Köln | Am 13. Mai 2012 wählen die Bürger in Nordrhein-Westfalen einen neuen Landtag. Doch wie unterscheiden sich eigentlich die Parteien? Report-k.de stellt Ihnen zu den wichtigsten Themen die Ziele und Pläne der Parteien gegenüber – von der Bildung über den Landeshaushalt bis hin zum Verkehr. Untersucht hat die Redaktion dabei die Programm von SPD, CDU, Grüne, FDP, Linke und Piraten.

Haushalt und Finanzen

Einig sind sich SPD, CDU, Grüne und FDP, dass sie ab 2020 auf eine Neuverschuldung verzichten wollen. Während SPD und Grüne darum die Einnahmen des Landes erhöhen wollen, wollen CDU und FDP vor allem die Ausgaben senken.

<UL><LI>Die SPD strebt eine Null-Neuverschuldung bis 2020 an. Zugleich soll dennoch nicht auf Investitionen verzichtet werden – etwa in die Bildung, soziale Projekte sowie in die Infrastruktur. Die SPD will darum die Einnahmen des Landes erhöhen – durch eine Besteuerung großer Vermögen und Erbschaften, eine Finanztransaktionssteuer und eine höhere Besteuerung von Spitzeneinkommen. Die Bereiche der Daseinsvorsoge wie Ver- und Entsorger, Energie und Verkehr sollen nicht der privaten Wirtschaft überlassen werden. Zudem fordert die SPD eine Änderung des Solidarpakts Ost hin zu einem Bedarfspakt für alle finanziell-bedürftigen Kommunen

</LI><LI>Auch die Grünen wollen den Landeshaushalt konsolidieren und bis 2020 eine Null-Neuverschuldung erreichen. Dazu wollen sie den Spitzensteuersatz und die Erbschaftssteuer erhöhen, eine Finanztransaktionssteuer einführen und hohe Vermögen effektiver besteuern. Der Bund soll die Kommunen zugleich finanziell mehr entlasten. Zudem fordern sie wie die SPD eine Umwandlung des „Solidarpakts Ost“ in einen „Bedarfspakt“. Fördermittel sollen nach Bedarf und nicht nach Himmelsrichtung verteilt werden

</LI><LI>Die CDU will ab 2020 auf jede Neuverschuldung verzichten. Dazu sollen jährlich rund 800 Millionen Euro strukturell eingespart werden. Die CDU will darum auf Förderprogramm und auf die Übernahme neuer Aufgaben verzichten oder bei Programmen durch Effizienzsteigerungen einsparen. Zudem sollen Stellen in der Landesverwaltung abgebaut und bei Sachausgaben gespart werden. Die Schuldenbremse will die CDU in der Landesverfassung aufnehmen

</LI><LI>Die FDP will auch Stellen in der Landesverwaltung abbauen und zudem alle Ausgaben auf Notwendigkeiten und Effizienz überprüfen. 2020 soll ein ausgeglichener Haushalt erreicht werden. Dazu soll es keine Steuererhöhungen geben, vielmehr soll das Vergaberecht vereinfacht werden, um das Wachstum anzukurbeln

</LI><LI>Die Piraten fordern eine Offenlegung aller Ausgaben und Verträge des Landes im Internet. Zudem soll es nur noch Subventionen mit einer Gegenleistung für die Allgemeinheit geben. Zu budgetrelevanten Investitionen sollen Bürgerentscheide durchgeführt werden

</LI><LI>Die Linken wollen einen Zukunftsfonds einführen, aus dem Kredite und Subventionen für die Umstellung auf ressourcenschonende und energieeffiziente Produktionen vergeben werden

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Bildung – von der Kita bis zur Hochschule

Während SPD und Grüne vor allem den gemeinsamen Unterricht aller Kinder fördern wollen, wollen FDP und CDU das leistungsdifferenzierte Lernen beibehalten.

