Flakpanzer Gepard (SPAAG) am Royal Museum of the Armed Forces and of Military History, Brüssel, Belgien. | Foto: CC0

Köln | red, dts | Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine geht am 62. Tag, eine Zusammenfassung der Ereignisse. Russlands Außenminister Lawrow spricht über die Gefahr eines dritten Weltkriegs. Deutschland liefert schwere Waffen. Polen und Bulgarien erhalten kein russisches Gas mehr. In Ramstein tagt die Politik auf einem Militärstützpunkt. Die Zusammenfassung der Ereignisse in der Ukraine, die Situation der Flüchtlinge sowie politische Reaktionen.


Wirtschaftsministerium sieht Gasversorgung weiter gewährleistet

Nachdem aus Polen und Bulgarien bekannt geworden ist, dass Russland die Gaslieferungen in dieser Woche wegen Streit um die Zahlungsmodalitäten einstellen will, hat die Bundesregierung Entwarnung für Deutschland gegeben. Aus Sicht des Ministeriums sei „die Versorgungssicherheit in Deutschland derzeit weiter gewährleistet“, sagte eine Ministeriumssprecherin am späten Dienstagabend der dts Nachrichtenagentur. „Wir beobachten die Lage genau“, sagte sie weiter.

Zu den Einzelheiten der Vorgänge in Polen und Bulgarien wolle das Ministerium keine Stellung nehmen. Zuvor hatte auch die Bundesnetzagentur mitgeteilt, dass „keine Beeinträchtigungen der Gaslieferungen nach Deutschland zu verzeichnen“ seien. Die aktuellen Füllstände seien vergleichbar mit dem Jahr 2017 und mittlerweile deutlich höher als im Frühjahr 2015, 2018 sowie 2021.


Russland stoppt Gaslieferungen an Polen und Bulgarien

Neben Polen wird nun offenbar auch Bulgarien von Russland ab Mittwoch nicht mehr mit Gas beliefert. Das bulgarische Energieministerium teilte am Dienstagabend mit, dass der bulgarische Energiekonzern Bulgargaz eine entsprechende Mitteilung von der russischen Gazprom erhalten habe. „Die bulgarische Seite hat ihre Verpflichtungen vollständig erfüllt und alle im Rahmen des Abkommens erforderlichen Zahlungen rechtzeitig, genau und in Übereinstimmung mit den Vereinbarungen geleistet“, teilte das Energieministerium in Sofia weiter mit.

Die russische Seite hatte zuvor ein neues zweistufiges Verfahren zur Bezahlung von Gas vorgeschlagen. Bulgargaz war laut der Mitteilung in einer Analyse zu dem Schluss gekommen, dass die von Moskau geforderten Zahlungsmodalitäten nicht mit den noch bis Ende des Jahres bestehenden Verträgen vereinbar seien und „erhebliche Risiken für Bulgarien“ darstellten, einschließlich dem Risiko, nach getätigten Zahlungen kein Gas zu erhalten. Es seien bereits Maßnahmen für eine alternative Gasversorgung ergriffen worden, teilte das bulgarische Energieministerium weiter mit, ohne allerdings Einzelheiten zu nennen.

Zuvor war schon bekannt geworden, dass Gazprom auch die Gaslieferungen nach Polen stoppt. Grund war auch hier, dass sich Warschau weigert, die Zahlungen in Rubel zu leisten.


UN-Generalsekretär wirbt in Moskau für Waffenruhe

UN-Generalsekretär António Guterres hat bei seinem Besuch in Moskau für eine Waffenruhe im Ukraine-Krieg geworben. „Meine Agenda besteht darin, Menschenleben zu retten und Leiden zu verhindern“, sagte der Portugiese am Dienstag nach einem Treffen mit dem russischen Außenminister Sergei Lawrow. Er habe mit Lawrow über wiederholte Verletzungen der Menschenrechte gesprochen.
Unabhängige Ermittlungen zu Berichten über Kriegsverbrechen seien nötig. Zudem fordere man Fluchtrouten, „die auch wirklich eingehalten werden“. Guterres erneuerte den Vorschlag einer „humanitären Kontaktgruppe“ unter Beteiligung der Ukraine und Russlands.

Zudem äußerte er sich zur Situation in der belagerten ukrainischen Hafenstadt Mariupol. Die UN seien bereit, vor Ort zusammen mit dem Roten Kreuz für die Rettung von Zivilisten zu sorgen. Guterres will sich in Moskau auch noch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin treffen.

