Köln | aktualisiert | Trommelstöcke wirbeln durch die Luft, die Menschenmenge bewegt sich zu den Sambarhythmen und zumindest ab und zu scheint die Sonne auf die Jecken. Aber die Temperatur von null Grad lässt die Narren doch spüren, dass sie in Köln sind und nicht in Rio de Janeiro.

Werfen Sie einen Blick auf die Persiflagewagen und den Start des Rosenmontagszuges 2013 >

Tolle Fotos vom Kölner Rosenmontagszug 2013 vom Alter Markt >

Die politischen Jecken als Prolog des Rosenmontagszuges 2013 >

19:11 Uhr > Hunderttausende feiern im Rheinland trotz kühler Temperaturen

Der diesjährige Rosenmontagszug in der rheinischen Karnevalshochburg steht unter dem Motto „Fastelovend em Blot, he un am Zuckerhot“. Hunderttausende Jecken haben sich entlang der Zugstrecke versammelt und jubeln den Karnevalsvereinen mit ihren bunten Wagen zu. Die Teilnehmer werfen auf ihrem knapp sieben Kilometer langen Zugweg rund 300.000 Strüßjer und 300 Tonnen Süßigkeiten in die Menge. Auch in den anderen Karnevalshochburgen am Rhein wie in Düsseldorf feiern zahlreiche Jecken den Höhepunkt der närrischen Session.

Als Frontfigur der Goldenen Jungs in Köln läuft ein groß gewachsener Mann auf hohen goldenen Absätzen und mit rot-goldenen Federn auf dem Kopf. Der 42-jährige Brasilianer stellt sich als Catherrine Lecleriy vor. „Ich fühle mich wie in Rio, dort trage ich auch Federn auf dem Kopf. Der einzige Unterschied ist, dass ich hier Ski-Unterwäsche unter dem Kostüm trage!“ Seit 18 Jahren lebt er in Köln, aber zu Karneval war er bisher immer in Rio. „Wegen des Mottos bin ich hiergeblieben und darf nun zum ersten Mal beim Rosenmontagszug mitlaufen“, freut er sich.

„Kamelle, Kamelle!“, ruft Jonathan immer wieder und fängt mit seinem weißen Hut die Gummibärchen, Schokoladenriegel und Marzipanstücke auf, die auf ihn und seinen Bruder Inus hinunter regnen. Der elfjährige Jonathan aus Mettmann ist das erste Mal zum Karneval in Köln, er trägt grüne Samthandschuhe, ein schwarzes Jackett und eine Krawatte. Sein acht Jahre alter Bruder geht als Cowboy. Großmutter Renate ist Kölnerin: „Ich zeige den beiden Jungs heute, wie man das mit den Kamellen am besten macht“, sagt die als Katze verkleidete 65-Jährige und lacht. Da schmeißen die Blauen Funken wieder Schokoladentafeln, Jonathan springt in die Höhe und ruft „Ich hab eine!“

Die Kanzlerin als Muttersau empört

Bei den Mottowagen sind die Kölner Wagenbauer traditionell braver als die Düsseldorfer. In diesem Jahr aber zieht auf einem Wagen eine Muttersau mit den Gesichtszügen von Angela Merkel durch die Straßen der Domstadt. Ihre sechs Zitzen ragen splitternackt in die Höhe, zu ihren Füßen sitzen vier Ferkel, auf deren Fell die spanische, portugiesische, italienische und griechische Flagge prangen. „Das ist geschmacklos, ich finde das unmöglich“, empört sich Liselotte. Die 96-jährige Kölnerin schüttelt den Kopf. Sie habe schon viel im Karneval erlebt und sei auch nicht prüde. „Aber ein bisschen Niveau sollte man behalten.“

Vor Angela Merkel ist schon ein Wagen mit einer Figur des russischen Präsidenten Wladimir Putin vorbeigezogen. Zu seinen Füßen kniet Gérard Depardieu als Obelix, hinter ihm tanzen drei Frauen der Punkband Pussy Riot in einem Käfig. Und auch die Landespolitik ist Thema der Wagenbauer. NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) steht hinter einer Schweizer Kuh, die aus ihrem Futtertrog Euro-Geldscheine aus Deutschland frisst und aus deren Hintern CDs fallen. „Auf der Alm da gibts ka Sünd“ heißt der Wagen und sorgt für Gelächter bei den Narren.

Düsseldorf nimmt Politiker aufs Korn

Auch in Düsseldorf feiern Hunderttausende Jecken den Höhepunkt des Straßenkarnevals. Motto ist „Och dat noch“ (Auch das noch). Die Wagenbauer reagierten noch kurzfristig auf den Rücktritt von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU). Sie wird auf dem Wagen von einer Kanonenkugel hart und unerwartet im Rücken getroffen. Abgefeuert hat sie ein Professor der Universität Düsseldorf, der auf der Kanone mit dem Namen „Rücktritt“ sitzt. Schavans gequälter Gesichtsausdruck zeigt, wie sehr dieser Abgang schmerzt. „Man muss ja immer ein Bild haben, das drastisch ist“, sagt Wagenbauer Jacques Tilly zu dem Wagen, an dem er mit seinem Team seit dem Rücktritt am Samstag fast durchgehend arbeitete.

