Berlin | Bundeskanzlerin Angela Merkel hat nach der Abgeordnetenhauswahl in Berlin Fehler in der Flüchtlingspolitik eingeräumt. Es sei „weiß Gott nicht alles richtig gemacht“ worden, sagte Merkel am Montag in Berlin. So habe man zu lange gewartet, bis man sich der Flüchtlingsfrage gestellt habe.

Auch bei der Integration habe es Versäumnisse gegeben. „Die Wiederholung der Situation will niemand, auch ich nicht“, so die Bundeskanzlerin. An ihrem Satz „Wir schaffen das“ halte sie jedoch fest – auch wenn sie ihn nicht mehr gerne benutze, da er zu einer Art „Leerformel“ geworden sei.

Er sei jedoch „anspornend“ und „dezidiert anerkennend“ gemeint gewesen, so Merkel. Das Ergebnis der Wahl in Berlin bezeichnete sie als „unbefriedigend und enttäuschend“. Sie übernehme den „Teil der Verantwortung, der bei mir liegt“, erklärte Merkel.

Die CDU hatte bei der Wahl in Berlin 17,6 Prozent der Stimmen erhalten. Die SPD wurde mit nur 21,6 Prozent stärkste Kraft. Damit reicht es nicht mehr für Rot-Schwarz, sondern nur noch für ein Dreier-Bündnis.

Die Grünen kamen auf 15,2 Prozent, die Linke auf 15,6 Prozent. Die AfD erreichte aus dem Stand 14,2 Prozent, die FDP schafft mit 6,7 Prozent wieder den Einzug ins Regionalparlament der Bundeshauptstadt.

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Seehofer ruft Union zu entschlossenem Handeln auf

Einen Tag nach den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus ruft CSU-Chef Horst Seehofer die Union zum entschlossenen Handeln auf: „Es wird höchste Zeit, dass wir Gemeinsamkeiten finden, um in der Bundestagswahl zu bestehen“, sagte Seehofer der „Süddeutschen Zeitung“. „So schwierig war die Situation für die Union noch nie.“ Es bestehe ein „dringender Bedarf, in den kommenden Wochen die inhaltlichen Differenzen zu überwinden“.

Als Zeitpunkt dafür nannte Seehofer spätestens Mitte Oktober. Anfang November hält die CSU in München ihren Parteitag ab. Bis dahin müssen sich CDU und CSU aus Seehofers Sicht auf eine gemeinsame Linie verständigt haben und diese auch kommunizieren können.

Bislang hat CDU-Chefin Angela Merkel noch keine Einladung zum CSU-Parteitag erhalten. Allerdings wird diese grundsätzlich erst Mitte Oktober ausgesprochen. Seehofer hatte zuletzt gesagt, ein Besuch der Kanzlerin ergebe nur Sinn, wenn sich CDU und CSU in den zentralen Fragen verständigt hätten.

Anders als noch vor zwei Wochen nach der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern zeigte sich Seehofer am Montag bemüht, den Streit mit der CDU kitten zu wollen. Damals hatte er Merkel mit den Worten angegriffen, die Menschen wollten „diese Berliner Politik nicht“. Nun sagte er, die Union müsse die Menschen durch Zukunftsvisionen überzeugen und die bei der Unionsklausur in Potsdam vereinbarten Beschlüsse vorantreiben.

„Wir haben ein dickes Problem“, sagte Seehofer. Dies sei nicht nur in der Flüchtlingspolitik begründet, sondern auch in der Sachpolitik: Die Union müsse zur inneren Sicherheit, zur Steuer-, Renten- und Wirtschaftspolitik sowie zu Europa Antworten liefern. Vorwürfe, die CSU sei durch den Streit mit der CDU für das schlechte Abschneiden bei den vergangenen Wahlen verantwortlich, wies Seehofer zurück. Vielmehr müssten die eigentlichen Probleme gelöst werden. Die fünf „desaströsen Wahlen“ für die CDU seien „nicht mit oberflächlichen Schuldzuweisungen nach Bayern zu erklären“. Vor den Wahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern hatte die CDU bereits in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt massive Verluste erlitten. Die beiden Schwesterparteien hätten noch etwa drei Wochen Zeit, den „gordischen Knoten“ zu durchschlagen, sagte Seehofer. Für die Union gehe es jetzt darum, wie in Potsdam vereinbart eine inhaltliche Plattform zu finden – und „nicht einen faulen Formelkompromiss“.

Autor: dts