Neuruppin | Mit Hochdruck treiben brandenburgische Spezialisten Ermittlungen gegen mehrere Rechtsextremisten wegen des Verdachts der Bildung einer bewaffneten Gruppe voran. Nach einer Razzia in Brandenburg, Berlin und Nordrhein-Westfalen wertet die Staatsanwaltschaft Neuruppin umfangreiches Beweismaterial aus. Die Analyse werde sich aber über Wochen hinziehen, sagte Oberstaatsanwältin Lolita Lodenkämper heute auf dapd-Anfrage. Vor allem die Auswertung von Computern und Datenträgern brauche Zeit. Es werde jedoch intensiv daran gearbeitet.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen fünf Personen aus den drei Bundesländern wegen des Verdachts der Bildung einer bewaffneten Gruppe und des Verstoßes gegen das Waffengesetz. Eine Verbindung zum rechtsextremistischen Terrornetzwerk NSU sehen die Ermittler bislang nicht. Auf die Spur der Gruppe gewaltbereiter Neonazis waren die Ermittler eher durch Zufall gekommen: Im März starb ein einschlägig bekannter Rechtsextremist in einer kleinen Pension in dem brandenburgischen Dorf Herzberg (Kreis Ostprignitz-Ruppin). Todesursache war eine Herzattacke. Neben dem Toten fanden Polizisten einen Rucksack mit Waffen und Munition. Das löste umfangreiche Ermittlungen aus, die am Samstag zu einer Razzia bei fünf Beschuldigten im Alter von 37 bis 64 Jahren führten. Es gehe um vier Männer und eine Frau, sagte Lodenkämper.

Neonazis planten rechtsextremistisches Schulungszentrum

Medienberichten zufolge handelt es sich bei zwei Verdächtigen um den früheren NPD-Funktionär und Vorsitzenden der 1992 verbotenen „Nationalistischen Front“ Meinolf S. und dessen Frau. S. betreibe von Nordrhein-Westfalen aus einen rechtsextremistischen Versandhandel. Seine Frau habe die Pension in Herzberg im Nordwesten Brandenburgs gepachtet. Dort habe S. ein neonazistisches Schulungszentrum einrichten wollen. Und genau in dem Haus sei der bekannte Berliner Rechtsextremist Jörg L. gestorben. Nach dessen Tod seien die Pläne für das Schulungszentrum vorerst aufgegeben worden. Laut „Märkischer Allgemeiner Zeitung“ (Montagausgabe) wurde der Pachtvertrag aufgelöst. Das Grundstück stehe wieder zum Verkauf.

Das Westfalen-Blatt berichtete, die in der Pension neben dem Toten gefundenen Waffen seien den Ermittlungen zufolge zumindest nicht in Deutschland für Straftaten benutzt worden. Die individuellen Kennzeichen der Projektile seien nicht in der Datenbank des Bundeskriminalamts gewesen. Der Verdacht der Bildung einer neuen bewaffneten Gruppe habe sich ergeben, weil der Tote in seinem Rucksack eine Vielzahl von Munition dabei gehabt habe, die nicht zu seinen Waffen passte. Deshalb habe die Staatsanwaltschaft irgendwo ein Waffenlager vermutet und die Razzia am Samstag angeordnet.

Lodenkämper konnte noch keine Details zu den Ergebnissen der Durchsuchungen in insgesamt acht Objekten nennen. Sie bestätigte jedoch, dass keine scharfen Waffen gefunden wurden. Neben einem Luftdruckgewehr und Schreckschusspistolen seien 16 Computer und jede Menge Speichermedien beschlagnahmt worden. Es sei niemand festgenommen worden.

Autor: Susann Fischer | dapd