Wolfsburg | aktualisiert | Auf dem SPD-Parteikonvent in Wolfsburg haben die Delegierten für den Leitantrag „Globaler Handel braucht fortschrittliche Regeln“ des SPD-Parteivorstands zum Freihandelsabkommen zwischen Europa und Kanada (Ceta) gestimmt. Mindestens zwei Drittel der Delegierten hätten auf dem Konvent für Ceta gestimmt, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel in einer ersten Stellungnahme in Wolfsburg. Vorausgegangen war ein monatelanger Streit um das umstrittene Freihandelsabkommen.

Vor allem die SPD-Linke hatte sich gegen Ceta ausgesprochen. Im Fall eines negativen Votums wäre wohl auch Gabriels Position als Parteivorsitzender in Frage gestellt worden. Den Leitantrag hatte der SPD-Parteivorstand am 5. September mit einer Gegenstimme beschlossen. Am Samstag hatten in sieben Großstädten Zehntausende gegen die Freihandelsabkommen Ceta und TTIP demonstriert.

BDI-Chef Grillo begrüßt Ceta-Entscheidung der SPD

Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo, hat die Zustimmung der SPD-Parteikonvents zum Freihandelsabkommen Ceta begrüßt und die Sozialdemokraten für diese Entscheidung gelobt. „Die SPD sendet mit ihrer Zustimmung für Ceta ein wichtiges Signal für die Bedeutung von Freihandel“, sagte Grillo der „Rheinischen Post“ (Dienstagausgabe). „Sie bekräftigt damit den Gestaltungsanspruch Europas für eine bessere und faire Globalisierung, von der die Menschen in Deutschland mit am meisten profitieren dürften.“

Abkommen wie Ceta würden deutschen Unternehmen neue Chancen eröffnen, Arbeitsplätze zu sichern und europäische Werte und Standards im Welthandel zu stärken. „Die Bundesregierung sollte sich nun für eine schnelle Ratifizierung und das vorläufige Inkrafttreten des Abkommens einsetzen“, so der BDI-Chef.

Grüne kritisieren Entscheidung des SPD-Konvents

Zur Entscheidung des SPD-Konvents, dem Leitantrag des SPD-Parteivorstands zu CETA mehrheitlich zuzustimmen erklärt Katharina Dröge, Sprecherin für Wettbewerbspolitik: Sigmar Gabriel und die SPD haben heute eine grundfalsche Entscheidung getroffen. Sie haben CETA zugestimmt – und damit einer Politik, die von Millionen von Menschen in Europa abgelehnt wird und die erst am Wochenende wieder einmal Hunderttausende auf die Straßen getrieben hat. Mit dieser Entscheidung macht sich die SPD völlig unglaubwürdig. Denn CETA ignoriert viele der roten Linien, die die Partei für die Bewertung von CETA gezogen hatte.

Dass die SPD heute Ja zu CETA gesagt hat, versucht sie mit allerlei Ankündigungen zu vertuschen. Die Forderungen im Leitantrag der SPD sind aber leere Versprechen. Denn für fast alle diese Punkte müsste CETA nachverhandelt werden. Protokollerklärungen wären hier rechtlich vollkommen unzureichend und würden ins Leere laufen. Kanada und die EU-Kommission haben Nachverhandlungen aber klar abgelehnt. Gabriels Behauptungen sind somit unseriös, der Wirtschaftsminister führt seine eigene Partei und die Menschen in die Irre.
 
Mit ihrer Entscheidung haben sich Gabriel und die SPD auf die Seite derjenigen gestellt, die sich für Klageprivilegien für Konzerne einsetzen. Sie nehmen in Kauf, dass das europäische Vorsorgeprinzip untergraben wird. Und sie lassen zu, dass Kommunen und ihre Daseinsvorsorge in große Rechtsunsicherheit gestoßen werden und einem dauerhaften Privatisierungsdruck ausgesetzt sind.

Der CETA-Vertrag mit allen seinen Mängeln liegt vor. CETA ist ein gefährliches Abkommen. Einzelne Protokollerklärungen ändern nichts daran, dass CETA für eine Politik steht, die hart erkämpfte Standards bedroht und Konzernen Klageprivilegien schenkt. Was die SPD hier als vermeintlichen Fortschritt verkauft, wäre in Wahrheit ein großer Sieg für Konzerne und eine Niederlage für die Menschen in Europa und Kanada.

DIHK-Chef Schweitzer begrüßt SPD-Votum für Ceta

DIHK-Chef Eric Schweitzer hat begrüßt, dass SPD-Chef Sigmar Gabriel ein grundsätzliches Nein seiner Partei gegen das geplante Freihandelsabkommen Ceta auf dem Konvent in Wolfsburg abwenden konnte. „Ceta ist für die exportstarken deutschen Unternehmen besonders in Zeiten der schwächelnden Weltwirtschaft und eines stagnierenden Welthandels wichtig“, sagte Schweitzer der „Rheinischen Post“ (Dienstagsausgabe). „Denn auch wenn es unserer Wirtschaft auf den ersten Blick so gut geht wie selten, steht die Weltwirtschaft auf wackeligen Füßen“, sagte Schweitzer.

Ceta biete Chancen, die Wettbewerbsfähigkeit und den Wohlstand Europas zu sichern sowie die Regeln des Welthandels mitzugestalten, anstatt anderen Playern der Weltwirtschaft dieses Feld zu überlassen. „Durch eine rasche vorläufige Inkraftsetzung könnte die Wirtschaft die Marktchancen schnell nutzen“, erklärte Schweitzer. In der IHK-Organisation „wird intensiv und auch kritisch über Ceta diskutiert“, sagte er.

„Auch für den DIHK steht dabei fest, dass europäische Schutzniveaus erhalten bleiben müssen. Das Abkommen zwischen der EU und Kanada bietet für die deutsche Wirtschaft Vorteile durch einfachere und effizientere Regelungen im Waren- und Dienstleistungsverkehr. Auch kleine und mittelständische Unternehmen würden vom leichteren Zugang zum kanadischen Markt profitieren.“

Autor: dts
Foto: Tausende hatten am Wochenende gegen CETA und TTIP demonstriert.