Die unmittelbare Domumgebung wirkt nicht immer besonders gepflegt. Foto: Eppinger

Köln Die Via Culturalis ist ein vom Architekten Albert Speer 2010 entwickelter Kulturpfad, der vom Dom im Norden zur romanischen Kirche St. Maria im Kapitol im Süden führt. Er versteht sich als Schaufenster in die mehr als 2000-jährige Geschichte Kölns. Wer sich aktuell dort auf den Weg macht, spürt davon eher wenig.

Schon direkt am Dom fällt eine Ansammlung von ihrer Funktion beraubten Briefkästen und derangierten Telefonstelen ins Auge. Der eigentliche Weg wird derzeit von zahlreichen Baustellen bestimmt. Hinter dem Bauzaun wartet zum Beispiel das Römisch-Germanische Museum auf den Beginn der Generalsanierung. Auch das Domhotel hat sich als Dauerbaustelle bewährt.

Auf der Baustelle des Laurenz Carrés geht seit Monaten nichts mehr. Foto: Eppinger

Gar nichts geht zurzeit auf der Baustelle des Laurenz Carrés, nachdem der Investor, die Düsseldorfer Gerch-Group, Insolvenz angemeldet hat. Hier findet sich direkt an der Domplatte eine riesige Baugrube und ein leer geräumtes Hotelgebäude. Schräg gegenüber beginnt die Baustelle des Miqua, wo sich deutliche Fortschritte erkennen lassen. Auch die Gürzenichstraße wird aktuell neu gestaltet und soll im Juni endlich mit dem neuen Bodenbelag fertiggestellt sein.

Kritik an der Situation der Denkmäler in der Kölner Innenstadt gibt es vom Regionalverband des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz. “Wir haben Gebäude von unschätzbarem Wert. Diese werden aber oft von ihrer Umgebung beeinträchtigt”, erklärt der Vorsitzende Alexander Kierdorf, mit Blick auf ein gerade präsentiertes Positionspapier.

Die Umgebung beeinträchtigt die Wirkung von Denkmälern oft negativ

Kritisiert werden darin vor allem vier Punkte: Das gilt für die Außenwerbung und Stadtmöblierung, die zu nahe an die Denkmäler heranrücke, genauso wie für die vernachlässigte Umgebung mit einem schadhaften oder geflickten Bodenbelag. Auch die Nachbarbebauung nehme oft nur wenig Rücksicht auf das Denkmal und viele Bauprojekte dauerten erheblich zu lang.

In den Fokus der Denkmalschützer rückt zudem der wachsende Anliefer-, Veranstaltungs- und Durchgangsverkehr. Hier wird eine Analyse des tatsächlich notwendigen Verkehrsaufkommen in unmittelbarer Umgebung von Denkmälern und der Einbau von intelligenten Zugangssystemen, wie versenkbare Poller, angeregt.

Gegenüber der Ruinenkirche St. Alban soll auf dem Quatermarkt ein Hotelneubau entstehen. Foto: Eppinger

Ein Ärgernis sind für die Denkmalschützer die uneinheitlichen und in die Jahre gekommenen Informationssysteme. Das gilt zum Beispiel für die in den 80er Jahren vom Fremdenverkehrsamt eingeführten Drei-Kronen-Tafeln, die sich in Form, Gestaltung und Beschriftung sich als uneinheitlich und auch unübersichtlich erweisen. “Das liegt auch daran, dass diese inzwischen von Stadt oder Köln-Tourismus nicht mehr koordiniert und kontrolliert werden. Hier fordern wir zeitgemäße und einheitliche Informationssysteme”, sagt Geschäftsführer Martin Lehrer.

Beim Erhalt der Denkmäler hätten Denkmalpflege, Eigentümer und die Stadtgesellschaft ohne Zweifel Erhebliches geleistet. “Aber diese Leistung geht verloren, wenn wir unseren Denkmälern keinen Raum zur Entfaltung ihrer Aura geben”, kritisiert Kierdorf. In Köln seien derzeit mehrere Großprojekte im Gange, die erheblichen Einfluss auf Einzeldenkmäler, aber auch auf die Inwertsetzung von Denkmälern als Ensemble haben werden. Hier müssten sich Politik, Verwaltung und Stadtgesellschaft das Potenzial und die Gefährdung örtlicher Denkmäler bewusst machen, um Fehlentwicklungen aus fachlicher Sicht zu verhindern.

Konkrete Beispiele nennt das Papier ebenfalls. Bei der Via Culturalis sei die Unterbrechung des Kulturpfades durch die Pipin- und die Augustinerstraße ein gravierender Mangel. Diese könne durch die Reduzierung der Fahrbahnen behoben werden. So erhielte der Elogiusplatz wieder Anschluss an die romanische Kirche St. Maria im Kapitol.

Der Kirchturm von Klein St. Martin steht inmitten der Verkehrswege. Das Untergeschoss soll nach den Forderungen des Vereins eine neue kulturelle Nutzung erhalten. Foto: Eppinger

Auch der Zustand des Turms von Klein St. Martin, der einst der großen Nachbarkirche temporär als Glockenturm diente, wird kritisch gesehen. Hier wird ein Nutzungskonzept für das seit Langem verschlossene Untergeschoss gefordert. Auch die Lage inmitten der Verkehrsströme müsse sich ändern.

Ein weiteres Negativbeispiel sei die Ruinenkirche St. Alban neben dem Gürzenich mit der wegen ihrer Baufälligkeit geschlossen Bruder-Konrad-Kapelle. Hier soll gegenüber auf dem durch seine Betonelemente geprägten Quatermarkt ein neues Hotel gebaut werden, dessen Gestaltung den Denkmalschützern Sorge bereitet. Neubauten müssten auf die historische Bausubstanz Bezug nehmen und entsprechend zurückhaltend gestalten werden, heißt es in dem Positionspapier.

Die Zukunft des Zeughauses und die Erweiterung der Hohenzollernbrücke

Kritisch blicken die Vereinsmitglieder auf das Bauprojekt “Historische Mitte”, das durch den Rückzug der Hohen Domkirche infrage gestellt wurde. Sollte dort kein neues Stadtmuseum entstehen können, solle dieses wieder in ein saniertes und neu konzipiertes Zeughaus zurückziehen. Durch die neue Nutzung des Kellergeschosses und der Verwaltungsetage hätte dieses mehr Nutzfläche als im geplanten Neubau. Ansonsten müsse auf jeden Fall eine denkmalgerechte Nutzung des historischen Gebäudes gefunden werden.

Sorgen bereitet dem Verein zudem die Erweiterung der Hohenzollernbrücke durch einen südlichen Anbau für Radfahrer und Fußgänger. Der von der Stadt vorgestellte Entwurf mit einer modernen bogenförmigen Überkonstruktion wird abgelehnt, da er das Erscheinungsbild erheblich beeinträchtige. Optimal wäre die Rekonstruktion der ehemaligen Straßenbrücke. Sollte dies nicht möglich sein, wird eine flache, selbst tragende Brücke ohne überspannenden Bogen und Tragseile von den Denkmalschützern bevorzugt. Auch eine Verbreiterung der vorhandenen balkonartigen Stege auf der Süd- und Nordseite sei denkbar.