Köln | Heute verlegte der Kölner Künstler Gunter Demnig vor dem Haus Bier drei sogenannte „Stolpersteine“. Zwei davon für die Bauherrin des Hauses, Helene Bier (1859-1942), und ihren Sohn, den 1933 von den Nazis abgesetzten Kölner Regierungsvizepräsidenten Hermann Bier (1885-1943). Beide wurden als jüdische Bürger Kölns Opfer des NS-Regimes. Ein dritter Stein erinnert daran, dass das Haus Bier als sogenanntes „Ghettohaus“ diente, von denen es im Kölner Stadtgebiet insgesamt 300 gab. Er ist damit der erste Stein dieser Art in Köln. Am heutigen Tag wurden insgesamt 27 neue „Stolpersteine“ an Kölner Adressen in den Boden eingelassen.

An der Adresse in der Hülchrather Straße 6 wurde ab 1941 ein sogenanntes „Ghettohaus“ oder auch „Judenhaus“ eingerichtet, von denen in der Stadt Köln rund 300 existierten. In diesen Häusern hatte die nationalsozialistische Stadtführung jüdische Bürger Kölns unter menschenunwürdigen Verhältnissen bis zu ihrer Deportation untergebracht. Das Gebäude, das als bürgerliches Haus mit einer Wohnung je Stockwerk errichtet wurde, war teilweise mit sieben Familien pro Etage belegt. Das 1904 von der Familie Bier erbaute Gebäude war bis 1939 in deren Besitz. Danach wurde es im Zuge der „Arisierungspolitik“ zwangsverkauft. Neue Eigentümer wurden ein NSDAP-Parteigenosse und seine in der NS-Frauenschaft organisierte Ehefrau.

Helene Bier wurde von 1939 bis 1942 noch als Mieterin geduldet und musste sich mit anderen Kölner Juden ein Zimmer ihres ehemaligen Hauses teilen. 1942 wurde sie aus der Hülchrather Straße 6 nach Theresienstadt deportiert und kam dort um. Auch ihr Sohn, der Jurist Hermann Bier, lebte bis zu seiner Flucht vor dem Holocaust mehr als 30 Jahre in seinem Elternhaus. Er kam 1943 in dem Judendurchgangslager Westerbork in den Niederlanden um. Für die jüdische Familie Dr. Oppenheimer und Paula Jakob liegen bereits vier Stolpersteine vor dem Haus. Die Patenschaft für die neu angebrachten Steine übernahm Stefan Graf Finck von Finckenstein, Geschäftsführer eines Berliner Verlages.  

Aus Nummern wieder Namen machen

Mit dem Projekt „Stolpersteine“ soll an das Schicksal der Menschen erinnert werden, die im Nationalsozialismus ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Die mit Messing überzogenen Steine tragen den Namen sowie Geburts- und Todestag der jeweiligen Person und werden an der jeweils letzten bekannten Adresse in den Boden eingelassen.  Bisher wurden europaweit über 37.000 solcher Gedenksteine angebracht, in Köln sind es bisher etwa 1850. Am 4. Oktober 2005 erhielt der Künstler Demnig von Bundespräsident Horst Köhler das Bundesverdienstkreuz für sein Engagement. Die Idee hinter dem Projekt sei es, so Demnig heute, aus Nummern wieder Namen zu machen.

Autor: Daniel Deininger
Foto: Künster Demnig beim Einlassen der drei „Stolpersteine“