<UL><LI>Die SPD auf ein längeres gemeinsames Lernen der Kinder in NRW und will darum den Ausbau von Ganztagsunterricht und Gesamtschulen fördern. Zudem will die SPD ein Gesetz erlassen, dass Schüler mit Behinderung ab 2013/ 2014 einen Rechtsanspruch auf einen Platz an einer allgemeinbildenden Schule haben. Darüber hinaus will die SPD die Kitas langfristig beitragsfrei machen.

</LI><LI>Die Grünen wollen (wie die SPD) den Ganztag an Schulen und den integrativen Unterricht von Kindern mit und ohne Handycap ausbauen und neue Gesamt- und Sekundarschulen fördern. Zudem wollen sie mehr Kita-Plätze auch für unter 3-Jährige schaffen. Dafür sollen 680 Millionen Euro eingesetzt werden und rechtsverbindliche Erzieher-Kind-Schlüssel eingeführt werden

</LI><LI>Die CDU will die Landesmittel für den U3-Ausbau auf 481 Millionen Euro aufstocken. Die neuen Sekundarschulen sollen neben einem gestärkten Gymnasium, sowie Haupt-, Real- und Gesamtschulen bestehen. Die CDU will die Inklusion vorantreiben und Kindern mit und ohne Behinderung ein gemeinsames Spiele und Lerner ermöglichen, einen Rechtsanspruch für Kinder mit Behinderung auf einen Platz an einer allgemeinen Schule soll es nicht geben. Studiengebühren seien zwar grundsätzlich sinnvoll, sollen jedoch nicht sofort wieder eingeführt werden.

</LI><LI>Die FDP will mehr Kitas schaffen. In weiterführenden Schulen sollen Schüler nach Leistung unterrichtet werden – hier stimmt die Partei für den Erhalt von Gymnasien. Dabei sollen jedoch mehr Kinder auch mit Handycap einen Zugang zu allgemeinen Schulen erhalten, Förderschulen sollen jedoch nicht abgeschafft werden. Stattdessen soll es mehr gemeinsame Aktivitäten von Regel- und Förderschulen geben. Darüber hinaus will die Partei  Studiengebühren wieder einführen und den Hochschulen mehr Freiheiten einräumen.

</LI><LI>Die Piraten wollen einen Umbruch des jetzigen Systems. Sie wollen ein  Kurs- statt Klassensystem von der Grundschule bis zum Abi einführen, sodass Schüler die Schule dazwischen nicht wechseln. Diese Schulen sollen zunächst neben den jetzigen Schulformen angeboten werden. Alle Bildungsinstitutionen sollen barrierefrei gestaltet werden. Die Bildung soll insgesamt von der Kita über die Hochschule bis zur Weiterbildung kostenlos angeboten werden. Zudem will die Partei einen Ausbau der Ganztagsbetreuung und den Rückbau von Förderschulen

</LI><LI>Auch die Linken fordern eine kostenlose Bildung von der Kita bis zur Hochschule und Weiterbildung. Zudem soll eine Schule für alle Kinder bis zur 10. Klasse eingeführt werden. Das Abitur soll wieder nach 13 Jahren absolviert werden.

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Umwelt und Energie

Gemeinsam ist allen Parteien, dass sie eine Energiewende herbeiführen wollen. SPD, Grüne. Linke und die Piraten fordern einen schnellen Ausstieg aus der Atomenergie, FDP und CDU wollen dies erst langfristig erreichen. Alle wollen die Energieeffizienz steigern, erneuerbare Energien ausbauen und Speichertechnologien erforschen.

<UL><LI>Die Grünen setzen dabei  vor allem auf Windenergie und Wasserkraft. Sie wollen zudem einen vollständigen und endgültigen Ausstieg aus der gesamten nuklearen Brennstoffkette. So soll die Urananreicherungsanlage Gronau beendet werden, sinnlose und gefährliche Atomtransporte sollen nicht mehr in NRW stattfinden. Danach soll NRW auch auf der Kohleverbrennung aussteigen.

