Berlin | Reporter ohne Grenzen (ROG) hat das Vorgehen des Bundesinnenministeriums beim Verbot der als linksextremistisch eingestuften Website linksunten.indymedia.org kritisiert. Dies sei eine „rechtsstaatlich gefährliche Entwicklung“, hieß es in einer Mitteilung am Montag. „Aufrufe zu Gewalt sind inakzeptabel – sie müssen gelöscht und ihre Urheber bestraft werden – aber Pressefreiheit gilt auch für unbequeme, ja selbst für schwer erträgliche Veröffentlichungen“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr.

„Um gegen strafbare Inhalte auf linksunten.indymedia vorzugehen, hätte es weniger einschneidende Mittel gegeben.“ Gleichzeitig bezeichnete er die Seite als „trotz allem journalistisches Online-Portal“. Das Verbot über das Vereinsrecht „durch die Hintertür“ sei international ein bedenkliches Signal und liefere repressiven Regimen in aller Welt einen Vorwand, es den deutschen Behörden gleichzutun, so der deutsche ROG-Chef.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière hatte am Freitag das Portal unter Rückgriff auf das Vereinsrecht verboten, indem er die Betreiber als Verein einstufte und diesen für aufgelöst erklärte. Zur Begründung erklärte er, das Portal sei „die einflussreichste Internetplattform gewaltbereiter Linksextremisten in Deutschland“. Auf der Seite waren immer wieder Aufrufe zu Gewalt und Bekennerschreiben aufgetaucht.

Aber auch der Gesprächsverlauf einer AfD-Whatsapp-Gruppe war dort veröffentlicht worden. Der Chef der AfD in Sachsen-Anhalt war danach auch innerparteilich unter Druck geraten, weil er dort unter anderem „Deutschland den Deutschen“ geschrieben haben soll.

Grünen-Politikerin kritisiert de Maizières Informationspolitik zu „linksunten“

Die innenpolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, hat die Informationspolitik von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) im Zusammenhang mit dem Verbot der linksextremistischen Internetplattform „linksunten.indymedia.org“ kritisiert. „Es ist kommunikativ schon fragwürdig, den Eindruck zu erwecken oder ihm zumindest nicht entgegenzutreten, man habe hier quasi ein Waffenarsenal gefunden, das klar `linksunten.indymedia.org` zuzuordnen sei“, sagte sie der „Berliner Zeitung“ (Dienstagsausgabe). „Das alles wirkt wie ein wahlkampfmotiviertes Prestigeprojekt des Innenministers, der einen Erfolg im Kampf gegen den Linksextremismus präsentieren möchte.“

Man dürfe gespannt sein, ob es tatsächlich zu Strafverfahren gegen beteiligte Personen kommen werde „oder ob alles reine PR war“, so Mihalic weiter. „Trifft Letzteres zu, ist der Innenminister meines Erachtens in Erklärungsnot.“ Bürgerinnen und Bürger hätten ein Recht auf eine wahrheitsgemäße Darstellung durch die Regierung.

De Maizière hatte am Freitag zu Beginn seines Pressestatements erklärt: „Seit 05:30 Uhr durchsuchen Polizeikräfte aus Baden-Württemberg mehrere Objekte in diesem Bundesland, die mit dem Betrieb der Plattform und dem Betreiberkreis in unmittelbaren Zusammenhang stehen. Bei den Durchsuchungen wurden neben Laptops und der IT-Technik, um die es ja im Wesentlichen ging, auch gefunden: Messer, Schlagstöcke, Rohre, Zwillen, Teleskopschlagstöcke, Butterfly-Messer, also alles typische Gegenstände, die wir aus dem gewaltbereiten Linksextremismus kennen.“ Eine Sprecherin des Ministeriums sagte am Montag jedoch, nachdem Netzpolitik.org am Wochenende nachgehakt hatte, da sei „einiges durcheinander“ gegangen.

Zwar seien „im Zusammenhang mit dem Vereinsverbot“ Waffen gefunden worden, und das in Räumen, die auch von „linksunten“ genutzt wurden. Eine eindeutige Zuordnung nahm sie aber nicht vor.

Autor: dts