Köln | Die Städte Köln und Beirut wollen künftig kulturell zusammenarbeiten. Die Kulturdezernentinnen der beiden Städte unterzeichneten heute ein entsprechendes Abkommen. Eine gemeinsame Basis, auf der beide Städte ihre Kooperation im kulturellen Bereich aufbauen können, gibt es seit 2012. Das im dritten Jahr laufende Residenzprogramm für Künstler  und Schriftsteller „Kunst und Dokument. Köln-Beirut“.

Die Beigeordnete für Kunst und Kultur, Susanne Laugwitz-Aulbach und die Leiterin des Kulturausschusses im Stadtrat von Beirut, Bushra Itani, besiegelten am heutigen Freitag im NS- Dokumentationszentrum (NS-Dok) Köln ein entsprechendes offizielles Kultur-Kooperationsabkommen zwischen der libanesischen Hauptstadt und rheinischen Metropole. Es stellt zum einen die Fortführung des Projekts „Kunst und Dokument. Köln-Beirut“ in Aussicht und soll zum anderen die kulturelle Zusammenarbeit zwischen beiden Städten durch künftige  Austauschprogramme für Kunstschaffende und Kulturverantwortliche fördern.

„Kunst und Dokument. Köln-Beirut“

Das Residenzprogramm „Kunst und Dokument. Köln-Beirut“ jährt sich in diesem April zum dritten Mal. Dabei reisen jeweils eine Künstlerin bzw. ein Künstler in die jeweils andere  Stadt, um dort ein Projekt zu verwirklichen. In diesem Jahr sind dies die libanesischen Tänzerin und Choreographin Alia Hamdan und die Kölner Medienkünstlerin Therese Schuleit.

Zwei Kunstschaffende – drei Monate

Für jeweils drei Monate reisen die beiden in die jeweils andere Stadt, recherchieren vor Ort und entwickeln eine eigene Arbeit. Den Ausgangspunkt für die künstlerisch-kreative Auseinandersetzung liefern historische Dokumente aus dem NS-Dokumentationszentrum in Köln und dem Archiv „UMAM- Documentation & Research“ in Beirut. Dabei liegt der Fokus stark auf den Erfahrungen, die beide Städte im Zusammenhang mit Krieg und Zerstörung und dem damit verbundenen Leid erfahren haben.

„Kunst und Dokument“ soll die Kontakte zwischen den beiden Städten beleben und darüber hinaus die Auseinandersetzung zeitgenössischer Kunst mit Archiven und ihren Praktiken anzustoßen. Köln und Beirut verbindet dabei der gemeinsame Wille, mit schwieriger Vergangenheit und Kriegserfahrungen offen und konstruktiv umzugehen. Im Falle Kölns ist dies die  Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit und den Geschehnissen in der Stadt während der NS-Zeit, im Falle Beiruts die Aufarbeitung der Geschehnisse während des libanesischen  Bürgerkriegs.

Zwei Abschluss-Ausstellungen in Köln

Den Abschluss des Stipendiaten-Austausches 2014 bilden zwei Ausstellungen. Der libanesische Künstler und Filmemacher Eli Alexandre Habib alias SISKA eröffnet am Freitagabend um 18 Uhr im Matjö – Raum für Kunst, Mathiasstraße 15, Köln-Altstadt Süd, seine „Milk Bar Oasis“, eine Installation mit Bezug auf einen historischen Ort der 1930er  Jahre in Lausanne. Dafür baute der Künstler eine Milchbar nach, in der auch alkoholische und nicht-alkoholische Milch-Drinks kredenzt werden sollen. Die original Milchbar führte der Schweizer Bankier François Genoud zusammen mit einem libanesischen Geschäftsmann als Treffpunkt für Nazi-Sympathisanten in der Schweiz. Diesen Ort reinszeniert SISKA als greifbares, begehbares Sinnbild für die  Kollaboration von Nazis und Arabern und macht ihn für das Publikum erfahrbar. Dabei versucht SISKA eine ganze Reihe von überraschenden Fragen aufzuwerfen.

