In fertiggestellten Biogasanlagen wird die Silage in Betonwannen aufbewahrt, um zu verhindern, dass Silage-Säfte ins Erdreich eindringen können. Derzeit liegt die Silage in Köln Immendorf einfach auf der blanken Erde.

Anwohner beklagen, dass die Bebauung den Mindestabstand nicht einhält
Die Anwohner in Immendorf sind entsetzt. In unmittelbarer Nachbarschaft zur Wohnbebauung, grob geschätzt 100 Meter entfernt, soll eine Biogasanlage entstehen. (In den Plänen, die der Redaktion vorgelegt wurden ist der Abstand mit 250-300 Metern angegeben). Die Anwohner werden aber am Verfahren nicht beteiligt, da es sich um ein privilegiertes Verfahren handelt. Der in Immendorf ortsansässige Bauer will neben einer Lagerhalle, angemeldet nach Anwohnerinformation als Fahrzeughalle, die er vor drei Jahren errichtete, eine große Biogasanlage bauen. Diese Anlagen erlebten in Deutschland einen Boom, der zwischenzeitlich durch die gestiegenen Rohstoffpreise aber abebbte. Jetzt hat die Politik die Förderungsmöglichkeiten angepasst, vor allem die Verstromung von Gülle, um die Anlagen wieder attraktiver zu machen.


Der unbefestigte Silage-Lagerplatz und die Lagerhalle

Gutes Geschäft
Die Politik setzte Anreize Biogasanlagen zu bauen: Der Landwirt gründet aus steuerrechtlichen Gründen einen eigenen Betrieb für die Biogasanlage. Dann errichtet er häufig mit Fördermitteln, in der Regel 25 Prozent Eigenkapital oder einem Kredit von der Hausbank und zu 75 Prozent KfW-Mitteln eine Biogasanlage, die ihm von einem Hersteller schlüsselfertig geliefert wird. Nicht selten beteiligen sich die Hersteller (bis maximal 25 Prozent) an dem neuen Betrieb des Landwirts, denn die Biogasanlagen sind ein einträgliches Geschäft und so aus Staatsmitteln finanziert ein Geschäft mit wenig Risiko.

Der Kölner Landwirt aus Immendorf gründet gerade eine neue GmbH, die Immendorfer Biogasanlage GmbH i.G.. Wie diese sich finanziert ist der Redaktion nicht bekannt. In Immendorf sollen dann rund 4.000 Tonnen Rindergülle, 8.400 Tonnen Energie-Maissilage und 500 Tonnen Ganzpflanzensubstrat in Strom umgewandelt werden. Erzeugt werden soll 499 kW/h Strom. Dieser Strom wird dann in das öffentliche Netz eingespeist und erzielt durch den Einsatz der Rindergülle einen lukrativen Preis. Fachleute kommen bei der Berechnung von Anlagen wie sie in Immendorf geplant ist, auf einen Gewinn von 90.000 Euro vor Steuern pro Jahr, bei abzüglich aller Kosten, auch der Investitions- und Tilgungskosten. Das Risiko für den Betreiber und seine Hausbank bei Einsatz der KfW Mittel gering, da die Abnahmepreise hoch sind. Einziges Risiko bislang, waren die Preise für den Mais. Hier hat sich der Immendorfer Bauer aber über für ihn günstige und lang laufende Verträge abgesichert die den Preis und die Flächen für den Mais-/Weizenanbau und Ausbringung der Gärreste festschreiben. Die Anlage wird übrigens ohne großen Personaleinsatz betrieben, nur einmal am Tag sind für rund eine Stunde Kontroll- und Wartungsarbeiten vorgesehen. Die Anlage arbeitet autark, im Notfall wird der Betreiber über Mobiltelefon informiert.


Hier liegt die Silage, teilweise ist die Plane seit Wochen aufgrissen, beklagen sich die Anwohner und es stinke erbärmlich nach Erbrochenem.

So funktioniert es

Maissilage und Gülle werden in einem so genannten Fermenter zusammen vergoren und produzieren, dabei Biogas das dann in Energie umgewandelt wird. Übrig bleiben die Gärreste, eine übel stinkende Flüssigkeit, die in einem großen verschlossenen Tank gesammelt wird und auf den Flächen ausgebracht wird auf denen vorher die Rohstoffe, also etwa der Energiemais angebaut wurde. Damit immer genug Rohstoff vorhanden ist, ist eine sehr intensive Nutzung der Flächen nötig. Die Anwohner befürchten starke Geruchsbelästigungen. So wird etwa die Entnahme aus dem Gärrestetank über eine landwirtschaftlich übliche Entnahmevorrichtung erfolgen. Zudem enthält der Bauantrag, der den Anwohnern vorliegt, Ungereimtheiten. So heißt es dort, dass die nächste Bebauung über 250 Meter von der Biogasanlage entfernt stehen soll. Das ist aber mitnichten so. Etwa die Bebauung am Krauskaulerweg dürfte gerade einmal 100 Meter von der geplanten Anlage entfernt sein. Der Werbeprospekt der Baufirma verspricht wenig bis kaum Geruchsbelästigung, anders beschreiben dies Fachmagazine. Da der Bauer aber schon mit einem Betrieb der Anlage rechnete liegt dort aktuell Maissilage aus der Ernte 2008. Die Planen die die Silage abdecken sollen, sind aufgerissen und je nach Windrichtung und Wetter stinke es erbärmlich nach Erbrochenem, so einer der Anwohner. Zudem befindet sich diese Silage nicht, wie vorgesehen in einer Betonummantelung, sondern liegt derzeit auf blanker Erde. Ungehindert können so heute schon Silage-Säfte ins Erdreich und damit auch ins Grundwasser vordringen.