Am Donnerstag sind dann in Kiew Gespräche mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba sowie mit Staatschef Wolodymyr Selenskyj geplant. Aus der Ukraine war im Vorfeld der Reise Kritik daran geäußert worden, dass der UN-Generalsekretär zuerst nach Russland geflogen ist.


Lambrecht bestätigt geplante Panzer-Lieferung an Ukraine

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hat Pläne bestätigt, wonach Deutschland die Lieferung von Gepard-Flugabwehrpanzern an die Ukraine ermöglichen will. „Wir sind entschlossen, dem ukrainischen Volk in dieser existentiellen Notlage mit vereinten Kräften zu helfen“, sagte sie am Dienstag in Ramstein. Die Entscheidung zur Lieferung von Gepard-Panzern sei demnach am Montag getroffen worden.

Lambrecht kündigte an, dass man es unterstützen werde, wenn die Industrie direkt Waffen an die Ukraine liefere. „Die Ukraine bestellt und Deutschland bezahlt.“ So sei es zum Beispiel bei Drohnen und Panzerabwehrminen geschehen.

„Die Mittel für die Ertüchtigungsinitiative werden wir auf zwei Milliarden Euro aufstocken“, fügte die Ministerin hinzu. „Damit die Ukraine schnell auch an schwere Waffen kommt, die keine lange Ausbildung erfordern, haben wir mit unseren Partnern in Osteuropa einen Ringtausch initiiert.“ Hier könne man noch mehr tun, Deutschland sei dazu bereit, sagte die SPD-Politikerin.

Sie kündigte weiter an, dass man gemeinsam mit den USA bei der Ausbildung von ukrainischen Truppen an Artilleriesystemen auf deutschen Boden zusammenarbeiten werde. „Und wir werden zusammen mit den Niederlanden Ausbildung an Panzerhaubitzen und Munition für die Ukraine bereitstellen, denn wir wissen alle, dass in diesem Konflikt Artillerie ein wesentlicher Faktor ist.“



Union begrüßt Lieferung von Gepard-Panzern

Die Union hat die geplante Lieferung von Gepard-Panzer an die Ukraine begrüßt. „Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung jetzt endlich auch Panzer an die Ukraine liefern will“, sagte der stellvertretende Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Thomas Erndl (CSU), der „Welt“. Das Zögern von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe Deutschland schon zu viel Vertrauen und Ansehen bei den Partnern gekostet.

„Sämtliche Argumente der Bundesregierung, mit denen sie die Verweigerung begründet hat, sind in sich zusammengefallen“, so der CSU-Politiker. „Wir sehen tagtäglich, dass westliche Waffenlieferungen ganz entscheidend dazu beitragen, die russische Invasion aufzuhalten und zurückzuschlagen. Die schweren Waffen müssen jetzt schnell geliefert werden und die Ausbildung der ukrainischen Soldaten in Deutschland aufgenommen werden.“

Im Streit um Waffenlieferungen an die Ukraine erneuerte unterdessen die SPD ihre Kritik an der Union. „Mir ist das besonnene Handeln des Kanzlers deutlich lieber als das hitzköpfige Agieren eines Friedrich Merz, der verzweifelt seine eigene Rolle in der Opposition sucht“, sagte SPD-Fraktionsvize Gabriela Heinrich dem „Handelsblatt“ (Mittwochsausgabe). „Wir erleben einen Krieg mitten in Europa und die CDU hat nichts Besseres zu tun, als sich in parteitaktischen Spielchen zu verheddern.“

Heinrich sagte, dass die Ampel-Koalition „geschlossen“ hinter dem Ukraine-Kurs des Bundeskanzlers stehe. Das mache der gemeinsame Parlamentsantrag der Ampel zur Lieferung von Waffen an die Ukraine deutlich. „Der Bundeskanzler steht vor der schwierigen Aufgabe, die Ukraine bei ihrem Kampf gegen die russischen Invasoren zu unterstützen und dabei sicherzustellen, dass die NATO keine Kriegspartei wird“, so Heinrich.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), warnte SPD, Grüne und FDP unterdessen mit Blick auf das Waffenthema vor einem „halbgaren“ Kompromiss. „Dieses Herumgeeiere in einer so zentralen Frage ist unwürdig“, sagte Frei der Zeitung. Die Ukraine erwarte zu Recht eine „massive Unterstützung“ bei ihrer Selbstverteidigung.