Doppelausstellung in Galerie M29

Am selben Abend um 20 Uhr beginnt der zweite Teil des Abschlussabends unter dem Titel „Where when what why“ in der Galerie M29 Richter – Brückner in der Moltkestraße 27a, Köln-Neustadt Süd. Die Kölner Stipendiatin Doris Frohnapfel präsentiert hier ihre gleichnamige Publikation, die aus Tagebuchnotizen, Texten, Fotografien besteht in der sie Aufnahmen aus dem vergangenen Jahr mit historischem Bildmaterial verknüpft und damit gleichzeitig Parallelen als auch Gegensätze schafft. Zentrales Element dabei sind neun Bronzeabgüssen von Trümmerstücken, die sie auf einem Trümmerberg nahe Beiruts auffand. Damit will die Künstlerin ihre Konfrontation mit dem zeitgenössischen Bild der Stadt Beirut manifestieren.

Ebenfalls an der Ausstellung beteiligt ist SISKA. Von ihm ist in der Ausstellung die bisher nicht veröffentlichte Filmarbeit „Die Gespensterei 2“ zu sehen. Sie nimmt Bezug auf den Glas-Pavillion von Bruno Taut, der 1914 zur Werkbundausstellung auf dem heutigen Messegelände in Deutz entstand, und lässt dessen expressionistische Architektur durch Übermalung des analogen Filmmaterials mit kaleidoskopartigen Form- und Farbelementen wiederauferstehen. Gleichzeitig zeigt SISKAs Arbeit den geschichtsträchtigen Ort im Wandel der Zeit. Knapp 30 Jahre später war auf dem Areal der Werkbundausstellung ein Gelände für Zwangs- und Deportationslager der Nationalsozialisten geworden. Dort, wo sich heute der Rheinpark und die Kölnmesse befinden.

Kölner Autor war Initiator

Initiiert wurde „Kunst und Dokument. Köln-Beirut“ von dem Kölner Autor Stanislaw Strasburger. Seine langjährige Beziehung zur libanesischen Hauptstadt gab Anstoß zu dem Programm, das er seit 2012 leitet.  Mit dem heute unterzeichneten Abkommen soll eine Begegnung und Zusammenarbeit, sowie die Möglichkeit und Zeit für den Aufbau von Kontakten zwischen Kunstschaffenden und Kulturverantwortlichen der beiden Städte weiter gefördert werden, mit dem Ziel längerfristiger Kooperation.

Blog soll Kontakte und Austausch erleichert

Den Künstleraustausch mit Köln fördern soll künftig auch der Blog des „Fellows Networks Cologne“. Das Stipendiatennetzwerk will internationale (Gast-)Künstler und Künstlerinnen untereinander und mit kulturellen Einrichtungen in Köln bei ihrem Aufenthalt in Verbindung zu bringen. Initiiert haben es die Akademie der Künste der Welt und die Stadt Köln, zusammen mit drei weiteren Partnern, der Kunsthochschule für Medien, den Opekta-Ateliers und dem Literaturhaus Köln.

Akademie der Künste der Welt: Pluriversale mit Fokus auf Nahen Osten

Die Akademie der Künste der Welt widmet sich mit ihrer zweiten Ausgabe des Festivals „Pluriversale“ (10. April bis 27. Juni 2015) dem Nahen Osten. Im Rahmen der „Pluriversale“ gibt es Künstlerresidenzen der beiden Libanesen Rabih Mroué und Raed Yassin. Letztgenannter eröffnet mit seiner Ausstellung „Karaoke“ am 12. Mai 2015 den neuen „ACADEMYSPACE“ der Akademie der Künste der Welt in der Herwarthstraße.

Autor: Daniel Deininger
Foto: Vlnr.: Eli Alexandre Habib/SISKA und Doris Frohnapfel (Stipendiaten 2014), Susanne Laugwitz-Aulbach (Kulturdezernentin) , Bushra Itani (Leiterin des Kulturausschusses im Stadtrat von Beirut), Therese Schuleit und Alia Hamdan (Stipendiaten 2015).