Der FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle ist bei ihm ein Hund, der sabbernd am Hintern einer Hündin schnuppert. Diese hat ein Logo des Magazins „Stern“ auf dem Rücken und sieht aus wie die Journalistin Laura Himmelgeist. Brüderle soll zu ihr an einer Hotelbar anzügliche Bemerkungen gemacht haben.

Auch SPD-Politiker sind in diesem Jahr zur Steilvorlage für den Düsseldorfer Zug geworden. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat seinen Kopf in den Propeller eines Flugzeugs gesteckt, das den Pannenflughafen BER darstellen soll – unfertig, mit Rissen, notdürftig geflickt. Der Kopf des Politikers ist nicht mehr erkennbar, Blut spritzt – der Flughafen ist das Ende Wowereits. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück liegt auf einem Wagen in Form eines Steins schwer auf der SPD in menschlicher Gestalt. Die Partei zwingt sich zu einem Lächeln, leidet aber sichtbar unter dem Gewicht von „Steindrück“. „Der Sinn der Sache ist nicht, einen Skandal hervorzurufen“, betont Tilly. Er wolle nur ein bisschen sticheln. Und das gelingt ihm jedes Jahr aufs Neue.

7:10 Uhr > Für die Karnevalisten in Köln ist er der höchste Feiertag, der Rosenmontag. Monatelang hat man in den Wagenhallen des Kölner Festkomitees auf diesen Tag hingearbeitet, Pappmachee angerührt, Draht zurecht gebogen, gepinselt und Persiflagewagen gebaut. 10.200 jecke Menschen werden in diesem Jahr durch Köln ziehen, Spaß verbreiten, Strüßjer gegen Bützjer tauschen und Kamelle werfen. Die Veranstalter sprechen von über einer Million Besucher am Straßenrand. Alles Wichtige rund um den Kölner Rosenmontagszug finden Sie hier bei report-k.de Seit 10:30 Uhr windet sich der jecke Lindwurm durch Köln. Den Startschuß gab Hans Süper, der bei Zugleiter Kuckelkorn auf dem Wagen mitfährt.

Die Zeiten der Zugspitze

Start des Zuges ist um 10:30 Uhr am Chlodwigplatz. Nach 35 Minuten hat die Zugspitze die Severinsstraße absolviert und biegt um 11:05 Uhr in die Löwengasse ein. Gegen 11:32 Uhr will man die Schildergasse erreicht haben und um 12:08 Uhr den Rudolfplatz queren. Die Integration der Ringe ist eine echte Innovation. 12:22 Uhr heißt es am Friesenplatz „Kamelle“ rufen und um 12:41 Uhr erreicht der Zug die Burgmauer und das Kölnische Stadtmuseum. Über die Brückenstraße geht es auf den Heumarkt der etwa gegen 13:15 Uhr erreicht wird, dann über den Alter Markt zu Am Hof. Am Dom zieht man gegen 13:36 Uhr vorbei. Die Zugspitze soll gegen 14:15 Uhr, also gut 3 Stunden und 45 Minuten später als man gestartet ist, das Ziel in der Mohrenstraße erreicht haben.

Promis im Rosenmontagszug

Der in dieser Session vielfach geehrte Hans Süper wird den Zugleiter Christoph Kuckelkorn begleiten. Auf dessen Wagen werfen Alice Schwarzer, Comediane Caroline Kebekus, Sönke Wortmann und Beachvolleyballer Jonas Reckermann Kamelle. Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters wird auf dem Wagen der Ehrengarde Platz nehmen. Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes begleitet die Große Allgemeine. Der Vorstand des 1. FC Köln mit Präsident Werner Spinner, Toni Schumacher und Markus Ritterbach, fährt gleich zweimal an den Jecken vorbei. Einmal in Pappmachee und einmal live auf dem Präsidentenwagen von Markus Ritterbach. Auf dessen Wagen auch Fordchef Bernhard Mattes und Finanzminister Dr. Norbert Walter Borjans. Der Vorstand des Festkomitees bevölkert den Wagen des Kölner Karnevalsmuseums. Vom Präsidentenwagen von Dieter Broicher der Nippeser Bürgerwehr der heute seinen Geburtstag feiert, wird der Schlagzeuger der Bläck Fööss Ralph Gusovius Kamelle auf die Jecken regnen lassen. Heinz Günther Hunold „Laachduv vun d´r Ülepooz“ erlebt gemeinsam mit Wolfgang Bosbach, CDU MdB, den Rosenmontagszug in Köln. Direkt vor der großen Gruppe der Roten Funken fahren die Höhner, die in diesem Jahr ihr 40-jähriges Bühnenjubiläum auf den Karnevalsbühnen mit einem besonderen Medley unter anderem „Ich bin ene Räuber“ oder dem Pizzalied gefeiert haben. Die Roten Funken werden über 70.000 fair gehandelte Strüßjer unters Volk bringen.

