Der nach dem Fotografen benannte Platz. Foto: Eppinger

Köln | Etwas unscheinbar ist der kleine Platz direkt neben dem Hauptbahnhof. Er liegt genau zwischen dem Alten Wartesaal und einer beliebten Cocktailbar. Eigentlich ist es nur ein etwas verbreiteter Durchgang oder Gehweg zur Altstadt, der den Künstlernamen eines bekannten Kölner Fotografen trägt.

An seinem Platz erinnert eine kleine Gedenktafel aus Bronze am Wartesaal an den Sohn der Stadt, für den nur ein kleiner Flecken in Köln übrig blieb. Entsprechend groß war die Kritik an der Entscheidung im Jahr 2006.

Die Rede ist von Chargesheimer, der mit bürgerlichem Namen Carl-Heinz Hargesheimer (1924-1971) hieß. Er gilt als Kölns bedeutendster Fotograf für die Nachkriegszeit. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte er an den Kölner Werkschulen Grafik und Fotografie studiert. Sein Interesse galt verschiedenen Künsten, wie der Oper, dem Bühnenspiel, dem Kostümentwurf und der Malerei. Letztlich entschied sich der Köln für die Fotografie, wo er ab 1950 mit abstrakten Lichtstrukturen auf Fotopapier und Fotomontagen experimentierte.

Ein kleiner Platz für einen großen Fotografen

Ab 1955 arbeitete Chargesheimer als freier Fotograf und fiel sowohl durch seine bissigen Porträts von Personen des öffentlichen Lebens als auch durch seine lebensnahen Fotoreportagen über seine Landsleute auf. Insgesamt veröffentlichte er 14 Bildbände zu verschiedenen Themen wie Städte, Landschaften und Theater. Er hielt das Feiern genauso fest wie Prozessionen oder Szenen aus dem Alltag der Menschen. So dokumentieren Studien aus dem Eigelsteinviertel das Leben der kleinen Leute. Vieles was heute nicht mehr in Köln existiert, ist auf Chargesheimers Bildern festgehalten worden.

Insbesondere mit dem Bildband „Cologne intime“ machte er sich bekannt und bekam 1957 vom Spiegel-Herausgeber Rudolf Augstein den Auftrag für ein Porträt des Bundeskanzlers Konrad Adenauer für die Titelseite seines Magazins. Das maskenhafte Antlitz des Politikers sorgte bundesweit für Empörung und entsprach so den Erwartungen des Auftraggebers. Der Kölner Fotograf war nun im ganzen Land bekannt.

Seine Heimatstadt Köln liebte Chargesheimer und blieb ihr lebenslang eng verbunden. Aber er sah die Entwicklung der Stadt in der Wiederaufbauphase und auch später sehr kritisch. Dies zeigt sich immer wieder in seinen Bildern und den damit bestückten Bildbänden. Auch sein letztes Buch „Köln 5 Uhr 30“ folgte 1970 diesem Tenor und verstand sich als melancholischer Abgesang auf eine Stadt, die in Beton erstarrt. Zur Jahreswende 1971/72 starb der Fotograf unter ungeklärten Umständen. Sein ebenfalls eher unscheinbares Grab liegt auf Melaten.

In der nächsten Folge unserer Serie fällt der Blick auf das Stifterehepaar Peter und Irene Ludwig