Das Schulgelände der Heinrich Böll Gesamtschule in Köln Chorweiler am 18. Januar 2023. | Foto: Bopp

Köln | Die Turnhalle der Heinrich Böll Gesamtschule in Köln-Chorweiler ist gesperrt. Der Grund: Einsturzgefahr. Die Schulpflegschaft vor Ort kritisiert dies und spricht davon, dass seit 10 Monaten 1.600 Schüler:innen keinen Sport mehr machen könnten. Die Kölner SPD nimmt diese Kritik auf, stellte bereits eine Anfrage im Schulausschuss. Report-K fragte bei der Stadt Köln nach.

Kritik aus der Schulpflegschaft

Die großen Turnhallen an der Heinrich Böll Gesamtschule in Köln-Chorweiler können derzeit nicht für den Schulsport und den Vereinssport genutzt werden. Für den Kölner Norden eine deutliche Einschränkung. Die Eltern fragen sich, warum die städtische Verwaltung nicht mit Hochdruck an einer Lösung arbeiten lassen. Also das Hallendach wieder instand setzt und so wieder Sport an der Heinrich Böll Gesamtschule ermöglicht. Die Eltern wollen verbindlich wissen, wann es wieder Schulsport in Chorweiler gibt. Verständlich. Sie kritisieren, dass die Stadtverwaltung sich dazu nicht äußere. Die Schulpflegschaft habe einen „Hilfe-Ruf“ an Oberbürgermeisterin Henriette Reker gesandt, der nicht beantwortet worden sei. Bei einem Gespräch am 7. Dezember 2022 mit dem Amt für Schulentwicklung habe es keine neuen Informationen gegeben wird bemängelt. Die Schulpflegschaft sagt, dass ein weiteres Jahr ohne Sportunterricht nicht tragbar sei.

Die Kölner SPD mit deutlicher Meinung

Der schulpolitische Sprecher der SPD-Ratsfraktion und Vorsitzende des Sportausschusses und zwei Kölner Landtagsabgeordnete beziehen Stellung.

Oliver Seeck, schulpolitischer Sprecher der SPD-Ratsfraktion und Sportausschuss-Vorsitzender im Rat: „Während Corona sind viele Sportangebote für Kinder und Jugendliche unter den Tisch gefallen – ganz zu schweigen von der Zeit der Schulschließungen. Kinder, die eh schon wenig Bewegung hatten, sind heute umso mehr auf die Angebote in den Schulen und den Vereinen angewiesen. Umso bitterer ist die Entwicklung an der Gesamtschule in Chorweiler. Um Handlungsdruck bei der Stadt zu erzeugen, haben wir bereits vergangenes Jahr im Schulausschuss eine Anfrage gestellt. Bislang jedoch leider ohne Ergebnisse. Das zeigt wieder einmal: Schulbau und hier dann insbesondere auch der Bau und die Pflege, wie Erhalt der schulischen Sportstätten hat wenig Priorität in dieser Stadt – besonders verheerend für eine Schule mit Sportprofil wie die Heinrich-Böll-Gesamtschule.“

Lena Teschlade, Kölner Landtagsabgeordnete für den Wahlkreis Chorweiler und sozialpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion: „Die Situation an der Heinrich-Böll-Gesamtschule ist eine Zumutung für die Menschen im Kölner Norden und ein weiteres trauriges Beispiel für die Benachteiligung, die sie von der Stadtspitze erfahren. Für die Kinder und Jugendlichen, die die Schule jetzt besuchen und durch die Pandemie viele Einschränkungen hinnehmen mussten, muss es dringend eine kurzfristige Lösung geben, damit der Sportunterricht wieder regelmäßig stattfinden kann. Parallel muss die Stadt tätig werden, um eine langfristige Lösung nach gründlicher Prüfung der Gegebenheiten zu finden. Wenn die Schülerinnen und Schüler der Heinrich-Böll-Gesamtschule nicht an regelmäßigem Sportunterricht teilnehmen können, werden sie gegenüber anderen Kindern und Jugendlichen benachteiligt. So erreichen wir keine Chancengerechtigkeit und schon gar nicht soziale Gerechtigkeit. Nicht nur für Schülerinnen und Schüler, sondern auch für Vereine, die die Sporthallen im Kölner Norden nutzen, wird es immer schwieriger Raum für ihre Aktivitäten zu finden. Während es noch nachvollziehbar ist, dass Turnhallen kurzfristig zur Unterbringung Geflüchteter genutzt werden, ist den Vereinen nicht vermittelbar, dass dann auch noch immer mehr Hallen wegen Baufälligkeit wegfallen. Sportvereine sind wichtiger Bestandteil des sozialen und sportlichen Lebens in der Stadt und dürfen von der Stadtverwaltung nicht weiter nachrangig behandelt werden.“

