Bonn | Kuriose Geldquelle im Sperrbezirk: Der Sexsteuerautomat für Prostituierte auf dem Bonner Straßenstrich hat der Stadt im ersten Jahr rund 35.200 Euro in die Kasse gespült. Das sagte eine Stadtsprecherin der Nachrichtenagentur dapd. Seit August 2011 müssen die Straßenhuren in Bonn für sechs Euro pro Nacht an einem umgerüsteten Parkscheinautomaten ein Ticket ziehen. In den ersten zwölf Monaten druckte das Gerät rund 5.870 Steuerbons.

Kritik kommt von der Prostituierten-Interessenvertretung Bufas. Sie warnt vor einer Überbelastung für Straßenhuren. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) spricht von einer „richtigen Entscheidung“. Die Automaten-Idee gilt als Innovation und hatte im vergangenen Jahr bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. „Die Stadt Bonn ist weiterhin die erste und einzige Stadt mit einem Sexsteuerautomaten“, bestätigte der Stellvertretende DStGB-Hauptgeschäftsführer, Uwe Zimmermann. Zwar erhebt die frühere Bundeshauptstadt bereits seit Anfang 2011 eine Sexsteuer. Doch war es bislang schwierig, die Prostituierten auf dem Straßenstrich zu belangen. In Bordells und Saunaclubs wird die Abgabe automatisch eingezogen.

Der Automat war am 29. August 2011 in Betrieb gegangen. Seitdem machen auf dem Straßenstrich Kontrolleure die Runde, Prostituierte müssen ein Ticket vorzeigen, das pro Nacht von 20.15 Uhr bis 06.00 Uhr gilt. Abos gibt es nicht. Für das „Geschäft“ fahren die Straßenhuren mit ihren Freiern auf ein anliegendes „Verrichtungsgelände“. „Das Angebot Verrichtungsboxen wird angenommen, aus den umliegenden Wohngebieten kommen keine Beschwerden mehr“, sagte Stadtsprecherin Elke Palm.

Mehrere Bußgelder

Einige der Straßenhuren wurden ohne Ticket erwischt. Im ersten Jahr seien sieben Bußgelder und rund 20 Verwarngelder festgesetzt worden, sagte Palm. „Auseinandersetzungen mit Mitarbeitern des Stadtordnungsdienstes sowie des Kassen- und Steueramtes gab es nicht.“ Im Durchschnitt würden sich jede Nacht rund 15 Prostituierte auf dem Straßenstrich anbieten.

Das Bündnis der Fachberatungsstellen für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter (Bufas) lehnt den umgemodelten Ticketautomaten strikt ab. „Es ist ein Vergnügen für Kunden. Warum werfen die kein Geld ein?“, sagte Bufas-Vorstand Mechthild Eickel. Prostituierte würden genügend Abgaben, darunter die übliche Einkommenssteuer, zahlen. Die Sexsteuer würde die Betroffenen zusätzlich belasten. „Der Automat ist lediglich ein technisches Mittel, um die Sexsteuer einzukassieren“, kritisierte Eickel. „Niemand weiß, was mit dem Geld passiert.“

Der Stellvertretende DStGB-Hauptgeschäftsführer Zimmermann sagte: „Der Automat ist für die Stadt Bonn die richtige Entscheidung.“ Die Prostituierten würden mit ihrem Geschäft Geld verdienen und wären deshalb auch die richtigen, die belangt werden müssten. Im Gegenzug habe die Stadt einiges für die Hygiene und Sicherheit der Frauen getan. Insgesamt brachte die Bonner Sexsteuer – also mit den Einnahmen aus Bordells, Saunaclubs und Erotikcentern – der Stadt bis Ende Juni rund 470.000 Euro ein. Die Steuereinnahmen sind nicht zweckgebunden und fließen in den allgemeinen Haushalt.

Autor: Fabian Wahl/ dapd | Foto: Fotolia
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