Düsseldorf | Im Rahmen der Neuorientierung des zukünftigen EU-Haushalts will sich auch das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen möglichst umfängliche Fördergelder sichern. Landesfinanzminister Lutz Lienenkämper bestätigte, dass man auch in Zukunft Zugang zu allen Förderprogrammen der EU haben will.

Hintergrund sind die derzeitigen Beratungen für einen neuen EU-Haushalt, der ab dem Jahr 2021 gelten soll. EU-Haushaltskommissar Günter Oettinger hatte vor Tagen angekündigt, dass aufgrund des Wegfalls von Großbritannien, immerhin zweitgrößter Nettoeinzahler bisher, die dann fehlenden Mittel sowohl durch Einsparungen wie auch durch Maßnahmen zu mehr Effizienz kompensiert werden sollen.

„Die Kommissionsvorschläge werden wir uns sehr genau anschauen, sie sind Ausgangspunkt für sicherlich intensive Verhandlungen mit den Ländern. Den geplanten finanziellen Aufwuchs für Forschung und Digitalisierung begrüßen wir ausdrücklich“, erklärte Lienenkämper in einer Stellungnahme. Zumindest bei den Geldern für die so genannte „Kohäsionspolitik“ erwartet NRW, dass diese erhalten bleiben. Kürzungen dürfen nur das letzte Mittel sein, um einen angemessenen Haushaltsrahmen erreichen zu können.

Ausdrücklich begrüßte der CDU-Politiker die Bemühungen seines früheren Parteifreundes und ehemaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten, den Verwaltungsaufwand bei den Förderprogramm deutlich reduzieren zu wollen. „Durch deutliche Vereinfachungen, insbesondere bei den Antragsverfahren und der Durchführung der Programme, können bürokratische Belastungen für alle Teilnehmer reduziert und zugleich erhebliche Mittel eingespart werden“, so Lienenkämper weiter.

Vorschlag stößt auf Widerstand

Der von Oettinger vorgelegte erste Haushaltsrahmen sieht ein Volumen von 1279 Milliarden Euro für die Jahre 2021 bis 2027 vor. Unter Einbeziehung der Geldentwertung bedeutet das eine erhebliche Erhöhung des Haushaltsvolumens, in den Jahren 2014 bis 2020 waren es 1087 Milliarden Euro. Während Deutschland diplomatisch eine „faire Lastenteilung“ einforderte, wurden andere EU-Mitgliedstaaten konkreter.

So forderten die Niederlande eine strikte Ausgabendisziplin und lehnten Erhöhungen des Haushaltsvolumens ab. Als Nettozahler beharrte der amtierende Außenminister Stef Blok auf der Beibehaltung des Beitragsrabatts, den die Niederländer derzeit haben. In Frankreich regt sich Widerstand, weil Oettinger bei seinen Ausgabenkürzungen vor allem auf den Agraretat zielte. Der französische Landwirtschaftsministerium kündigte bereits an, dass Kürzungen bei den Direktzahlungen an die Landwirte keinesfalls akzeptabel seien.

Auch ein weiterer Vorschlag sorgt für Zündstoff. So schlägt die EU-Kommission in ihrem Haushaltsplan unter anderem vor, zukünftig die Vergabe von EU-Mitteln an die Einhaltung europäischer Rechtsstandards zu knüpfen. Zwar hielt sich der polnische EU-Minister Konrad Szymanski mit Kritik zurück. Aber Polen und auch Ungarn dürften diese Vorschläge kaum gefallen.

In der Großen Koalition hingegen bahnt sich ein Kompromiss an. So hatte Finanzminister Olaf Scholz jüngst durchblicken lassen, dass für die Bundesrepublik eine Mehrbelastung von bis zu zehn Milliarden Euro machbar sei. Derzeit zahlt Deutschland netto (also nach Verrechnung der Rückflüsse aus Förderprogrammen und anderen Töpfen) etwa 13 Milliarden Euro pro Jahr zur Finanzierung des EU-Haushalts bei. Oettinger rechnet hingegen nach derzeitigem Stand der Dinge mit einer Mehrbelastung von rund 13 Milliarden Euro netto.

Bei aller Kritik gab es auch Lob. So lobte unte anderem Manfred Weber, Vorsitzender der mächtigen Europäischen Volkspartei, die vorgelegten Eckdaten. Man gehe in die richtige Richtung. Auch von den Sozialdemokraten kamen zustimmende Statements. Deren Fraktionschef Udo Bullmann bedauerte sogar, dass die Ausgaben nicht noch etwas deutlicher erhöht werden.

Autor: bfl
Foto: NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper will weiterhin in den Genuss aller EU-Fördertöpfe kommen.  Bild: Finanzministerium NRW