Die SPD Landtagsabgeordnete auf einem Archivbild am 22. Oktober 2022.

Düsseldorf/Köln | Geht der Strukturwandel im Rheinischen Revier voran oder stagniert er? Und wie ist die Lage? Das wollte die SPD-Landtagsfraktion von der Landesregierung in einer großen Anfrage wissen. Die Kölner SPD-Landtagsabgeordnete Lena Teschlade und Beauftragte für den Strukturwandel im Rheinischen Revier der SPD-Landtagsfraktion stellte die Antworten und ihre Kommentierung heute Mittag, 8. Mai 2024, vor. Sie spricht von einem „Strukturwandelchaos“.

Wer managed den Transformationsprozess?

Teschlade vergleicht den Strukturwandel im Rheinischen Revier mit dem in der Lausitz und ist der Auffassung, dass der Transformationsprozess im Osten strukturierter ablaufe als im Westen. Die SPD-Frau mahnt, sich mehr in NRW anzustrengen, Tempo zu machen und Struktur in den Prozess zu bekommen. Ein Vorwurf, der vor allem in Richtung Landesregierung und auf deren Spitzenvertreter Hendrik Wüst als Ministerpräsident, CDU und Mona Neubaur als seine Stellvertreterin und Wirtschaftsministerin zielt. Es ist die Antwort auf eine große Anfrage der SPD-Fraktion im NRW-Landtag, die Teschlade als Argumentation nutzt.

Der Vorwurf der Opposition: Es gibt keine Hauptverantwortlichen m/w/d, die die Transformationsprozesse organisiert. Eine solche Person ist nach Auffassung von Teschlade dringend nötig und müsste in der Staatskanzlei von Ministerpräsident Wüst angesiedelt werden. Den Ministerpräsidenten Wüst von der Union beschreibt die Kölner Landtagsabgeordnete als komplett passiv in den Transformationsprozessen rund um das Rheinische Revier. Dass er einmal den Reviervertrag 2.0 unterschrieb, kommentiert die SPD bissig: „Das erinnert an betreutes Regieren – Majestät wird der Füller gereicht.“

Die SPD fordert, analog wie Brandenburg es in der Lausitz umsetzt, eine*n Beauftragte*n für den Strukturwandel im Rheinischen Revier, auch um ressortübergreifend die Koordination zu gewährleisten. In der Lausitz seien schon mehr als 2.000 Arbeitsplätze entstanden monieren die Sozialdemokraten und fragen, ob für neue Jobs, für die die Strukturförderung gedacht ist, genug gemacht werde. Dass sich Microsoft im Rheinischen Revier ansiedeln wolle, sei nicht das Verdienst der schwarz-grünen Landesregierung, sondern von Bundeskanzler Scholz und den Bürgermeistern in der Region. Hier sei Schwarz-Grün eine gebratene Taube in den Mund geflogen.

Lena Teschlade am 8. Mai 2024. | Foto: Screenshot

Viele offene Fragen

Die Sozialdemokraten bemängeln, dass es viele offene Fragen gebe, wie etwa mit Flächenkonflikten umgegangen werde. Die noch zur Verfügung stehenden 2.800 Hektar Wirtschaftsflächen seien nicht im Regionalplan festgeschrieben. Wie sind die Biotopverbünde, die besonders detailliert ausgearbeitet seien, mit der Flächenentwicklung in Einklang zu bringen?  Dazu kommt die Verkehrsinfrastruktur, die Folgeentwicklung aus der Microsoft-Ansiedelung, die Nutzbarmachung von Tagebauflächen und mehr. Hier könne die Landesregierung keine schlüssigen Antworten geben.

Die „Förderstrukturen“

420 Projekte wurden für die Förderprogramme „Starterpaket Kernrevier“ und „Sofortprogramm Plus“ eingereicht. Davon seien 175 Förderbescheide ausgestellt worden. 245 seien nicht final bewilligt und 154 Projekte noch in der Qualifizierung. Auch hier fehlt Teschlade die Strukturierung, wie sie Brandenburg vormache. Dort finde man Ansprechpartner, Ministerien und Projektstatus, all das fehle in NRW. Hier rechnet Teschlade vor: „Ohne Projekte, die sich im Verfahren befinden, aber noch nicht final bewilligt sind, stehen noch rund 1,8 von 14,8 Milliarden zur Verfügung. Verausgabt sind jedoch erst rund 1,5 Milliarden Euro. Es liegen also noch rund 11,5 Milliarden in unfertigen Projekten, denen es zum Teil noch an einem Förderzugang fehlt. Hier muss schneller entschieden werden, ob Projekte umsetzbar sind oder nicht.“ Es seien nur noch sechs Jahre bis zum Kohleausstieg, da bliebe keine Zeit Projekte liegen zu lassen, so die Sozialdemokratie. Dazu fehlten Zeitpläne und es soll neue Förderangebote geben. Bei den KMU seien nur Bildungsschecks bewilligt worden und die Zahl der Beratungen und die der Bewilligungen gingen sehr weit auseinander.

Was ist mit den neuen Arbeitsplätzen

Es ist das Herzensthema der Sozialdemokratie. Dass die Landesregierung der Auffassung ist, dass die Schaffung neuer Arbeitsplätze eine rein unternehmerische Aufgabe sei, sieht die SPD kritisch: „Die Sicherung und Schaffung der Arbeitsplätze muss das wichtigste Ziel im Strukturwandel sein, das die Landesregierung jedoch nicht als ihre Aufgabe begreift.“ Die SPD ist der Auffassung, dass der Markt alleine nichts regeln werde und fordert gerade bei Vergaben von Fördermitteln darauf zu achten, dass diese Unternehmen tariftreu agierten.

Starke Zweifel hegt Teschlade auch daran, dass die Landesregierung in Fragen der Energiesicherheit die richtigen Antworten liefert.

Zusammengefasst, der SPD-Politikerin Teschlade geht das Agieren der Landesregierung zu langsam vor dem Hintergrund, dass sechs Jahre bis zum Kohleausstieg bleiben. Es seien zu viele Projekte liegengeblieben und es sei an der Zeit jetzt Tempo zu machen. Das was die Landesregierung aktuell tue hätte vor 7 Jahren geschehen müssen. Bis 2030 müssten die zentralen Punkte Arbeitsplätze und Energiesicherheit gelöst sein. Die SPD wolle, dass NRW ein starkes Industrieland bleibe. Es brauche, so Teschlade ein geordnetes Verfahren und Menschen die beherzt anpackten. Und dann sagt sie noch „RWE hat einen Plan, die Landesregierung hat keinen Plan“ und dass sie nicht wie die Landesregierung darauf vertraue, dass der Strukturwandel von unten aufwachse.