Lange Anfahrtswege und viele Fahrten
Dazu kommt, dass der Antrag der die Immendorfer Biogasanlage beschreibt, dass alle Ausgangsstoffe die für den Betrieb der Anlage nötig sind würden im Umkreis von 10 km entstehen. Zwar haben die Vertragsbauern für den Mais ihren Betriebssitz in der Nähe, die Felder aber, auf denen der Mais und das Ganzpflanzensubstrat angebaut werden soll liegen in Urfeld (11ha.), in Friesheim an der A61 bei Erftstadt oder bei Hürth. Dort sollen dann auch die Gärreste, die übel stinken ausgebracht und untergepflügt werden. Dies soll auch auf Flächen nahe bei Rondorf, Sürth, Michaelshoven und Weiß geschehen. Die Rindergülle stammt von einem Bauern aus St. Augustin und muss angeliefert werden. Alleine hier werden im Bauantrag 256 Fahrten pro Jahr angegeben. Die einfache Strecke St. Augustin – Köln Immendorf sind rund 30 km, Hin und zurück 60 km. Das sind im Jahr 15.360 Fahrtkilometer nur für den Transport der Gülle, bei einem Durchschnittsverbrauch von 30 Litern/100 Kilometer (Angabe vieler LKW Hersteller) 4.608 Liter Diesel, kommen so rund 13 Tonnen CO2 Ausstoß im Jahr nur für diese Fahrten zu Stande. Dazu kommen die Fahrten für die Silageprodukte und das Ausbringen der Gärreste.

Gefahren für das Grund und Oberflächenwasser
Es gibt nicht nur eine Stimme, die den Biogasboom kritisch bewertet und vor zu viel Euphorie warnt. Fachleute sehen vor allem in der Intensivierung der Landnutzung eine Gefährdung für das Grund und Oberflächenwasser und gehen soweit, dass diese so genutzten Flächen, der EU Nitrat und Wasserrahmenrichtlinie entgegenstehen. So gaben in einer Umfrage Wasserversorger an, dass sie nach dem Anbau von Energiemais in ihren Trinkwasserentnahmegebieten zunehmend Probleme mit dem Nitratstickstoffrestgehalt haben. Gerade Energiemais, wie er auch in der Immendorfer Anlage zum Einsatz kommen soll, stellt sich in engen Fruchtfolgen und bei organischer Düngung als problematisch dar und bedarf beim Anbau und Düngung besonderer Sorgfalt. So wurden nach einer Studie des Umweltbundesamtes vom Juli 2007 etwa auch höhere Werte von Stoffen wie Nonyphenol und Nonylphenolethoxylat in den Gärresten als in der Gülle gefunden. Diese stammen aus Industriereinigern die bei der Stallreinigung verwendet werden. Wasserversorger fordern etwa auch zwei Untersuchungen der Böden pro Jahr, eine ganzjährig speziell abgestimmte Fruchtfolge, einen Mindestabstand der Anbau und Ausbringungsflächen von Gärresten von 10 Metern zu Oberflächengewässern und warnen vor Rückständen aus Pflanzenschutzmitteln und organischen Spurenstoffen.

Prinzip Bio in Immendorf fragwürdig
Da der geringere Teil der Anbaufläche in Immendorf in unmittelbarer Nähe der Biogasanlage liegt, die Gülle gar von weit her herangeschafft werden muss, wird das Prinzip Bio alleine durch die weiten Fahrtstrecken konterkariert. Bei der Immendorfer Anlage handelt es sich nicht um eine Biogasanlage der kurzen Wege neben einem landwirtschaftlichen Betrieb. Das Kölner Bauaufsichtsamt und auch die Kölner Umweltbehörde als Untere Wasserbehörde täte gut daran, diesen Antrag auf Herz und Nieren zu prüfen, im Sinne aller Kölner Bürger und der langfristigen Sicherung der Wasserversorgung. Gerade der Kölner Süden, mit seinen Industrieflächen am Godorfer Hafen ist schon belastet. Das die Anwohner auf die Barrikaden gehen, finanzielle Verluste befürchten, sich gegen Geruchsbelästigung wehren ist mehr als nachvollziehbar, da die Anlage aus ihrer Sicht auch in keinem Zusammenhang mit ihrem Heimatort Immendorf zu sehen ist.

Anwohner fühlen sich hintergangen
Das die Anwohner begründete Ängste und Befürchtungen haben, mag man auch daran erkennen, dass das Branchenmagazin „Neue Energie – das magazin für erneuerbare energie“ den Betreibern und Antragstellern von Biogasanlagen eine ganze Reihe von Tipps für mehr Biogasakzeptanz mit auf den Weg gibt, wie etwa „Nur mit erfahrenen Planern bauen.“, „Nachbarn frühzeitig informieren, nicht heimlich planen.“, „Nie etwas versprechen, was später nicht gehalten werden kann.“, „Standort gut auswählen auch im Hinblick auf Geruchs- und Lärmemissionen.“, „Leckagen und offenen Gruben vermeiden, auf Sauberkeit auf der Anlage achten, keine vergammelten Substrate offen lagern.“, „Endlager abdecken und die Biogasanlage begrünen, denn eine unsichtbare Anlage riecht weniger und ist nicht so laut.“

[ag]