Köln | [Dieser Artikel wurde laufend aktualisiert] Der Kölner Stadtrat hat heute Morgen mit den Stimmen von SPD, Grünen und der des Oberbürgermeisters den Haushaltsplan für 2012 beschlossen. Der sieht einen Fehlbetrag von 220 Millionen Euro vor. Bis 2022 soll der Haushalt ausgeglichen werden. Hier die Stimmen aus der Kölner Politik und weitere Beschlüsse im Rahmen der Haushaltsberatungen – etwa zur Förderung des freien Tanzes und des Films.

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Demonstration vor dem Rathaus

Vor der Rathaus versammelten sich heute einige Kölner Bürger, um gegen die geplanten Kürzungen der Stadt zu protestieren: Kreativ gestaltete die Tanz-Szene mit einem spontanen Auftritt ihren Protest. Der städtische Zuschuss für die Tanzgastspiele an den Bühnen Köln soll um 30 Prozent auf 700.000 Euro gekürzt werden. Gekommen waren heute auch Vertreter der KölnAgenda. Sie kritisierten den Plan der Stadtverwaltung, die Mitgliedschaft in dem bürgerschaftlichen Nachhaltigkeitsverein zu kündigen und sämtliche Fördermittel in Höhe von 76.000 Euro zu streichen. Damit werde ein Dialog zwischen Stadt und Bürgerschaft aufgegeben. Der Verein beschäftigt zwei Mitarbeiter und entwickelt Konzepte für eine nachhaltige Stadtgesellschaft. Aktualisiert 29.6.2012: Der Rat hat beschlossen, die Mitgliedschaft zu beenden. Damit entfällt der Mitgliedsbeitrag in Höhe von 3.000 Euro. Das Fördergeld in Höhe von 76.000 Euro soll 2012 weiterhin gezahlt werden, 2013 könnte es dabei zu Kürzungen kommen.

Stimmen aus der Kölner Politik

Martin Börschel, Fraktionsvorsitzender der SPD Köln: „Köln steht mit dieser schwierigen Finanz-Situation nicht alleine. Nur acht Städte in NRW haben derzeit einen ausgeglichenen Haushalt“, erklärte Börschel. Das zeige auch, dass das Finanzsystem zwischen Bund, Länder und Kommunen nicht in Ordnung sei. Dazu gehöre auch der Fonds für die deutsche Einheit, in den Köln allein 2012 rund 78 Millionen Euro einzahle. Zudem habe der Bund der Stadt seit 2008 etwa 60 Millionen Euro entzogen. „Ohne die Hilfe von Bund und Land kann die Stadt Köln ihren Haushaltsausgleich nicht schaffen“, sagte Börschel. Köln müsse jedoch auch seinen eigenen Anteil dazu beitragen. Bislang sei zwar schon gespart worden, „richtig ran gegangen, sind wir jedoch alle nicht“, so Börschel. Das läge wohl auch daran, dass es Köln im Vergleich zu vielen Kommunen immer noch gut gehe. Der jetzt vorliegende Haushaltsplan sei daher vor allem ein „Übergangshaushalt“. Im Wesentlichen könne die SPD der Vorlage der Verwaltung zustimmen, jedoch habe man – etwa bezüglich des U3-Ausbaus oder der Sanierung der Brücken – Änderungsanträge eingebracht.

Auch die  Kulturförderabgabe habe der Stadt nicht geschadet. Durch sie seien vielmehr kulturelle Projekte wie die Akademie der Künste der Welt oder eine höhere Förderung der freien Szene möglich. Insgesamt sei das „Minimalziel, ein Haushaltssicherheitskonzept zu vermeiden“, erreicht. Künftig müssten nun alle Tabus gebrochen und jede Ausgabe auf den Prüfstand gestellt werden. Dazu gehörten auch Diskussionen über eine vorzeitige Inbetriebnahme des südlichen Teils der Nord-Süd-Stadtbahn, die Bewerbung für die Bundesgartenschau 2025 oder den Bau der Archäologischen Zone. Neu verhandelt werden müsse auch der Pachtvertrag mit dem 1. FC Köln für das Stadion. Es sei nicht gerechtfertigt, dass die Miete um rund die zweite Hälfte gekürzt werde, wen der Verein in der zweiten Bundesliga spiele. Gibt die Stadt für diese Großprojekte Geld aus, „muss an anderer Stelle gespart werden“, betonte Börschel.

