Köln | Wer öfter mal wegen eines ausgewachsenen Katers nicht zur Arbeit erscheint und Seitensprüngen nicht abgeneigt ist, wird diesen Roman von Sabine Leipert lieben: Denn Protagonistin Karina ist raderdoll in Ehrenfeld.

Zufällige Begegnungen bestimmen den Plot

Die Handlung setzt gleich mit dem Geständnis von Karinas attraktivem Freund ein, sie mit einer Kuchen backenden und Banjo spielenden Französischlehrerin betrogen zu haben. Karina flüchtet sich daraufhin in das nächstbeste Kino, wo sie praktischerweise prompt über die Tasche ihres nicht minder attraktiven Chefs stolpert. Natürlich bleibt ihr nach ein paar Gläsern Wein mit ihm keine andere Wahl, als noch am gleichen Abend mit ihm die die Kiste – pardon, auf das Sofa – zu hüpfen. Höflich, wie man ist, und natürlich auch, um die Arbeitsbeziehung nicht weiter zu belasten, bleibt man dann auch gleich beim „Sie“. Da sich Tim danach nun vollends seiner Geliebten zuwendet, beginnt auch Karina ihrerseits eine Beziehung mit ihrem Chef, den sie im Verlauf der Handlung schließlich sogar duzen darf.

Urlaub, Sex und Patchwork

Das Geschick der glücklichen Paare wird jedoch jäh in eine neue Richtung geleitet, als Karinas Hippie-Mutter sämtliche Familienmitglieder zum Weihnachtsessen bittet. Die Zusammensetzung würde jede Vorabendserie vor Neid erblassen lassen, denn neben dem Patchwork-Idyll Karina und Tim samt neuer Partner und gemeinsamen Kind erscheinen Karinas schwuler Vater und der 30 Jahre jüngere Freund der Mutter, der auch noch der beste Freund Tims ist. Den vorläufigen Höhepunkt findet die Handlung, als Tim und Karina auf dem Wohnzimmerteppich übereinander herfallen, während Eltern, neue Partner und Kind gemeinsam spazieren sind. Der Leser, der noch nicht gelernt hat, ohne Gewissensbisse zweigleisig zu fahren, kann von nun an etwas lernen, denn Karina und Tim schaffen es problemlos, ihre doppelten Beziehungen unter einen Hut zu bringen. Das funktioniert sogar prächtig bei einem gemeinsamen Urlaub der harmonische Patchwork-Familie in den Bergen, bei dem (fast) jeder mit jedem schläft.

Obwohl der Roman vorgeblich in Köln spielt, sollten sich Leser, die der Domstadt nicht so zugetan sind, nicht davon abschrecken lassen: Außer einiger Veedelsnamen und der sporadischen – fast ausschließlich sarkastischen – Bemerkungen über den FC hat der Köln unaffine Leser nichts zu befürchten, da sämtliche Ortsbeschreibungen wunderbar neutral gehalten sind.

„Seitenwechsel“ eignet sich also hervorragend für den Lesegenuss der modernen, urbanen Frau, die es mit der Treue nicht so genau nimmt und die sich während des Lesen weder mit einer komplizierten Struktur noch tiefsinnigen Charakteren und Themen belasten möchte. Motive und Figuren lassen sich problemlos aus diversen Fernsehschauen oder ähnlichem übertragen, was ungemein den Einstieg in die Handlung erleichtert. Zusammen mit der wunderbar unprätentiösen Sprache besticht der Roman vor allem durch seine Simplizität.

„Seitenwechsel – Ex und hopp“

Roman von Sabine Leipert
Fischer Verlag
€ 8,99
ISBN 978-3-596-19130-7

Ankündigung: Sabine Leipert liest aus „Seitenwechsel“

Wann: Donnerstag, 19. April 2012 um: 19.15 Uhr
Wo: Mayersche Buchhandlung – Neusser Straße 226 – 50733 Köln
Eintritt: € 8.-
Tickets sind in der Mayerschen Buchhandlung erhältlich oder können unter 0221 – 66994810 reserviert werden.

Autor: Nicola Ninnemann
Foto: „Seitenwechsel – Sex und Hopp“ ist der dritte Roman über Karina Schneider und ihr Liebestreiben in Köln-Ehrenfeld.