Köln | Wer derzeit einen Blick auf Reklametafeln in Köln wirft – warum gibt es eigentlich noch keinen Adblocker für Werbung im Außenraum? – der ist einigermaßen erstaunt. Dort wirbt ein Automobilkonzern für einen seiner Wagen mit der Headline „250 km/h treffen auf 100 Mbit“. Das hat in einer Stadt, die aktuell mit Autorennen zu kämpfen hat, keinen echten Vorbildcharakter, sondern eher ein Geschmäckle.

Was Heinzchen nicht lernt, lernt Heinz… – ja wir alle kennen das Sprichwort. Die deutsche Automobilindustrie steht aktuell nicht besonders gut da und hat, sagen wir mal, leichte Imageprobleme. Gelernt hat sie aus ihren Fehlern anscheinend auch immer noch nichts. Jetzt suggeriert uns einer der großen deutschen Automobilkonzerne: 250 km/ treffen auf 100 Mbit – kleine Ironie der Geschichte: Nur dort wo es LTE gibt. Mitten in einer Stadt, die derzeit mit jungen Menschen ringt, die ständig Rennen fahren und dabei auch noch andere Menschen bei Unfällen schwer verletzen, ja sogar töten. Mitten in einer Stadt, in der die Verwaltung der selbigen, Plakate geklebt hatte, die darum bitten bei Raserei die 110 – also den Notruf der Polizei – anzurufen. In einer Stadt, in der wir nach jedem Wochenende von der Polizei neue Gruselmeldungen hören, von Menschen die viel zu schnell fahren und zig abgenommenen Führerscheinen. Erst am Freitag wurde ein junger Mann – sogar ohne Führerschein – mit 130 km/h auf dem Tacho am Auenweg erwischt. Erlaubt: 30 km/h. Es ist müßig all die Beispiele aufzuzählen und jede Kölnerin und Kölner kennt die Situation, dass ein/e durchgeknallte/r Freak/-in (-in, allerdings seltener) mit überhöhter Geschwindigkeit durch die Stadt rast oder seine 600 PS – OK, manchmal auch 450 PS – aufröhren lässt.

Rasend surfen?

Jetzt plakatiert also jener Automobilhersteller genau in dieser Stadt diese Plakate. Ja natürlich meint er die Autobahn von Bottrop nach Emden, wo immer die linke Fahrspur frei ist und nicht den Auenweg oder die Kölner Ringe. Aber auch da fragt man sich nach dem Zusammenhang mit den 100 Mbit: Surfen, E-Mailen, Snapchatten, Whatsappen, Gamen oder Facebooken auf der Überholspur bei 250 km/h? Warum eigentlich nicht auch noch faxen? Ach so, anderes Jahrhundert und natürlich ist nur der Beifahrer mit den 100 Mbit gemeint, der dann in der Internetapotheke Baldrianberuhigungstropfen für die Rückfahrt bestellen kann (sofern zwischen Bottrop und Emden LTE zur Verfügung steht). Oder sind die 100 Mbit für die in der Regel über 250 km langen Staus an einem Montagmorgen in NRW um schneller die Staumeldungen abzusurfen? Sicher gibt es ein schlaues Konzept dahinter und sicher verbraucht der Wagen bei 250 km/h weniger als gar nichts und auch der Schadstoffausstoß ist selten gering und schaltet sich an jeder Ampel aus (schlecht für Möchtegernrennfahrer in urbanem Umfeld – kann man aber sicher ausschalten), um den Spritverbrauch noch nachhaltiger zu senken.

Software updaten

Kommen wir noch einmal zurück zu den 100 Mbit. Damit kann man natürlich auch die Website des Herstellers ansurfen und dort findet man dann auch gleich eine „Kundeninformation“ zum Thema Abgasskandal. Larmoyant nimmt man Bezug auf die auf dem Prüfstand ermittelten Stickoxid-Werte (Nox), die beanstandet wurden. Da muss nun eine Software upgedatet werden: „In einigen Fahrzeugen ist eine Software hinterlegt, die im Prüfstandbetrieb die Stickoxid-Werte optimiert.“ Dies geschehe schnell und kundenfreundlich. Das Ziel sei es Emissionsgrenzwerte einzuhalten, ohne dabei Fahrleistung, Motorleistung und Verbrauch zu beeinflussen. Die Frage warum erst jetzt, wird natürlich nicht beantwortet.

Raser konsequent melden

Aber was will uns der Hersteller eigentlich wirklich mitteilen: Rasen ist geil, egal ob auf vier Gummirädern oder mit dem Tablet? In Köln finden sehr viele Menschen – lieber Autohersteller – Raserei gar nicht mehr geil, sondern ätzend – ja sogar megaätzend. Ekelig finden Kölnerinnen und Kölner Plakate die zum Rasen auffordern und die vor allem bei Rasern Zuspruch finden und diese wohl auch ansprechen sollen. Vielleicht könnte die Stadt ja noch einmal ihre Plakate aufhängen, wo zur Meldung von Rasern via Notrufnummer 110  aufgefordert wird. Dies ist übrigens keine Denunziation, sondern rettet Leben. „250 km/h treffen 100 Mbit“ – echt beeindruckend. (War ironisch gemeint!)

[infobox]Hinweis: Der Redaktion ist bekannt, dass es nicht ungesetzlich ist, auf dafür freigegebenen Strecken 250 km/h Spitze zu fahren. Der Ordnung halber sei aber darauf hingewiesen, dass es in Deutschland für Autobahnen eine Richtgeschwindigkeit von 130 km/h gibt.

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Autor: Andi Goral
Foto: In Köln sind derzeit überall diese Plakat zu sehen – sie finden nicht bei allen Kölnern Zuspruch