Köln | Überraschend kommt der Wandel zumindest für Eingeweihte nicht. Es gibt mehr Ausbildungsplätze als Bewerber in Köln und das obwohl es in diesem Jahr den doppelten Abiturjahrgang gibt. [Report-k.de berichtete über den Deutschland und NRW Trend] Die Zwischenbilanz der Kölner Agentur für Arbeit geht derzeit von 5.057 gemeldeten Ausbildungsstellen aus, das sind 5,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Dennoch sollten Bewerber, auch Abiturienten sich auf dem Markt umsehen, denn ob am Ende die Zusage der Landesregierung allen Studierwilligen einen Platz an einer Hochschule zuzuteilen, gehalten werden könne, bezweifeln die Ausbildungsmarktexperten.

Die Kölner Agentur für Arbeit, die Handwerkskammer zu Köln (HWK) und die Industrie- und Handelskammer Köln zogen gestern eine Zwischenbilanz zum Ausbildungsmarkt in Köln und den Kammerbezirken. Wer sich für eine Ausbildung interessiere, der habe gute Chancen auch einen Platz zu bekommen, beschreiben alle drei Institutionen die aktuelle Situation. Auch die ganz konkreten Zahlen der Agentur für März belegen den Überhang, denn es gibt 3.510 offene Stellen und 2.697 unversorgte Bewerber. Die Handwerkskammer hat aktuell rund 610 unbesetzte Lehrstellen, für diesen Zeitraum eher unüblich. In den Vorjahren waren nur rund 300-400 freie Stellen im März gemeldet. Beide Kammern merken diesen Trend und kritisierten, dass auch heute noch ganze Schulklassen, statt in die duale Ausbildung, geschlossen in ein Berufskolleg wechseln.

Im Vorfeld des doppelten Abiturjahrganges habe die IHK bei ihren Unternehmen geworben, besonders viele Ausbildungsstellen zur Verfügung zu stellen, so Gregor Bergerhausen, Geschäftsführer Aus- und Weiterbildung der Industrie- und Handelskammer zu Köln. Jetzt blieben die Bewerber aus und man müsse das den Unternehmen erklären. Bei der IHK hofft man auf die „zweite Luft“. Damit meint Bergerhausen, die Zeit nach dem Ende der Abiprüfungen, wenn viele Abiturienten erst anfangen sich Gedanken über Ihre Ausbildung zu machen und dann auch aktiv Stellen nachfragen.

Dr. Markus Th. Eickhoff, Leiter der Bildungspolitik der Handwerkskammer zu Köln, stellt in diesem Zusammenhang auch die Zusage der Landesregierung in Frage, die jeder und jedem Abiturientin und Abiturienten einen Ausbildungsplatz versprochen habe. Die jungen Leute wären besser beraten mehrere Eisen im Feuer zu haben und sollten sich vielfältig umsehen. Auch das Handwerk wirbt um Gymnasiasten, unter anderem mit dem Trialen Studium, bei dem man die Gesellen- und Meisterprüfung inklusive eines Bachelor im Handwerksmanagement innerhalb von viereinhalb Jahren schaffen kann. In Nordrhein-Westfalen insgesamt gibt es derzeit rund 4.700 freie Ausbildungsstellen im Handwerk.

Auch der Gerüstbauer Kampa im Kölner Norden hat noch keinen Auszubildenden für das nächste Lehrjahr, dennoch ist man noch zuversichtlich die Stelle besetzen zu können. Einer der ehemaligen Auszubildenden ist im Unternehmen geblieben, das Wert auf seinen familiären Charakter legt, und macht jetzt seinen Meister. Hier sieht der Handwerksbetrieb auch seine Chance und nicht in Prämien. Ein gutes familiäres Umfeld, wo auf dem großen Fernseher im Besprechungsraum auch mal gemeinsam FC geschaut oder im Sommer zusammen gegrillt werde und ein gutes Gehalt würden für Zufriedenheit bei den Mitarbeitern und für tolle Arbeit und Qualität bei den Kunden sorgen. Da ist sich Gabriele Kampa-Daiß, die das Unternehmen leitet sicher.

Autor: ag
Foto: Der ehemalige Auszubildende Richter (hinten) des Gerüstbauers Kampa ist im Unternehmen geblieben und macht jetzt seinen Meister