Winrich Granitzka, Fraktionsvorsitzender der CDU Köln, äußerte Zweifel an der mittelfristigen Planung der Kölner Stadtverwaltung. Mit einer Erholung könne auch ab 2015 nicht gerechnet werden. Die derzeitigen Kürzungen reichten nicht aus, um den Haushalt zu konsolidieren, vielmehr drohe so eine weitere Verschuldung der Stadt. Ein echter Wille zur Konsolidierung scheine in der Stadt und Politik noch zu fehlen. Allein mit höheren Einnahmen und weiteren Steuern für die Bürger sei  die Konsolidierung nicht zu schaffen. Auch Land und Bund dürften nicht in die Verantwortung gezogen werden, denn beide hätten derzeit nicht mehr Geld zu verteilen. Die Einsparungen müssten aus Köln selbst kommen. „Statt strukturelle Einschnitte vorzunehmen, herrscht bei der SPD immer noch die Verteilungs-Philosophie“, so Granitzka. Der Weg der kommenden Jahre müsse es dagegen sein „zu sparen, sparen, sparen“, sagte Granitzka und überreichte Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters symbolisch ein schwarzes Sparschwein. Erste Anzeichen zur Einsicht habe die SPD heute mit ihren Vorschlägen zu Einsparungen gezeigt. „Mit dem Haushalt ist nichts in Ordnung“, sagte Granitzka. Der Rat müsse nun gemeinsam alle Ausgaben diskutieren. Dass die Kölner CDU dazu bereit sei, habe sie bereits mit ihren eingebrachten Spar-Vorschlägen bewiesen.

Barbara Moritz, Fraktionsvorsitzende der Grünen Köln, bekräftigte, dass Köln in den kommenden Jahren sparen müsse. Dazu müsste die Verwaltung künftig prüfen, ob gleiche Ziele nicht durch günstigere Maßnahmen erreicht werden könnten. Künftig müsse Köln Standards reduzieren und selbst Verantwortung für den Haushalt übernehmen. Begrüßenswert seien daher die Vorschläge der CDU. „Sparen allein wird nicht ausreichen“, so Moritz, auch die Einnahmen müssten erhöht werden. Denn bei allen Einsparungen dürften Investitionen und Hilfen in die Zukunft der Stadt nicht vergessen werden. Dazu gehörte vor allem die Bildung der Kinder sowie eine Erhöhung der Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen. „Der soziale Zusammenhalt in der Stadt ist die Voraussetzung für Prosperität“, sagte Moritz. Weitere Herausforderungen der kommenden Jahre sei die Alterung der Gesellschaft, das veränderte Freizeitverhalten der Bürger und der Klimawandel. Bei letzterem müsse die Rheinenergie der wichtigste Partner der Stadt zur Energiewende sein.  Auch die Kultur dürfe nicht vergessen werden, sie sei „das Salz in der Stadt“, so Moritz. Trotz des Opern-Streits sei in Köln dennoch eine Untergangsstimmung nicht gerechtfertigt, da immer noch viele Projekte umgesetzt würden. Kritik äußerte Moritz an der neuen Darstellung des Haushalts. Diese habe nicht zu einer erhöhten Transparenz geführt.

Ralph Sterck, Fraktionsvorsitzender der FDP Köln, kritisierte, dass Köln in den vergangenen Jahren in den Städte-Rankings immer weiter verliere. Der Stadt und der Mehrheit im Rat fehle der Mut zu Leuchtturm-Projekten. Der mangelnde Gestaltungswille zeige sich auch in der Anzahl der Anträge. Während SPD und Grüne in der letzten Periode nur 45 Anträge gestellt hätten, wären es von CDU und FDP 105 gewesen. „Dabei ließe sich auch ohne großen Finanz-Aufwand einiges bewegen“, so Sterck. So würden Mäzene der Stadt verprellt, zudem fehle es an einer Förderung  hochbegabter Kinder. Das Geld fehle, obwohl SPD und Grüne in den vergangenen Jahren Steuern erhöht oder neu erfunden hätten. Weitere Gebühren-Erhöhungen sollten folgen. Dadurch habe Köln jedoch an wirtschaftlicher Attraktivität verloren. „Köln hat kein Einnahme-, Köln hat ein Ausgaben-Problem“, sagte Sterck. Entbehrlich seien etwa die Wohnungsbauförderung oder die Gründung der Akademie der Künste der Welt. Aufgrund des „fehlenden Sparwillens“, so Sterck, will die FDP dem Haushaltsplan nicht zustimmen. Zudem fehle immer noch die nötige Transparenz, unkenntlich sei es oftmals, wofür das Geld ausgegeben würde.

