Köln | aktualisiert | In seiner heutigen Sitzung wählte der Kölner Rat drei neue Beigeordnete für die Dezernate „Mobilität“, „Umwelt, Klima und Liegenschaften“ sowie „Stadtentwicklung, Wirtschaft, Digitalisierung und Regionale Zusammenarbeit“. Eine Wahl öffentlich und zwei geheime Wahlen brachten ein Ergebnis. Die FDP kritisiert die „Aufblähung“ des Stadtvorstandes.

Die Dezernatswahl

Das Dezernat „Mobilität“ wird Ascan Egerer leiten, der in offener Abstimmung durch die Fraktionen SPD, Grüne, Klimafreunde, CDU, Volt, Gut, die Partei und Walter Wortmann gewählt wurde. Die FDP stimmte dagegen, die Linke und die AfD enthielten sich.

Die weiteren Wahlen fanden in geheimer Abstimmung statt.

Das Dezernat Umwelt, Klima und Liegenschaften wird in Zukunft der Büroleiter von Oberbürgermeisterin Henriette Reker William Wolfgramm leiten. Insgesamt nahmen 90 Mitglieder an diesem Wahlgang teil. Auf ihn entfielen:
Ja: 70
Nein: 12
Enthaltung: 8
Damit wurde Wolfgramm mit einem Stimmanteil von 77,77 Prozent gewählt.

Das Dezernat Stadtentwicklung, Wirtschaft, Digitalisierung und Regionale Zusammenarbeit wird in Zukunft der CDU-Geschäftsführer Niklas Kienitz leiten. Insgesamt nahmen 89 Mitglieder an diesem Wahlgang teil.

Auf ihn entfielen:
Ja: 50
Nein: 39
Enthaltung: 0
Damit wurde Kienitz mit einem Stimmanteil von 56,18 Prozent gewählt.

Die Wahl von Niklas Kienitz wird besonders kritisch gesehen, da er als CDU-Geschäftsführer in die Stadtwerke-Affäre 2018 involviert ist. In den Medien werden die Grünen so zitiert, dass sie sich hinter die Wahl des CDU-Geschäftsführers Kienitz stellen und ihn wählen werden. Das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt kommt rechnerisch auf 49 Stimmen im Rat in der aktuellen Wahlperiode.

Der FDP-Fraktionsvorsitzender Ralph Sterck erklärt: „Die FDP-Fraktion hatte schon die Aufblähung des Stadtvorstandes sowie die Neueinteilung der Aufgaben untereinander aus rein parteipolitischen Aspekten innerhalb des Machtbündnisses von Grünen, CDU und Volt scharf kritisiert. Rein sachfremde Gründe führten zur Ausweitung der Zahl der Beigeordneten und Neueinteilung deren Aufgabenbereiche. Wir werden darum auch nicht bei der personellen Besetzung der Beigeordnetenstellen mitmachen und somit mit Nein stimmen.“

Die Grünen sehen, anders als die FDP, in den drei neuen Dezernatsstellen eine „Stärkung der Stadtverwaltung“. Christiane Martin, Fraktionschefin der Grünen, in einem schriftlichen Statement: „Die Stadtverwaltung braucht mehr Kompetenz für die drängenden Themen unserer Stadt: Klimaschutz, Verkehrswende und Stadtentwicklung.“

So kommentiert die SPD-Fraktion die Dezernentwahl

Christian Joisten, Fraktionsvorsitzender: „Die beiden neuen Beigeordneten stehen vor großen Aufgaben. Köln muss in den Bereichen Mobilität, Umwelt, Klima und Liegenschaften deutlich besser werden. Wir konnten uns von den Kandidaten und ihren Plänen ein Bild machen und haben die Wahlen von Herrn Egerer und Herrn Wolfgramm unterstützt. Wir werden ihre Arbeit gewohnt kritisch, aber auch gewohnt konstruktiv begleiten und wünschen ihnen viel Erfolg bei der Bewältigung dieser Aufgaben.“

In der gleichen Sitzung wurde Niklas Kienitz mit den Stimmen von Grünen, CDU und Volt zum neuen Beigeordneten für Stadtentwicklung, Wirtschaft, Digitalisierung und Regionales gewählt. Die SPD-Fraktion hat in der geheimen Abstimmung mit Nein votiert. Christian Joisten: „Die Vorgänge rund um die Stadtwerke aus dem Jahr 2018 waren einschneidend und wirken teilweise bis heute nach. Die KölnSPD hat das Thema in den letzten Jahren intensiv aufgearbeitet. Wir haben unter anderem interne Prozesse eingeführt, um sicherzustellen, dass sich ein solcher Vorgang nicht wiederholen kann. Wir haben uns personell an entscheidenden Positionen neu aufgestellt und mitgeholfen, die städtischen Compliance-Regeln zu verschärfen. Eine derart umfangreiche und konsequente Beschäftigung mit dem Thema haben wir bei der CDU nicht gesehen, ganz im Gegenteil. Erst vor wenigen Tagen sind uns durch die Medien weitere Details der geheimen Vereinbarung und die Rolle von Niklas Kienitz dabei bekannt geworden. Diese Umstände und die offensichtlich bei der CDU nicht vorhandene Bereitschaft, aus diesen Vorgängen entsprechende Konsequenten zu ziehen, haben zu unserer ablehnenden Haltung geführt. Wir bedauern sehr, dass diese für Köln so wichtige Position nun mit dieser Hypothek belastet ist.“

Grundsätzlich sieht die SPD-Fraktion das aktuelle Verfahren zur Neubesetzung der Dezernate äußerst kritisch. Joisten: „Dieses Vorgehen ist eine Missachtung des Geistes der Kommunalverfassung. Diese sieht sinngemäß vor, dass die Zusammensetzung des Stadtvorstandes eben nicht nur die jeweiligen Ratsmehrheiten abbildet. Dass von zukünftig neun Dezernenten nur einer von der SPD als zweitstärkster Ratsfraktion gestellt wird, ist demokratieverachtend und entspricht ganz gewiss nicht dem, wie wir uns die von Grünen und CDU angekündigte ‚bessere Kultur der Zusammenarbeit“ vorstellen. Zumindest wir haben bei der Abstimmung über die konkreten Personalvorschläge die politische und fachliche Bewertung der jeweiligen Person in den Mittelpunkt gestellt.“

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Stadt schaltet Livestream ab

Mitten im Aufrufen der Ratsmitglieder für die geheime Wahl schaltete die städtische Verwaltung den Livestream auf stumm. Damit war zumindest virtuell keine Öffentlichkeit dieser Phase der Sitzung des Stadtrates mehr akustisch hergestellt und nur noch das Bild aus dem Gürzenich zu sehen.

Autor: red
Foto: Die CDU feiert ihren neuen Beigeordneten Kienitz bei einem Fotoshooting. Screenshot aus dem Livestream der Stadt Köln.