</LI><LI>Die SPD will dagegen für eine Übergangszeit eine Versorgung mit konventionellen Kraftwerken – möglichst mit Kraft-Wärme-Kopplung – auf Basis fossiler Energieträger sicherstellen. Bei der Umsetzung der Energiewende muss die industrielle Basis von NRW erhalten bleiben, fordert die Partei.

</LI><LI>Die CDU setzt auf  Braunkohle. So sollen vorhandene Kraftwerke  modernisiert und durch fossile Kraftwerke ersetzt werden. Datteln soll gebaut werden. Naturschutz bedeutet für die CDU zuallererst Schutz der Nutzbarkeit der Natur für den Menschen

</LI><LI>Auch die FDP fordert eine Energiewende mit Maß. Die Partei tritt etwa für den Bau von neuen Gas- und Kohlekraftwerken ein – etwa in Datteln. Dazu soll es steuerliche Förderungen für energetische  Gebäudesanierungen geben.

</LI><LI>Die Piraten wollen die Erforschung ressourcenschonender Technologien fördern und das Patentrecht reformieren. So sollen die Ergebnisse von staatlich geförderten Projekten der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden. Zudem will die Partei eine Dezentralisierung von Energieerzeugern erreichen. Zugleich soll das Energienetz in staatliche Hand gelangen. In der Übergangszeit der Energiewende wollen die Piraten Kraft-Wärme-Kopplung sowie Gas- und Kohlekraftwerke fördern.

</LI><LI>Auch die Linken stehen für eine dezentrale und vergesellschaftete Energieversorgung. Zudem fordern sie ein umfassendes Landesprogramm für energetische Gebäudesanierung an öffentluchen Gebäuden wie sozialen Wohngebäuden und Schulen. Sie fordern den sofortigen Stopp von  Atomtransporten und sind gegen eine Lagerung von Atommüll in Ahaus,. Wie die Grünen wollen auch sie die Urananreicherungsanlage in Gronau stilllegen.

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Verkehr

Während CDU und FDP die Infrasturktur in NRW erweitern wollen, setzen SPD, Grüne, Linke und Piraten vor allem auf den Erhalt der jetzigen Strukturen. Linke und Piraten fordern darüber hinaus eine Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs.

<UL><LI>Die CDU will alle Verkehrswege gleich pflegen und darüber hinaus neue Straßen bauen sowie Häfen erweitern, um NRW wirtschaftlich zu halten.

</LI><LI>Auch die FDP will Straßen neu- und ausbauen, um Staus zu reduzieren. Zudem soll der Schienenpersonenverkehr und -güterverkehr modernisiert werden. Dazu soll etwa der Rhein-Ruhr-Express realisiert werden – auch um den Wettbewerb zu erhöhen.

</LI><LI>Die SPD setzt auf das Prinzip „Erhalt vor Neubau“ und will einen Masterplan „Mobilität und Infrastruktur“ aufstellen. Ausbauen will die SPD den schienengebundenen Güterverkehr.

</LI><LI>Die Grünen fordern einen gut ausgebauten öffentlichen Personennahverkehr und plädieren für den Ausbau von Schiene und Radwegen sowie für den Erhalt von Straßen und Brücken. Diese sollen nur dann neu gebaut werden, wenn die finanziellen Möglichkeiten gegeben sind oder dadurch Engpässe auf Autobahnen beseitigt werden. Straßenschäden sollen durch eine veränderte Lkw-Maut finanziert werden. Für die Flughäfen fordern die Grünen ein Nachtflugverbot zwischen 23 und 6 Uhr.

</LI><LI>Die Piraten wollen den ÖPNV verbessern und Fahrscheinlos machen. Dieser soll zudem mit öffentlichen Pkw und Fahrrädern vernetzt werden, die  per Smartphone, Internet oder am Fahrzeug selbst gebucht werden. Das Streckennetz für den Schienengüterverkehr soll ausgebaut werden.

</LI><LI>Auch die Linken wollen einen besseren  ÖPNV sowie billigere Tickets. Langfristig soll der ÖPNV ganz aus Steuermitteln gezahlt werden.

