Köln |  Seit der Präsentation der Wagen des Rosenmontagszuges 2017 ist eine Diskussion um den „Musikwagen“ das Festkomitee Kölner Karneval, auf dem die Band „Kasalla“ und „One Republic“ durch den Zug fahren werden, entbrannt. Auf diesem Wagen sind Markenlogos und eine URL eines Angebotes der Telekom Deutschland angebracht. Die Telekom Deutschland ist Sponsor des Festkomitee Kölner Karneval. Das „T“-Logo der Telekom Deutschland befindet sich entlang des Zugweges auf den Transparenten, die die Tribünen schmücken.

Auf dem Musikwagen des Festkomitees befindet sich das Logo „Streetgigs“ und der Wagen ist in Teilen mit der geschützten Markenfarbe der Telekom – dem Magenta – gestaltet. Zudem befindet sich auf dem Wagen der Hinweis auf eine Webdomain „streetgigs.de“ und der Hinweis, dass dort ein Konzert am gleichen Abend ab 19:30 Uhr live übertragen wird.

Die Domain „streetgigs.de“ ist laut DENIC auf die Deutsche Telekom AG registriert. Ruft man die Webadresse auf, wird die URL umgeroutet auf „telekom-streetgigs.de“. Dort wird das auf dem Festwagen angebrachte Logo „Streetgigs“ ergänzt um das „T“ – also das Markenlogo der Telekom Deutschland. Das Impressum spricht auf der Website eine deutliche Sprache: Anbieter von „Streetgigs“ ist die Telekom Deutschland GmbH.

Auf der Website „telekom-streetgigs.de“ wird mit dem Event geworben und auch das Partnerlogo des Festkomitee Kölner Karneval eingeblendet. Dort steht „Kölle Alaaf – OneRepublic & Kasalla – 27.2.2017 – 19:30 Uhr –  Im 360 Grad Livestream –  Im Besten Netz“. Daneben sind zwei Bewertungslogos „Connect Testsieger“ und „Chip“ eingeblendet. „Im besten Netz“ ist der aktuelle Werbeclaim vieler Verkaufsaktionen der Telekom Deutschland. Auf der Website „telekom-streetgigs.de“ wirbt die Telekom Deutschland dann nicht nur mit dem „T“, sondern benennt im Werbevideo im Abspann korrekt den Absender mit „telekom-streetgigs.de“. Warum nicht auf dem Festwagen? Warum wird das Logo, wie es später auf der URL zu sehen sein wird, nicht Eins zu Eins auf dem Festwagen abgebildet?


Der Screenshot zeigt die Seite „telekom-streetgigs.de“ am 24.2.2017


Auf der Seite „telekom-streetgigs.de“ wird ein kommerzielles Angebot unter dem Reiter „Angebot“ vor allem an junge Menschen formuliert, wer auf „Mehr Infos“ klickt erreicht das Angebot der Telekom Deutschland.


Wer auf den Reiter „Mehr Infos“ auf der Website „telekom-streetgigs.de“ klickt, der kommt auf die Seite mit den entsprechenden Angeboten der Telekom Deutschland.

Wird hier Schleichwerbung betrieben? Keine einfache Frage, die nur Juristen wirklich beurteilen könnten, vor allem weil in diesem Fall das Telekommunikationsunternehmen zunächst vor allem eines betreibt: Imagewerbung. Also Marketing für das Unternehmen und seine Produkte, die ein positives Bild vermitteln sollen. Aber auf „telekom-Streetgigs.de“ gibt es auch eine Rubrik „Angebot“ und dort wird das Angebot „Dein Style-Freestyle – Mit den neuen Friends-Tarifen für junge Leute bis 25 und Stundenten (Rechtschreibfehler der Telekom) bis 29 Jahre gibt es Doppeltes Datenvolumen oder 50 % Rabatt auf ein Smartphone + 10 % Online-Vorteil bei Neuvertrag“. Wer dann auf  „Mehr Infos“ klickt landet auf den Tarifen der Telekom Deutschland mit dem Angebot „Online Aktionspreis bis 31.3.“

In einem Rechtsstaat wie Deutschland gibt es ein Gesetz, das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) und ja, Schleichwerbung ist verboten. Aber wie gesagt: Ist es Schleichwerbung?

[infobox]Unter § 5a des UWG „Irreführung durch Unterlassen“ sagt das Gesetz:

Absatz 1:  Bei der Beurteilung, ob das Verschweigen einer Tatsache irreführend ist, sind insbesondere deren Bedeutung für die geschäftliche Entscheidung nach der Verkehrsauffassung sowie die Eignung des Verschweigens zur Beeinflussung der Entscheidung zu berücksichtigen.

Absatz 2: Unlauter handelt, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält,
1. die der Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und
2. deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Als Vorenthalten gilt auch
1. das Verheimlichen wesentlicher Informationen,
2. die Bereitstellung wesentlicher Informationen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise,
3. die nicht rechtzeitige Bereitstellung wesentlicher Informationen.
… …
In weiteren Punkten des § 5a heißt es:

Absatz 4: Als wesentlich im Sinne des Absatzes 2 gelten auch Informationen, die dem Verbraucher auf Grund unionsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen.

Absatz 5: Bei der Beurteilung, ob Informationen vorenthalten wurden, sind zu berücksichtigen:
1. räumliche oder zeitliche Beschränkungen durch das für die geschäftliche Handlung gewählte Kommunikationsmittel sowie
2. alle Maßnahmen des Unternehmers, um dem Verbraucher die Informationen auf andere Weise als durch das Kommunikationsmittel nach Nummer 1 zur Verfügung zu stellen.

