Neuss | Nach den tödlichen Schüssen auf eine Frau und ihre Kinder in Neuss sind mehr als 50 Hinweise auf den flüchtigen Vater eingegangen. Zeugen machten unter anderem Angaben dazu, wo der dringend tatverdächtige Mann Zuflucht suchen könnte, wie die Staatsanwaltschaft heute mitteilte.Der 35-Jährige Fallah Sänger soll am Montag seine 26 Jahre alte Frau, seine acht Jahre alte Tochter und seinen vier Jahre alten Sohn erschossen haben.

Den Hinweisen gehen die Ermittler nun nach. Ein Polizeisprecher sagte am Mittwochnachmittag, es gebe weiterhin keine heiße Spur. Der Aufenthaltsort des mutmaßlichen Täters sei unklar. Nach dem Mann wird den Angaben zufolge auch außerhalb Deutschlands gesucht. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Tatverdächtige mit einer Faustfeuerwaffe bewaffnet ist. Die Frau und die Kinder seien mit einer solchen Waffe getötet worden, sagte der Sprecher. Eine solche Waffe sei aber bislang nicht gefunden worden.

Die Polizei sucht insbesondere Zeugen, die den Mann am Tattag ab 13.00 Uhr gesehen haben. Die Leichen der Frau und der beiden Kinder waren am Montagabend in der Wohnung der Familie entdeckt worden. Angehörige hatten die Familie dort treffen wollen. Weil die als zuverlässig bekannte Mutter nicht die Tür öffnete, alarmierten sie die Polizei. Die Beamten haben den Angehörigen Opferschutz angeboten. Die Betroffenen hätten aber bislang keinen Bedarf gesehen, hieß es.

Kinderhilfe fordert Vernetzung von Behörden

Der gesuchte Mann ist wegen Körperverletzungen und häuslicher Gewalt gegen seine Frau polizeibekannt. Das Jugendamt war eingeschaltet. Zu weiteren Details der Betreuung wollte sich ein Sprecher der Stadt Neuss aus Datenschutzgründen nicht äußern. Berichte, wonach der Mann wegen Depressionen in Behandlung war und unter Spielsucht litt, wollte die Polizei nicht kommentieren. Für Hinweise auf den Aufenthaltsort des Mannes hat die Staatsanwaltschaft eine Belohnung von 1.500 Euro ausgesetzt.

Die Deutsche Kinderhilfe hat indes wegen der Tötungen die Vernetzung deutscher Behörden als mangelhaft kritisiert. „Um solche Fälle zu vermeiden, müssen Polizei, psychosoziale Beratungsstellen und die Jugendhilfe effektiver zusammenarbeiten“, sagte der Vorstandsvorsitzende Georg Ehrmann der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Mittwochausgabe). Zugleich müsse die Hemmschwelle sinken, das Jugendamt „als Helfer der Familien bei Problemen“ zu informieren.

Die Tat in Neuss war bereits die vierte Kindstötung innerhalb von wenigen Wochen in NRW. In Dortmund waren Anfang August drei Geschwister getötet worden. Tatverdächtig ist die Lebensgefährtin des Vaters. In Oberhausen soll ein psychisch gestörter Mann den acht Jahre alten Sohn seiner Freundin erstochen haben. In Essen tötete eine Mutter ihre sieben Jahre alte Tochter und anschließend sich selbst.

Autor: Helena Baers/ dapd