Jörg Detjen, Fraktionssprecher der Linken Köln, erklärte, dass in der Sozialpolitik  – etwa im Bereich von gefördertem Wohnungsbau und dem Ausbau von Kita-Plätzen – die Mittel nicht gekürzt werden dürften. Kritik äußerte Detjen am Umgang der Verwaltung und Politik mit dem Bürgerhaushalt. Dieser müsse mit einem Mindest-Etat ausgestattet werden, stattdessen setze die Stadt nur die Vorschläge um, die in ihr Konzept passe. SPD und Grünen warf Detjen vor, dass sie keine eigenen Spar-Vorschläge eingebracht hätten. Die Maßnahmen der Verwaltung selbst seien „ohne roten Faden“, so Detjen. Es fehle zudem ein Konzept, wie die Einnahmen der Stadt erhöht werden sollen. Detjen forderte etwa eine weitere Erhöhung der Gewerbesteuer.

Beschlüsse im Rahmen der Haushaltsberatungen

Ein Antrag von CDU und FDP, die Förderung für das Projekt „Mitternachtssport“ auf insgesamt 120.000 Euro anzuheben, wurde mehrheitlich abgelehnt. +++ Abgelehnt wurde ebenfalls ein Antrag,  die hauswirtschaftlichen Unterstützungskräfte an Kindertagesstätten ab August 2012 im Umfang von je einer Stunde je Gruppe/ Tag kommunal zu finanzieren. +++ Einstimmig hat der Stadtrat beschlossen 2012 das Afrika-Filmfestival „Jenseits von Europa“ mit 50.000 Euro und „SoundTrack_Cologne“ mit 25.000 Euro zu fördern. Diese Förderungen sollen möglichst bis 2014 fortgesetzt werden. +++ Die freie Tanz-Szene erhält laut heutigem Ratsbeschluss 2012 folgende Fördermittel: 30.000 Euro jeweils für die Kompanie Mouvoir/ Stefanie Thiersch und für die Kompanie Silke Z./ Silke Gilles. Auch diese Zuschüsse sollen möglichst bis 2014 beibehalten werden. +++ Der Rat hat heute mehrheitlich die Gründung des „Kölner Hauses für Innovationen“ beschlossen. Für die Anschubfinanzierung stellt die Stadt 130.000 Euro zur Verfügung. Ziel des Projekts ist es, den Dialog und die Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft in Köln zu verbessern. +++ Der Rat hat mehrheitlich beschlossen, dass die Verwaltung die Mitgliedschaft im Verein „HyCologne – Wasserstoff Region Rheinland e.V.“ beantragen soll. Die Kosten für Köln belaufen sich auf jährlich 10.000 Euro. Der Verein organisiert ein Netzwerk für Elektromobilität, Wasserstoff und Brennstoffzellen in der Region. +++ Beschlossen wurde heute, dass Köln dem Verein „Hochschulgründernetz Cologne e.V.“ beitreten soll. Der Mitgliedsbeitrag beläuft sich auf maximal 2.000 Euro. Ziel des Vereins ist es, Gründungsaktivitäten an den Kölner Hochschulen zu fördern. +++ Der Rat hat den Wirtschaftsplan der Bühnen Köln für 2011/ 2012 festgestellt. Die Bühnen erhalten für diese Zeit einen städtischen Betriebskostenzuschuss in Höhe von rund 51,1 Millionen Euro. Davon erhält die Oper etwa 31,8 Millionen Euro, das Schauspiel gut 18,4 Millionen Euro und der Tanz eine Millionen Euro. +++ Der Wirtschaftsplan der Gebäudewirtschaft der Stadt Köln 2012 wurde festgestellt. Die derzeitige Finanzplanung geht bis 2015 von einer Kreditaufnahme in Höhe von rund 946,38 Millionen Euro aus. Bis 2015 sollen etwa 1,2 Milliarden Euro in Schulbauten, 128 Millionen Euro in Verwaltungsgebäude und 32 Millionen Euro in Kitas investiert werden. +++ Mehrheitlich hat der Rat beschlossen, dass die Gebäudewirtschaft 2012 Vorauszahlungen an den Haushalt in Höhe von rund 45,6 Millionen Euro leistet. +++ Rat hat einen Betriebskostenzuschuss an KölnMusik in Höhe von 4,8 Millionen € für 2013, 4,9 Millionen € für 2014 und knapp 5 Millionen Euro für 2015 beschlossen. Für die Durchführung des Festivals „Acht Brücken“ werden 2012 weitere Mittel in Höhe von 139.200 € zur Verfügung gestellt. +++ Der Rat hat den Ausbau von weiteren 1.800 Plätzen im offenen Ganztag im Primarbereich beschlossen. Insgesamt wird es damit 24.000 Plätze geben. +++ Der Rat hat noch einmal den Betriebskostenzuschuss für die Bühnen 2012/ 2013 in Höhe von 51.148.000 € bekräftigt. Die Feststellung des Wirtschaftsplans 2012/ 2013 wurde vertagt. +++ Der Rat hat zudem den Stellenplänen für die Bühnen Köln, für das Gürzenich-Orchester, für das Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud sowie für die Gebäudewirtschaft zugestimmt.

