Köln | Die Stadt Köln hat sich mit der Verhandlungsgruppe des Autonomen Zentrums geeinigt. Das Autonome Zentrum wird die ehemalige Kantine an der Wiersbergstraße bis Dienstag räumen und bekommt dafür unentgeltlich das Gebäude des ehemaligen Institut für Lebensmittel- und Umweltuntersuchungen am Eifelwall 7 bis Dezember 2014 zur Verfügung gestellt. Anschließend kann das Autonome Zentrum in die Luxemburger Straße 93 umziehen, das ehemalige Kanalbauamt, wenn das Bauaufsichtsamt keine Einwände hat und dieses Gebäude bis Ende 2018 nutzen. Der Hauptausschuss wurde heute, die Anwohner sollen in den nächsten Tagen informiert werden.

Fotostrecke: Am Eifelwall und der Luxemburger Straße – dem neuen Standort des Autonomen Zentrums >

Ein junger Mann mit einem Fahrrad inspizierte heute Abend schon das Gelände und prompt näherte sich ein Sicherheitsbeamter. Die neue Lokation des Autonomen Zentrums am Rande der Südstadt soll am Eifelwall liegen, sogar mit naher U-Bahnstation. Die Graffitis an den alten ramponierten Wänden, die das Gelände umschließen und oben mit Stacheldraht gesichert sind, sind allesamt verblasst. Am Gebäude Luxemburger Straße 93, dass fest eingemauert und mehrfach gesichert ist, warnt ein Schild, dass Diensthunde im Einsatz sind. Hinter einem Tor aus Gitterstäben und feinmaschigem Draht sind von einem alten Grafitti die Buchstaben „AZ“ zu sehen. Es scheint eine frühe Vision scheint jetzt Realität zu werden.

Das will die Stadt

Stadtdirektor Guido Kahlen, der im Februar in den Ruhestand geht, hat die Absichtserklärung gegenüber dem AZ abgegeben und erläuterte der Politik ausführlich die Rahmenbedingungen. Die Kölner Kommunalpolitik wurde in die Entscheidung nicht eingebunden, sondern nur informiert. Kahlen begründet dies damit, dass beide Immobilien nicht mehr nutzbar seien und es daher möglich sei einen Überlassungsvertrag zu schließen. Die Stadt werde dadurch nicht belastet und damit gebe es auch keinen Konflikt mit der Gemeindeordnung, so der Stadtdirektor. Ein Vertrag mit dem in Gründung befindlichen Verein „Kultur in Kalk e.V. i.Gr.“ soll bis Ende November unter Dach und Fach sein.

So soll es am Eifelwall weitergehen

Abgerissen werden der Eifelwall 5 und 3. Dabei handelt es sich um das Freigelände KeTaN Tepel und die Ateliers. Dort soll die Logistik für die Baustelle des Neubaus des Historischen Archivs untergebracht werden. Das Gebäude Eifelwall 7 soll bis Ende 2014 dem Autonomen Zentrum zur Verfügung stehen. Bis Frühjahr 2014 sind dort auch noch zwei Labore eines Berufskollegs untergbracht. Im zweiten Quartal soll der Neubau des Historischen Archivs beginnen, der Erdaushub Mitte 2015. Das Autonome Zentrum kann dann in die Luxemburger Straße 93 umziehen, wenn das Gebäude des ehemaligen Kanalbauamtes, das seit Jahren leer steht, von der Bauaufsicht freigegeben wird. Allerdings muss das Zentrum die Kosten für die Inbetriebnahme selbst übernehmen. Derzeit sind dort Eingang und Fenster zugemauert im Erdgeschoss. Den Eifelwall kann man sofort nutzen, da man dort erst im letzten Winter eine Notschlafstelle für Obdachlose betrieben habe. An der Luxemburger Straße 93 ist die Stadt in Verhandlungen mit dem Insolvenzverwalter der ehemaligen Holzhandlung Thies um das Grundstück zu kaufen. Die Stadt will es in niedergelegtem Zustand übergeben haben. Dort soll der Grünzug als Vollendung des inneren Grüngürtels von der Universität bis zum Volksgarten weitergeführt werden. Die Anlage des Grünzuges wird nicht vor 2019 möglich sein, so Kahlen und daher könne das Autonome Zentrum das Gebäude bis 2018 nutzen.

Das sagen die Politiker

Susanna dos Santos Hermann von der SPD machte deutlich, dass sie vor vier Wochen nicht an eine friedliche Lösung geglaubt habe, aber nachdem die Bedingungen die die Politik gestellt hatte, erfüllt worden seien, haben die Verhandlungen an Dynamik gewonnen. Bei friedlicher Beendigung in Kalk gebe es Perspektiven für das AZ und es sei ein gutes Zeichen, dass ein Autonomes Zentrum in Köln funktionieren könne. Die Entwicklung sei ein guter Schritt für die Stadt und eröffne in Kalk neue Chancen für Bildung und Arbeit.