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Netzpolitik

Die Netzpolitik nimmt bei den meisten Parteien wenig Raum ein, die SPD widmet diesem Thema nicht mal einen eigenen Absatz.

<UL><LI>Die SPD erklärt im Programm nur so viel, dass die Partei ein  Internet-Forum für die „digitale Bürgerbeteiligung“ entwickeln will. Zudem sei das ist ein wichtiger Faktor für den Wirtschaftsstandort NRW. Und die SPD will die Medienkompetenz aller Generationen stärken

</LI><LI>Die CDU will das Internet als Forum für eine moderne Bürgerbeteiligung nutzen. Dazu soll eine bessere Breitbandversorgung in NRW erzielt werden. Zudem will die CDU die Förderung für Internet-Gründer neu prüfen und den Zugang vereinfachen

</LI><LI>Die Grünen wollen allen Menschen eine digitale Teilhabe ermöglichen. Dazu soll  Breitband weiter ausgebaut werden. Ziel ist es, 6 Mbit/ Sekunde bis 2013 zu garantieren. Zudem sollen freie öffentliche WLAN-Hotspots eingerichtet werden.

</LI><LI>Auch die FDP will die Breitband-Versorgung ausbauen und bessere Rahmenbedingungen für den digitalen Mittelstand schaffen

</LI><LI>Die Piraten fordern einen Internetzugang für alle Lernenden an Schulen und lehnen jede weitere Überwachungen im Internet ab. Sie wollen alle Haushaltsentwürfe und Verträge des Landes im Internet offenlegen und das Urheberrecht reformieren. Zudem sollen Bibliotheken digitalisiert und der esport sowie digitale spiele gefördert werden.

</LI><LI>Die Linken wollen allen Bürgern einen Zugang zum Internet schaffen, um politische und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Alle Bürger sollen die gleiche Bandbreite erhalten. Und es soll  kostenlose Internet-Terminals in öffentlichen Gebäuden geben

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Wirtschaft

<UL><LI>Die CDU will eine allgemeine Lohnuntergrenze einführen. Dieser soll von den Tarifpartnern in einer Kommission ausgehandelt werden, jedoch auch für Branchen ohne Tarifverträge gelten. Die Politik soll die Untergrenze nicht festlegen

</LI><LI>Die Grünen fordern dagegen einen von der Politik festgesetzten Mindestlohn.

</LI><LI>Die SPD will einen Mindestlohn von 8,50 Euro und steht für eine Begrenzung von sachgrundlosen Befristungen bei Arbeitsverhältnissen.

</LI><LI>Die Piraten  wollen eine allgemeine Grundsicherung für alle Bürger.

</LI><LI>Die Linken fordern einen Mindestlohn von 10 Euro und ein kostenloses Girokonto. Sie wollen zudem eine Umverteilung der Arbeit insgesamt auf alle Bürger.

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Demokratie

Einig sind sich alle Parteien, dass die Beteiligung der Bürger an der Politik verbessert werden soll. So sollen Volksbegehren künftig einfacher zu erreichen sein.

<UL><LI>Die CDU will die Hürden für Volksbegehren senken und Verfahren erleichtern.

</LI><LI> Die Grünen wollen Volksentscheide erleichtern und die Transparenz erhöhen, indem Behörden Informationen für Bürger frei zugänglich machen sollen.

</LI><LI>Die SPD will ein kommunales Wahlrecht auch für Nicht-EU-Ausländer einführen und das Asylbewerber-Leistungsgesetz aufheben. Flüchtlinge sollen ein Aufenthaltsrecht erhalten.

</LI><LI>Die Piraten wollen, dass auch Bürger eigene Gesetzes- und Beschlussvorlagen zur Abstimmung bringen können, sobald sie dafür 8.000 Unterschriften gesammelt haben. Bei Landtagswahlen soll das Wahlalter auf 16 Jahre reduziert werden.

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Autor: Cornelia Schlösser