Folgende Einsparungen wurden beschlossen

<UL><LI>Zuschuss für den Freiwilligendienst aller Generationen wurde um 3.000 Euro auf 79.800 € gekürzt

</LI><LI>Stadt tritt aus dem Verein KölnAgenda aus un spart so den Mitgliedsbeitrag in Höhe von 3.000 €

</LI><LI>Netzwerkmittel werden um 5.000 Euro auf 37.500 € gekürzt

</LI><LI>Geschenke für Ehejubiläen in Höhe von je 60 Euro gestrichen

</LI><LI>Die Fortschreibung des GesamtverkehrsKonzeptes wird zurückgestellt, sodass rund 60.200 € eingespart werden

</LI><LI>Durch Stellen-Einsparungen im Dezernat I und durch Schließung der Samstagsöffnungszeit im Kundenzentrum Innenstadt will die Stadt ab 2013 750.000 € einsparen

</LI><LI>Neuausrichtung der Begabtenförderung soll 62.045 € einsparen

</LI><LI>Köln kürzt kommunale Förderung für Ganztagsangebote um 145.000 €

</LI><LI>Kein zusätzliches Personal für das Wohnungsbauprogramm – Einsparung 150.000 €

</LI><LI>Kürzung der Pro-Kopf-Pauschale der Fraktionen auf 426 €

</LI><LI>Sitzungstermine werden nicht mehr in Printzeitungen veröffentlicht – 25.000 €

</LI><LI>Fraktionen dürfen weniger Sitzungen abrechnen – 26.000 €

</LI><LI>Fortbildungspauschale für Fraktionen wird auf 400 € gekürzt – 35.200 € Einsparung

</LI><LI>Stadt tritt aus dem Städtenetzwerk POLIS aus – 10.973 €

</LI><LI>Wahlergebnisse günstiger präsentieren: 20.000 € je Wahljahr

</LI><LI>Dritte müssen für die Nutzung der Sportstätten 20 % mehr zahlen – 26.150 €

</LI><LI>Keine Pflege- und Unterhaltungsbeihilfen mehr für Golfclubs – 30.000 €

</LI><LI>Parkraumbewirtschaftung von Schulen – 10.000 €

</LI></UL>

Haushaltsmittel für Stadtbezirke
Mehrheitlich hat der Rat heute der Vorlage der Verwaltung zur Verteilung der Haushaltsmittel, über deren Verwendung die Bezirksvertretungen entscheiden, zugestimmt. Danach erhalten die Bezirke folgende Mittel:
Innenstadt: 59.500 Euro
Rodenkirchen: 51.600 Euro
Lindenthal: 64.300 Euro
Ehrenfeld: 52.400 Euro
Nippes: 55.500 Euro
Chorweiler: 44.700 Euro
Porz: 53.900 Euro
Kalk: 55.300 Euro
Mülheim: 66.800 Euro

Autor: Cornelia Schlösser
Foto: Demonstratin vor dem Kölner Rathaus gegen Kürzungen