Carsten Möhring von der CDU kritisierte das die Stadt Verträge eingehe mit Menschen die zuvor rechtsbrüchig geworden seien und bezweifelt, dass dies im zweiten Anlauf besser werde. Möhring merkte an, wie eng das Timing für den Neubau des Historischen Archivs sei und dass dieses keine Störungen von außen vertrage. Möhring bezweifelte stark, dass nach den bisherigen Erfahrungen, diese Timings die Gruppe interessieren werden und vor allem dass Sie das Gebäude an der Luxemburger Straße 93 für einen Grünzug räumen werden, wenn man in Kalk schon nicht bereit war die ehemalige KHD Kantine für einen Schulneubau zu verlassen. Es gebe ein hohes Risiko, dass die Stadt Köln mit diesen Verträgen Schiffbruch erleiden könne.

Barbara Moritz von den Grünen appellierte an die AZ Aktivisten ein Vorbild für Zwischennutzungen zu sein und die Verträge einzuhalten. Denn die Grüne aus der Südstadt zeigte sich nicht vollends glücklich mit der Standortwahl, auch weil das Archiv zügig neu gebaut werden müsse, da die Kosten für die Stadt sonst noch höher würden. Das es allerdings in einer Stadt wir Köln auch Platz für Kulturnischenprojekte wie das Autonome Zentrum geben müsse, begrüßte Moritz.

Ralph Sterck von der FDP warf den Mitgliedern des Autonomen Zentrums vor durch ihre Vertragsuntreue unglaubwürdig zu sein. Wenn die Verwaltung mit ihrem Vorschlag keinen Erfolg haben wird, sieht Sterck allerdings eine große Hypothek und eine Gefährdung des Neubaus des Historischen Archivs. Dass das Gebäude Luxemburger Straße 93 noch nicht abgerissen sei, nannten Sterck allerdings einen Skandal und er wette darauf, dass dieses Gebäude am 31.12.2018 noch nicht vom AZ geräumt sei. Guido Kahlen hielt dagegen. Zudem stellte Sterck fest, dass es nach Auffassung der FDP kein Geschäft der laufenden Verwaltung sei, sondern eine politischen Dimension habe, die von der aktuellen rot-grünen Ratsmehrheit gedeckt sei.

Jörg Frank von den Grünen sprach von einem Lernprozess, den beide Seiten erfolgreich durchschritten hätten. Man habe jenseits von Formalia mit zivilgesellschaftlichen Lösungen gesellschaftliche und politische Probleme gelöst.

Das sagen die Macher des Autonomen Zentrums:

„Nach 3 Jahren des Autonomen Zentrums in Kalk steht nun ein Umzug in die Südstadt an: Montag Mittag wurde ein befristeter Nutzungsvertrag für den Eifelwall 7 unterschrieben und von der Stadt Köln eine anschließende Nutzung des Gebäudes an der Luxemburgerstraße 93 bis 2018 zugesichert. Voraussetzung dafür ist der Auszug aus der Wiersbergstraße 44. Das fällt uns alles andere als leicht, denn das  rechtsrheinische Kalk wurde immer als wichtiger und geeigneter Stadtteil für ein Zentrum dieser Art gesehen. Wir sehen die ‚Aufwertung‘ als verdrängende Stadtpolitik von oben weiterhin sehr kritisch. Dass das Autonome Zentrum ausgerechnet Schulcontainern weichen soll, für die es genügend andere Möglichkeiten gegeben hätte, sehen wir als klaren Willen der Kalker SPD, uns weg zu planen. Gerne hätten wir zusammen mit Schule und Stadt eine andere Lösung gefunden. Darum wird die Auseinandersetzung für selbstverwaltete, linke Räume auch in Kalk mit dem Umzug nicht vorbei sein. Wichtig ist nicht in erster Linie das Gebäude, sondern die Menschen die es gestalten und mit Inhalten füllen. Und so wird es nun auch in Zukunft in Köln ein linkes Zentrum geben, in dem emanzipatorische Politik stattfindet. Wo es Platz für Werkstätten und Ateliers, einen Umsonstladen, Proberäume und mehr gibt. In dem Veranstaltungen stattfinden können und Diskussionen und Ausstellungen ihren Platz haben.“

Autor: ag
Foto: Blick auf den „AZ“-Schriftzug im Hof des Hauses Luxemburger Straße 93