Berlin | Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) setzt bei den anstehenden Besetzungen europäischer Spitzenämter offenbar neue Prioritäten. Statt wie erwartet Bundesbank-Präsident Jens Weidmann ins Rennen um den EZB-Chefposten zu schicken, will die Kanzlerin lieber die Position des EU-Kommissionschefs besetzen, schreibt das „Handelsblatt“ (Donnerstagausgabe) unter Berufung auf „Regierungskreise“. Die Personalie war kürzlich auch Thema bei einem vertraulichen Gespräch der beiden.

Wenn die Bundesregierung ihn für die Position vorschlage, stehe er bereit, sicherte Weidmann der Kanzlerin laut Bericht des „Handelsblatts“ (Donnerstagausgabe) zu. Doch mittlerweile gilt es als wahrscheinlich, dass Merkel nicht um das Amt des EZB-Chefs kämpfen wird. Zwar hat die Regierung immer wieder den Eindruck erweckt, mit Weidmann erstmals einen Deutschen an die EZB-Spitze zu bringen.

Aber die Zielsetzung der Kanzlerin hat sich offenbar geändert. „Nicht die EZB hat für Merkel oberste Priorität, sondern die EU-Kommission“, sagte ein hochrangiger Regierungsvertreter. Kanzleramt und Bundesbank wollten sich nicht dazu äußern.

Im kommenden Jahr werden mehrere europäische Top-Jobs neu besetzt, darunter der des EU-Kommissionspräsidenten. Das Amt sei politisch gewichtiger als der EZB-Posten, der vor allem Prestige bringe, hieß es in Berlin. Zudem sei es erfolgversprechender, einen Kandidaten für die Brüsseler Behörde ins Rennen zu schicken als Weidmann für die Europäische Zentralbank.

Der Bundesbank-Chef gilt als geldpolitischer Falke und ist deshalb in Südeuropa hoch umstritten. Wegen des Widerstandes gegen Weidmann einen anderen deutschen Kandidaten für die EZB vorzuschlagen, soll aber keine Option sein. Das sähe aus, als lasse sich Merkel Personalfragen diktieren. Darauf habe auch Weidmann in dem Gespräch hingewiesen, hieß es in Regierungskreisen. Für den Posten des Kommissionspräsidenten kursieren hingegen mehrere Namen, etwa Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU) und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU).

Autor: dts