Fakten zum Kölner Rosenmontagszug

– Am Kölner Rosenmontagsumzug machen in diesem Jahr insgesamt 72 Gruppen sowie drei weitere Gruppen der Schull- und Veedelszöch und damit rund 10.200 Teilnehmer mit.
– Partnerland des Kölner Karnevals ist 2013 Brasilien.
– Das Motto lautet: „Fastelovend em Blot – he und am Zuckerhot“.
– Im Zug fahren 99 Fest- und Persiflagewagen, Kutschen und Prunkwagen, 87 Traktoren und 78 Bagagewagen mit. 800 Wagenbegleiter sorgen dafür, dass während des Zuges alles glatt läuft.
– Für die passende Musik sorgen in diesem Jahr 124 Musikkapellen.
– Geworfen werden rund 300 Tonnen Süßigkeiten, mehr als 700.000 Tafeln Schokolade und über 220.000 Schachteln Pralinen. Zudem können sich die Jecken auf mehr als 300.000 kleine Blumensträuße und Tausende Stoffpuppen freuen.
– Zum Bau der Wagen und Großfiguren wurden im vergangenen Jahr rund 4000 Meter Dachlatten, 15.750 Meter Bindedraht, 2000 Quadratmeter Maschendraht, 320 Quadratmeter Hartfaser-/Span- und Tischlerplatten, 1800 Kilogramm Nägel, Schrauben und sonstige Kleinteile, 1000 Kilogramm Farbe, rund 350 Kilogramm Papier sowie jede Menge Kleber, Schaumstoff und Styropor verwendet. Für 2013 sind diese Zahlen nach Veranstalterangaben vergleichbar.

Zur verkehrlichen Situation

Ab 7.30 Uhr sind in der linksrheinischen Innenstadt mehrere Quartiere nicht oder nur sehr eingeschränkt für den Individualverkehr erreichbar. Sowohl der Bereich östlich des Hohenzollernrings zwischen Magnusstraße/Burgmauer und Appellhofplatz sowie Mittelstraße und nördliche Umfahrung des Neumarktes kann während der Sperrzeiten ausschließlich über die Glockengasse und die Tunisstraße in südliche Richtung verlassen werden. Eine Zufahrt in den Bereich östlich der Tunisstraße zwischen der Straße An den Dominikanern im Norden und dem Bereich Alter Markt/Heumarkt bis zur Achse Gürzenich/ Quatermarkt/Obermarspforten und Brückenstraße wird ausschließlich für Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr und der Polizei möglich sein. Am besten nutzen alle Jecken, die den Zoch besuchen wollen, die öffentlichen Verkehrsmittel. Allerdings ist auch hier zu berücksichtigen, dass aufgrund des erhöhten Fahrgastaufkommens, es zu Verspätungen und Unregelmässigkeiten kommt.

Ruhiges Winterwetter am Rosenmontag 2013 in NRW

Die Narren und Jecken in Nordrhein-Westfalen sollten sich warm anziehen. Am Rosenmontag (11. Februar) werde kühles Winterwetter erwartet, sagte eine Meteorologin des Deutschen Wetterdienstes in Essen am Sonntag auf dapd-Anfrage.

Nach einer frostigen Nacht mit leichtem Schneefall in der Eifel und rund um Aachen steigen die Temperaturen am Tag zwar leicht auf zwei bis drei Grad. Ein mäßiger Wind aus südöstlicher Richtung lasse das Wetter jedoch kälter wirken, sagte die Meteorologin. Insgesamt zeigt sich der Rosenmontag im Westen eher wolkig, im Osten des Landes lockern die Wolken im Laufe des Tages etwas auf. Es bleibt trocken. Auch im weiteren Verlauf der Woche bleibt das Wetter winterlich mit frostigen Nächten und Tageswerten leicht über null Grad.

Neue Trickdiebinnenmasche: Anflirten, Antanzen und dann die Geldbörse ziehen

Die Kölner Polizei berichtet von mehreren Trickdiebstählen im jecken Geschehen auf dem Rudolfplatz und der Kölner Altstadt. Dabei versuchen die Täterinnen ihre Opfer anzuflirten, anzutanzen und rauben diese dann aus. Die Kölner Polizei berichtet von insgesamt vier Fällen, die sowohl auf der Straße, wie auch in Kneipen sich ereignet hatten. In einem Fall überführten Polizistinnen die Täterin, in allen anderen Fällen hatten die Opfer die Attacken selbst bemerkt und die Diebinnen der Polizei übergeben.

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Autor: ag, Kathrin Aldenhoff und Helena Baers, dapd
Foto: Prinz Ralf III auf dem Alter Markt