Köln | In der neuen Sonderausstellung präsentiert das Kölnischen Stadtmuseum Werke des Kölner Malers Raffael Becker aus der Nachkriegszeit am Rhein. Becker selbst lebte zwischen den Trümmern des zerstörten Kölns und erinnerte sich heute an seine Rückkehr aus der englischen Kriegsgefangenschaft.

Kölns eigenwilliger Humor

„Ich hatte nichts mehr außer der Uniform auf dem Leib, einem Wachmantel zum Zudecken und ein Kochgeschirr“, erinnert sich der Kölner Maler Raffael Becker an seine Rückkehr aus der englischen Kriegsgefangenschaft ins heimische Köln. In den Trümmern seines Elternhauses baute er sich eine Bude mit einem Dach aus Linoleum. „Um zu überleben, musste man ständig unterwegs sein, um Essen, Wasser und Holz zum Heizen zu finden“, sagt der 90-Jährige. Bei seinen Versorgungsgängen in der zerstörten Stadt beobachtet Becker die Menschen.

„Wie die Kölner mit ihrer besonderen Art das alles ertragen haben, hat mich beeindruckt. Da war immer Humor dabei.“ Zuerst notierte sich Becker die Erlebnisse auf Papierfetzen. Später fand er im Keller eine Mappe mit alten Zeichnungen und begann deren Rückseite mit den Szenen zu versehen, die er in seinem Gedächtnis gespeichert hatte. Dabei verwendete er Tusche und Tinte, die er bei Nachbarn erbettelt hatte. Lange blieben diese in der Folgezeit unbeachtet. Erst spät wurden sie wieder entdeckt und werden jetzt im Stadtmuseum in der Ausstellung „Köln in Trümmern“ präsentiert, die bis zum 29. Juli zu sehen ist.

Eierkuchen-Lider gegen den Hunger

Sie zeigt ausgemergelte Menschen, die mit dem Hunger und der Not der Nachkriegsjahre mit ihre besonderen, kölschen Art kämpfen. Die Dialoge, die Becker aufgezeichnet hat, stehen jeweils unter der Zeichnung. Es sind Zeugnisse des eigenwilligen Humors der Stadt. So wenn sich die Städter über die dicken Bauern aus dem Vorgebirge ärgern, aus Autoreifen Schuhsohlen werden oder wenn hungrige Kinder in ihren Lieder von Eierkuchen schwärmen. Für Becker gab es in dieser schwierigen Zeit auch eine ganz persönliche Begegnung – am Hydranten lernte er zwischen den Trümmern seine heutige Ehefrau kennen.

Die Schau mit den Zeichnungen Raffael Beckers ist im Stadtmuseum die Premiere für die „goldene Kammer“, einem Kubus, der es möglich macht, mitten in der Dauerausstellungen kleine Sonderschauen zu zeigen.

Köln in Trümmern
31. Mai bis 29. Juli 2012
Kölnisches Stadtmuseum
Zeughausstraße 1-3

Öffnungszeiten
dienstags: 10 bis 20 Uhr
mittwochs bis sonntags: 10 bis 17 Uhr
Der Eintritt kostet fünf (ermäßigt drei) Euro

Autor: Stephan Eppinger
Foto: Kölner Maler Raffael Becker