„Auch unsere Freiheit und unsere Sicherheit werden in der Ukraine verteidigt.“


Deutschland hat nur 23.000 Schuss Munition für Gepard-Panzer

Nach der Zusage der Bundesregierung, der Ukraine bis zu 50 Flakpanzer vom Typ „Gepard“ zu liefern, mehren sich die Zweifel an der baldigen Verfügbarkeit des Panzers. Der Hersteller KMW hat aktuell nur rund 23.000 Schuss Munition für das Hauptwaffensystem des Gepards vorrätig, berichtet „Bild“ unter Berufung auf Regierungskreise. Die beiden schweren Hauptwaffen des Panzers benötigen pro Minute etwa 1.100 Schuss.

Demnach würde die gesamte in Deutschland verfügbare Munition des Gepard-Panzers aktuell rein rechnerisch für lediglich rund 20 Minuten Nutzung der Hauptbewaffnung reichen. Das Bundesverteidigungsministerium und KMW suchen deshalb seit dem heutigen Dienstag nach weiterer Munition für den Gepard. Dabei würden vor allem die aktuellen Betreiber des Gepard-Panzers, Jordanien, Rumänien, Brasilien und Katar, angefragt, hieß es.

Zudem gehen Sicherheitskreise laut „Bild“ davon aus, dass das aufwendige Basistraining des Richtschützen sechs Wochen in Anspruch nimmt. Selbst nach einem beschleunigten Training ist so nicht mit einer Lieferung funktionstüchtiger und bemannter Gepard-Flakpanzer vor Juni zu rechnen.


Umfrage: Mehrheit fürchtet Kriegsausweitung wegen Waffenlieferungen

Eine Mehrheit der Bundesbürger (56 Prozent) teilt die Befürchtung, dass sich der Krieg in der Ukraine auch auf andere Länder in Europa ausweiten könnte, wenn weitere Waffen geliefert werden. Das ist das Ergebnis einer Forsa-Umfrage für RTL und ntv, die am Dienstag veröffentlicht wurde. 39 Prozent teilen diese Sorge demnach nicht.

Nur eine Minderheit der Bundesbürger (26 Prozent) glaubt unterdessen, dass der Krieg in der Ukraine militärisch gewonnen werden kann. 63 Prozent aller Bundesbürger – und eine Mehrheit in allen Wählergruppen – meinen hingegen, dass der Krieg letztlich nur durch Verhandlungen und eine diplomatische Lösung beendet werden kann. Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz, aber auch Vertreter der Regierungsparteien fordern von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ein härteres Vorgehen in der Ukraine-Krise und die Lieferung von weiteren Waffen und auch Panzern.

Olaf Scholz plädiert dagegen eher für ein zurückhaltendes und mit der NATO abgestimmtes Vorgehen. Eine Mehrheit der Bundesbürger (65 Prozent) findet eher die Linie des Bundeskanzlers in dieser Frage richtig. 26 Prozent sprechen sich für ein härteres Vorgehen aus.

Von den Anhängern der Unionsparteien plädieren 50 Prozent für ein härteres Vorgehen im Ukraine-Konflikt, 43 Prozent der Unionsanhänger befürworten aber eher die Linie des Bundeskanzlers. Nur ein Drittel der Befragten findet es gut, dass über Deutschlands Verhalten im Ukraine-Krieg zwischen den Parteien gestritten wird. 67 Prozent finden stattdessen, die Parteien sollten in dieser Frage eher an einem Strang ziehen und sich auf die richtige Reaktion einigen.

Insbesondere die Anhänger der Unionsparteien (81 Prozent) plädieren für einen parteiübergreifenden Konsens zum Verhalten Deutschlands im Ukraine-Krieg. Unverändert 38 Prozent der Bundesbürger sind insgesamt der Auffassung, die Bundesregierung unternehme zu wenig zur Unterstützung der Ukraine. 33 Prozent finden den Umfang der Unterstützung gerade richtig.