Absatz 6: Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

[/infobox]

Wie schon angemerkt, müssen sicherlich Juristen klären, ob hier eine unlautere Handlung vorliegt. Nichtsdestotrotz bleibt es eine Irritation, dass auf dem Festwagen zwar das Logo „Streetgigs“ in identischer Form, wie es später auf der Website mit Telekom-Logo verwendet wird, ohne den Anbieter dargestellt wird. Denn hinter „Streetgigs“ steht das kommerzielle Unternehmen Telekom mit seinem klar definierten kommerziellen Angebot. Drei Klicks vom Festwagen entfernt.

Das Festkomitee Kölner Karneval, das auch im Namen der Telekom Deutschland in diesem Fall spricht, so Sigrid Krebs, die Sprecherin des FK, sieht den Fall so: „Im Rahmen der Partnerschaft mit der Telekom hat das Festkomitee Kölner Karneval bereits im letzten Jahr ein neues Wagenkonzept mit einem Kanzelwagen inklusive einer bespielbaren Bühne im Rosenmontagszug entwickelt. Im Kölner Rosenmontagszug 2016 hat hier die Band Brings live auf dem Musikwagen gespielt. In diesem Jahr wird die Band Kasalla auf diesem Wagen live im Zug spielen. Mit diesem Mix aus Livebands und Kapellen bieten wir den Zuschauern des Kölner Rosenmontagzuges mehr musikalische Vielfalt, die positiven Reaktionen bestätigen uns das. 

Für alle Fans, die Kasalla nicht im Kölner Rosenmontagszug erleben können, bietet die auf dem Wagen angegebene Homepage die Möglichkeit, kostenlos zuhause oder unterwegs Ausschnitte des Konzertes zeitversetzt zu erleben. Den Tatbestand des §5a UWG sehen wir dadurch nicht gegeben. An dem Wagen ist kein Logo unseres Partners Telekom angebracht, lediglich die Website zur Information des Kanals, in dem Interessierte das Angebot sehen können.“

Aber ist nicht gerade die fehlende Anbieterkennung ein Manko? Die Telekom hat die Halle des Karnevalsmuseums für das Konzert angemietet, also eine private Veranstaltung der Telekom Deutschland. Dazu schreibt das Festkomitee: „Die Nutzung der Museumshalle ist kostenpflichtig, die Grundmiete beträgt 1.950 EUR zzgl. MwSt. pro Tag. Hinzu kommen die weiteren üblichen Kosten zur Durchführung einer Veranstaltung. Für die Abendveranstaltung am 27.02.2017 wurde die Veranstaltungshalle regulär angemietet.“

Report-K fragte auch an, wer den Wagen, auf dem das Logo „Streetgigs“ angebracht ist, finanziert hat. Dazu schreibt das Festkomitee: „Zur detaillierten Finanzierung einzelner Wagen nehmen wir keine Stellung – nur so viel: Die Musikwagen im Kölner Rosenmontagszug sind bereits seit einigen Jahren im Einsatz und ebenso mit Unterstützung von Partnern – mit dem Fokus auf eine mehrjährige Nutzung – gebaut worden. Kasalla fährt auf einem solchen Wagen bereits zum zweiten Mal mit. Weitere Gäste auf dem Wagen sind die Musiker der Band One Republic, die am Abend ein Konzert im Kölner Karnevalsmuseum geben. Die Chance der Mitfahrt im Rosenmontagszug ermöglichen wir gerne, wenn solche internationalen Gäste in der Stadt sind.“

Festkomitee: Das Angebot von Streetgigs ist nicht kommerziell

25.2.2017, 12:40 Uhr > Der WDR hat sich mittlerweile zu dem Thema auf Nachfrage von report-K geäußert. Hier das Statement des Senders: „Sollte der Musikwagen tatsächlich ein erkennbares Markenlogo des Sponsors Telekom aufweisen, wird der WDR dies bei der Übertragung des Rosenmontagszugs im Ersten und im WDR Fernsehen nicht im Bild zeigen.“ Auch das Festkomitee Kölner Karneval äußerte sich noch einmal: „Auf dem Musikwagen ist lediglich der Kanal Street Gigs und die dazugehörige Domain angegeben, auf dem die Musik von Kasalla bei der Mitfahrt im Kölner Rosenmontagszug zeitversetzt, und das abendliche Konzert von One Republic live zu sehen sein wird. Das Angebot ist nicht kommerziell, sondern steht jedem Nutzer unbeschränkt und kostenfrei zur Verfügung. Darum hat unser Medienpartner WDR dem Konzept vollumfänglich zugestimmt.“ Wer Karten für das Konzert im Karnevalsmuseum haben wollte bekam diese kostenfrei, allerdings nur über die Website „telekom-streetgigs.de“, also dem Angebot der Telekom Deutschland GmbH.“

Autor: Andi Goral
Foto: Das Kölner Onlineportal „Express“ berichtete am 22. Februar 2017 über den „Musikwagen des Festkomitees“ und zeigte Fotos von Simon Küpper, die das Logo und die Gestaltung des Wagens zeigen. (Links im Bild) Rechts ein Screenshot der Website „telekom-streetgigs.de“ die von der auf dem Festwagen verlinkten Seite „streetgigs.de“ zu sehen ist. Auf dem Festwagen fehlt das Markenlogo „T“ der Telekom Deutschland.