Jochen Ott, Kölner Landtagsabgeordneter und stellvertretender Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion für den Bereich Bildung: „Wir wollen Kinder und Jugendliche für den Teamgeist und den fairen Wettbewerb begeistern. Das ist gerade im Sport möglich. Leider jedoch nur, wenn sie in ihrem näheren Umfeld – dazu bietet sich die Schule an – die Angebote dazu erhalten. Es ist ein Unding, dass nun seit fast einem Jahr ein Großteil des Sportunterrichts an der Gesamtschule ausfällt. Durch das besondere Profil der Heinrich-Böll-Gesamtschule ist es umso tragischer. Leider ist die Situation in Chorweiler aber nur eines von vielen vergleichbaren Beispielen in der Stadt Köln. Nur in wenigen Schulen findet überhaupt ein regulärer Sportunterricht statt, vom Schwimmunterricht ganz zu schweigen. Ich erwarte, dass die Stadtverwaltung in Köln ihrer Verantwortung gerecht wird und wie es der zuständige Dezernent seit Langem predigt, den Schulbau endlich zur vorrangigen Aufgabe der Stadt macht.“

Das sagt die Stadtverwaltung

Report-K hakte bei der Kölner Stadtverwaltung nach. Jetzt liegt die Antwort vor: Die Schule sei über den Sachstand informiert, so die Stadtverwaltung. Zudem gebe es Alternativen an anderen Standorten, so dass von 140 Unterrichtseinheiten 40 stattfinden könnten. Die Gebäudewirtschaft prüfe derzeit diverse weitere Alternativen.

Eine statische Untersuchung habe ergeben, dass keine unmittelbare Einsturzgefahr mehr bestehe. Zusätzliche Dachlasten aus Starkregen und Schnee schränkten allerdings die Sicherheitsreserven des Tragwerks der Turnhalle der Heinrich Böll Gesamtschule weiter ein. Zwischenzeitlich seien mehrere Tonnen Ablagerungen, Kies und Moos entfernt worden. Zudem werde das Hallendach alle zwei Wochen durch einen Dachdecker überprüft. Da die Betreiberverantwortung nicht delegiert werden könne, müssten die Sporthallen jedoch weiterhin gesperrt bleiben, so die Stadtverwaltung.

Die Stadtverwaltung zu Alternativen: „Seit Sperrung der Halle wurden und werden alle möglichen Alternativen durch die Stadt Köln geprüft, beispielsweise provisorische Nutzung, Notdach, Traglufthallen, ob und  gegebenenfalls an welchem Standort ein Neubau möglich ist. Die Prüfung ist nicht abgeschlossen. Ergebnisse und damit auch Baubeginn und Dauer können erst nach Abschluss der Prüfung und verwaltungsinterner Abstimmung entschieden sowie mitgeteilt werden. Als mittelfristige Lösungsansätze wird allem voran nun überprüft, wie eine Realisierung von Interimshallen in Form von Traglufthallen ermöglicht werden kann. Als langfristige Lösung besteht weiterhin der Bedarf am Neubau der benötigten Sporthallen.“

Diese Standorte nennt die Stadtverwaltung für die Nutzung der 40 Sporteinheiten:

• Turnhalle GGS Merianstr. 7-9
• Turnhalle HS Gustav-Heinemann-Str
• Halle des Tennisverein (auch nutzbar für andere Sportarten als Tennis)
• Eislaufen im Lentpark
• Chorweiler Bad (Schwimmunterricht, zusätzliche Schwimmzeiten konnten bereitgestellt werden)
• Canyon-Halle (Anmietung Kletterhalle)
• Außensportmöglichkeiten im direkten Umfeld zur Schule
• freie Räumlichkeiten in der Schule selbst (etwa das pädagogische Zentrum für Tischtennis)

ag, mk