22 Prozent meinen, die Bundesregierung tue zu viel für die Ukraine. Dass die Bundesregierung zur Unterstützung der Ukraine zu wenig tue, meinen vor allem die Anhänger der CDU/CSU (56 Prozent), dass sie zu viel unternehme, sagen vor allem die Anhänger der AfD (59 Prozent). 38 Prozent der Bundesbürger meinen aktuell, dass Deutschland vollständig auf russisches Erdgas verzichten sollte, auch wenn es dadurch zu Engpässen und einer erheblichen Verteuerung bei der Versorgung mit Gas in Deutschland kommt.

56 Prozent meinen dagegen, Deutschland solle nicht vollständig auf russisches Erdgas verzichten. Mehrheitlich für einen vollständigen Verzicht auf russisches Erdgas sprechen sich weiterhin ausschließlich die Anhänger der Grünen aus. Die Ostpolitik der früheren Bundeskanzler Willy Brandt, Helmut Schmidt und Helmut Kohl wird jetzt von vielen dafür verantwortlich gemacht, dass Russland den Krieg in der Ukraine führt.

13 Prozent der Bundesbürger teilen diese Auffassung. 77 Prozent sind hingegen der Meinung, dass die Ostpolitik der früheren Bundeskanzler zu ihrer Zeit durchaus richtig war. Die größten Sorgen bereiten den Bundesbürgern zurzeit gleichermaßen die finanzielle Belastung durch immer weiter steigende Preise und eine mögliche Ausweitung des Krieges in der Ukraine zu einem Dritten Weltkrieg (jeweils 65 Prozent).

An dritter Stelle folgt die Sorge vor einer Gefährdung der Energieversorgung infolge des Ukraine-Kriegs (47 Prozent). Einem Drittel der Bundesbürger (33 Prozent) bereitet daneben (auch) größere Sorgen, dass es zu einer neuen Corona-Welle kommen kann. Vergleichsweise am seltensten (19 Prozent) äußern die Bundesbürger Sorgen vor gesellschaftlichen Problemen durch die vielen Ukraine-Flüchtlinge.

Die Daten für die Umfrage wurden vom 22. bis 25. April erhoben. Datenbasis: 1.007 Befragte.


Alliierte Länder sichern Ukraine weitere Waffenlieferungen zu

Bei dem Spitzentreffen auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein zum Ukraine-Krieg haben Vertreter von mehr als 40 Ländern der Ukraine weitere Waffenlieferungen zugesichert. Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) bestätigt am Rande des Treffens, dass Deutschland der Ukraine Flugabwehrpanzer vom Typ „Gepard“ zur Verfügung stellen wird. „Das ist genau das, was die Ukraine jetzt braucht, um den Luftraum zu sichern“, sagte sie.

Zudem werde Deutschland ukrainische Soldaten auf deutschem Boden ausbilden. Neben Deutschland sicherten unter anderem auch Kanada, Tschechien und Frankreich der Ukraine neue Waffenlieferungen zu. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin, der die internationalen Vertreter auf die US-Basis eingeladen hatte, begrüßte die Entscheidung der Länder.

„Wir müssen Schritt halten mit der Kriegsgeschwindigkeit“, sagte er. Austin kündigte nach dem Treffen an, dass es künftig eine monatliche Kontaktgruppe zur besseren Koordinierung der Verteidigungsfähigkeit geben wird. „Die Konferenz heute wird zu einer monatlichen Kontaktgruppe ausgebaut werden“, sagte er.


Russlands Außenminister sieht reale Gefahr eines dritten Weltkriegs

Der russische Außenminister Sergei Lawrow sieht die echte Gefahr eines dritten Weltkrieges. „Die Gefahr ist ernst, sie ist real, sie ist nicht zu unterschätzen“, sagte er russischen Medien. Der NATO warf er vor, durch Waffenlieferungen an die Ukraine einen Stellvertreterkrieg mit Russland zu führen.

„Die NATO führt im Grunde genommen einen Krieg mit Russland durch einen Stellvertreter und rüstet diesen Stellvertreter auf.“ Zudem warf Lawrow den USA und Großbritannien vor, die Verhandlungen mit der Ukraine zu bremsen. Den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj beschuldigte er, nur „vorzutäuschen“ zu verhandeln.

Ein schnelles Ende des Krieges ist unterdessen auch im dritten Monat des Konflikts nicht in Sicht. Jeder in der Ukraine frage sich, wann alles vorbei sein werde, sagte Selenskyj in einer Videoansprache. „Darauf gibt es derzeit keine einfache Antwort“, fügte er hinzu.