung der Ärzte in Nordrhein-Westfalen entgegen der bisherigen Absichten nicht beseitigt werden soll. „Ohne eine Angleichung wird die Honorarsituation zu einem Standortnachteil für Nordrhein-Westfalen, der Niederlassungen unattraktiver macht und letztendlich zu einem enormen Nachteil für die hiesigen Patientinnen und Patienten wird. Das kann nicht hingenommen werden. Hier erwarte ich von einem Minister, der aus Nordrhein-Westfalen kommt, mehr Bereitschaft die inakzeptable Situation für die Ärztinnen und Ärzte in Nordrhein-Westfalen anzugehen. Natürlich erwarte ich auch von den Ärztinnen und Ärzten, dass GKV-Versicherte nicht schlechter behandelt werden und länger auf Termine warten müssen als Privatversicherte", so Steffens weiter.

Zu begrüßen seien die verbesserten Möglichkeiten, die ambulante Versorgungsplanung auf der Landesebene flexibler zu gestalten und regionale Besonderheiten zu berücksichtigen. Dies hätten die Länder dem Bundesgesundheitsminister abringen können. Es werde jetzt auf die Beteiligten im Land ankommen, das Gesetz so auszugestalten, dass auch für die Patienten eine Verbesserung der medizinischen Versorgung vor Ort erreicht wird. Steffens kündigte an, im Bundesratsverfahren Anträge zu stellen, um das Gesetz patientengerechter zu gestalten.

Als entlarvend für die Haltung der Bundesregierung sieht die Ministerin die jetzt offenbar auf Druck von Bundesfinanzminister Schäuble ins Gesetz aufgenommene Regelung an, dass Kostensteigerungen für höhere Arzt- und Zahnarzthonorare vom Sozialausgleich abgezogen werden sollen. Ursprünglich sollte eine Überforderung durch Zusatzbeiträge durch den aus Bundesmitteln finanzierten Sozialausgleich verhindert werden. „Wenn die Bundesregierung höhere Honorare für notwendig hält, kann sie nicht die Bundesmittel für den Steuerzuschuss um die zukünftigen Mehrkosten kürzen und die mit dem Gesetz bewirkten Kostensteigerungen den Beitragszahlern über steigende Zusatzbeiträge aufbürden, nur um den Bundeshaushalt zu schonen. Das Versprechen, Menschen mit geringem Einkommen durch einen steuerfinanzierten Sozialausgleich zu schützen, hat sich wie erwartet schon bei der ersten Bewährungsprobe als leeres Versprechen erwiesen. Auch dies bestätigt, dass wir zu einem paritätisch von Arbeitgebern und Arbeitnehmern finanzierten System zurückkommen müssen" so Steffens.

[dts, Foto:
Claudia Hautumm]