Köln | Mit „Sinti und Roma zwischen Ausgrenzung und Selbstbehauptung“ hat die Info- und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus im Kölner NS-DOK einen neuen Sammelband in der Reihe „Beiträge und Materialien“ veröffentlicht. Das Werk beschäftigt sich sowohl mit der Historie der Sinti und Roma in Europa als auch mit deren gegenwärtigen Situation und greift dabei auch die aktuelle Debatte um die so genannte „Armutszuwanderung“ auf.

Dabei soll der Sammelband als Gegengewicht zur emotional geführten Debatte bieten, so die Herausgeber Esther Quicker und Hans-Peter Killguss.  In dem 256 Seiten starken Band  finden sich Erfahrungsberichte, Interviews, wissenschaftliche und literarische Texte, die neue Impulse geben und einen Perspektivwechsel ermöglichen sollen. Prominente und bisher unbekannte Angehörige der Minderheit erzählen in dem Band über ihren Lebenslauf und ihren eigenen Weg der Selbstbehauptung, andere berichten über ihre Arbeit in verschiedenen Organisationen oder sind durch wissenschaftliche Beiträge vertreten. Neben einem Überblick über die Fachliteratur soll eine Literatur- und Linkliste die weitere Beschäftigung mit dem Thema erleichtern. Auch die aufwendige Gestaltung mit zahlreichen Fotos die Anschaulichkeit des Bandes, sowie die Motivwahl, die mit den gängigen Klischees über Sinti und Roma bewusst bricht, sollen einen bewussten Gegenentwurf zu festgefahrenen Stereotypen über ein „fahrendes Volk“ liefern.

Den beiden Herausgebern war wichtig, nicht dabei stehenzubleiben, die heutige Ausgrenzung zu beschreiben. Auch die Vorgeschichte dieser Ausgrenzung und ihr Einfluss auf die Lebenswirklichkeiten von Menschen sollten aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet werden. Besonders wichtig war es den beiden dabei, dass nicht nur über Sinti und Roma berichtet werde, sondern dass sie selbst ausführlich zu Wort kämen.

Zu den Interviewten gehören der Kölner Musiker Markus Reinhardt und der Wissenschaftler Joachim Krauß vom Zentrum für Antisemitismusforschung Berlin, der gerade an einer bundesweiten Studie zu Einstellungen gegenüber Sinti und Roma in der Gesamtbevölkerung arbeitet. Marian Luca, Mitarbeiter des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, hinterfragt die Umsetzung der Rechte der Roma in der Europäischen Union. Neben Beiträgen von mehr als 20 weiteren Autorinnen und Autoren enthält der Band einen Prosatext des preisgekrönten Schriftstellers Jovan Nikolić, der von der Geschichte seiner Familie erzählt.

Der regionale Schwerpunkt liegt auf Menschen, Ereignissen und Initiativen in Nordrhein-Westfalen. Darüber hinaus kommt die Situation im ehemaligen Jugoslawien und den neuen EU-Staaten zur Sprache. Texte zum Völkermord in der NS-Zeit und zur danach andauernden Kriminalisierung der Verfolgten verdeutlichen die historische Dimension.

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Esther Quicker/Hans-Peter Killguss (Hg.):
„Sinti und Roma zwischen Ausgrenzung und Selbstbehauptung. Stimmen und Hintergründe zur aktuellen Debatte. Beiträge und Materialien 7 der Info- und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus, NS-Dokumentationszentrum“
Köln 2013
ISBN 978-3-938636-20-6

Die Publikation ist in der Reihe „Beiträge und Materialien der Info- und Bildungsstelle ge-gen Rechtsextremismus“ erschienen und wurde aus Mitteln des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend und Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert. Das Buch ist im Nachgang an eine im November 2012 im NS-DOK abgehaltene Antiziganismus-Konferenz entstanden. Der Sammelband ist für 12,90 Euro direkt beim NS-Dokumentationszentrum oder über den Buchhandel bestellbar.

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Autor: dd
Foto: Das Cover des neu erschienen Sammelbandes.