Landtagswahl NRW 2022: Was sagen die drei führenden Parteien zur Frage der Inneren Sicherheit

Köln | Am nächsten Sonntag, 15. Mai wählt NRW einen neuen Landtag. Nach den Umfragen ist die NRW CDU einen Hauch vor der SPD und dann folgen die Grünen mit einem deutlichen Vorsprung vor der FDP und der AfD. Eine Fortsetzung der schwarz-gelben Landesregierung scheint kaum möglich. Report-K schaut dort hin wo die Parteien in ihren Wahlprogrammen besondere Nähe oder Diskrepanzen zeigen: Sprechen wir über Innere Sicherheit.

Die CDU in NRW setzt weiter auf ihren Law and Order Kurs, während die SPD an ihrer jahrzehntelangen Politik etwa einer bürgernahen Polizei festhält und sogar Entwicklungen, wie rund um das NRW-Versammlungsgesetz – beschlossen am 17. Dezember 2021 im NRW-Landtag – der letzten schwarz-gelben Landesregierung zurückholen möchte. Da sogar ein Zweierbündnis möglich sein könnte lohnt der Blick auf das Thema und das Programm der Grünen in diesem Zusammenhang. Im Kölner Rat beschloß das Gestaltungsbündnis aus Grünen, CDU und Volt eine Forderung, die im CDU-Wahlprogramm zur Landtagswahl steht: Einen Masterplan für Sicherheit.

Das wollen die Grünen in NRW im Themenfeld Innere Sicherheit

Es gibt eine große Überschneidung zwischen der SPD und den Grünen in der Haltung zur Versammlungsfreiheit. In ihren Wahlprogrammen wollen beide Parteien ein Versammlungsrecht, das Versammlungen in NRW ermöglicht und schützt. Die Grünen positionieren sich eindeutig: „Der Schutz der persönlichen Daten ist bei Versammlungen von besonders großer Bedeutung. Eine Befugnis zur Anfertigung von Videoaufnahmen, die über das Versammlungsgesetz des Bundes hinausgeht, lehnen wir ab. Jegliche Form der Datenerhebung hat offen zu erfolgen. Wir orientieren uns an vielen anderen Ländern und wandeln – wo angemessen – Straftatbestände des Bundesgesetzes in Ordnungswidrigkeiten um, etwa beim Vermummungsverbot. Die von der Landesregierung betriebene Kriminalisierung der Klimagerechtigkeitsbewegung sowie antifaschistischer Demonstrationen lehnen wir ab.“ Hier hätten also CDU NRW und Grüne einen echten Knackpunkt, sollte ein solches Bündnis nach dem Votum der Wählerinnen möglich sein. Die CDU und FDP führten gegen erheblichen Widerstand unterschiedlichster gesellschaftlicher Gruppierungen von Fußballfans, Klimaaktivistinnen bis hin zu Gewerkschafter*innen, ihre Verschärfungen im Versammlungsgesetz ein.

Wahlrecht mit 16

Die Grünen wollen das Wahlalter auf 16 Jahre senken. Bei einer Debatte im NRW Landtag im Februar 2020 sprach sich auch die SPD dafür aus, CDU und AfD waren dagegen. Eine weitere Gemeinsamkeit von Rot-Grün, die beide Parteien in ihren Landtagswahlprogrammen noch einmal deutlich manifestierten. Auch für ein kommunales Ausländerwahlrecht sprechen sich SPD und Grüne aus.

Auch in der Drogenpolitik zeigen sich deutliche Gegensätze zwischen Grünen und SPD auf der einen und der CDU auf der anderen Seite in NRW. Die NRW-CDU schreibt in ihrem Wahlprogramm: „Eine Legalisierung illegaler Drogen lehnen wir ab.“ Die Grünen wollen die NRW-Richtlinien zum Besitz und Konsum von Cannabis anpassen und den Grenzwert auf 15 Gramm anheben. Die SPD schreibt: „Die vom Bund geplante Freigabe von Cannabis begleiten wir mit einem flächendeckenden Präventions- und Jugendschutzprogramm.“

Bagatelldelikte

Die Grünen wollen zudem, dass Bagatelldelikte in NRW nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden. Dazu wollen die Grünen etwa das Schwarzfahren in Bus und Bahn nur noch als nicht anzuzeigenden Vertragskonflikt regulieren und mit den Verkehrsverbünden entsprechende Vereinbarungen abschließen.

Übereinstimmungen in den Wahlprogrammen von Grünen und SPD finden sich zudem im Bereich Ersatzfreiheitsstrafen. Hier wollen die Sozialdemokraten und die Grünen, dass Geldstrafen in Zukunft durch gemeinnützige Arbeit und nicht mehr durch Haft abgegolten werden. Hier sehen die Grünen auch einen sozialen Konflikt, da Reiche Geldstrafen leisten können und Arme ersatzweise ins Gefängnis müssen.

Alle drei Parteien wollen die Polizei personell stärken oder die hohen Einstellungszahlen aufrecht erhalten. Die Grünen wollen eine Polizei die bürgernah, professionell und rechtsstaatlich handelt. Die Bürgernähe stellt auch die SPD bei der Polizei heraus, die CDU will eine Null-Toleranz-Linie der Polizei und eine bürgernahe Justiz und sagt von sich selbst, dass sie 2017, also nach Ablösung von Rot-Grün, eine sicherheitspolitische Wende vollzogen habe.

Taser

Die CDU will den Wach- und Wechseldienst bei der Polizei mit Tasern, die Grünen lehnen dies ab, wollen die bereits begonnene Ausstattung rückgängig machen. Diskrepanzen gibt es auch bei der anlasslosen Videobeoachtung und dem Einsatz von Software. Gerade hier bei der Digitalisierung will die CDU massiv nachlegen, unter anderem eine Online-Durchsuchung. Die Kennzeichnung von Beamt*innen will die CDU verhindern. Die Grünen wollen eine solche, allerdings unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte der/des einzelnen Beamt*in. Auch präventive Freiheitseingriffe, die Schwarz-Gelb 2018 einführte, wollen die Grünen rückgängig machen. SPD und Grüne wollen zudem eine Studie zum Thema Rechtsextremismus bei der Polizei NRW. Die Grünen fordern eine Polizeistrukturreform, die NRW CDU will alles so lassen, wie es ist. In ihrer Haltung zum Rechtsextremismus sind sich die Wahlprogramme von SPD und Grünen sehr nahe, während die CDU weiterhin alle Formen des Extremismus subsumiert.

Im Themenfeld Innere Sicherheit zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Grünen und der SPD auf der einen und der CDU auf der anderen Seite. Die Positionen sind teilweise deutlich beieinander beziehungsweise auseinander. Wie Fragen zum Versammlungsrecht, einer grundsätzlichen Ausrichtung der Polizeistrategie und die harte Law-and-Order-Politik der NRW CDU mit den Ansätzen der Grünen vereinbar wären, bleibt offen. Da eine Fortführung von Schwarz-Gelb nach den aktuellen Umfragen unwahrscheinlich erscheint, ist die Frage eher für welche Braut entscheiden sich die Grünen, wenn es weiterhin bei einem solchen Kopf an Kopf Rennen der CDU und SPD bleibt.

Hier finden Sie die Analysen von report-K zu den Wahlprogrammen von CDU und SPD im Themenfeld Innere Sicherheit.