Kölner Stadtdirektorin Andrea Blome am 23. Januar 2023 auf dem Alter Markt

Köln | red, dts | aktualisiert | Am 24. Januar startet die Tarif- und Besoldungsrunde im öffentlichen Dienst, Bund und Kommunen. Heute fanden sich Beschäftige der Stadt Köln und aus verschiedenen Unternehmen des Kölner Stadtwerkekonzerns am Alter Markt zusammen. Tausende gesammelte Unterschriften für 10,5% aber mindestens 500 Euro mehr Lohn im öffentlichen Dienst sollten heute an Stadtdirektorin Andrea Blome übergeben werden.

„Wenn uns morgen kein verhandlungsfähiges Angebot gemacht wird, dann werden wir in den nächsten Wochen mehr und mehr auf die Straße gehen“, erklärte Ellen Steinhäuser, Gewerkschaftssekretärin bei Verdi heute auf dem Alter Markt.

Arbeitnehmer der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB), der Abfallwirtschaftsbetriebe (AWB), der Stadt Köln, der Bühnen Köln und der Rheinenergie standen zusammen und hielten Banner hoch mit der Aufschrift „Die Beschäftigten der KVB/ AWB/ Bühnen Köln/ Rheinenergie/ Stadt Köln fordern 10,5% mehr Geld für alle, mindestens aber 500 Euro“ Im Halbkreis stellten sie sich vor dem Kölner Rathaus auf.

Mitarbeiter erklären die Situation und den Grund ihrer Forderung

Ein Mitarbeiter der ABW forderte „lediglich ein bisschen Wertschätzung“ und nannte als Beispiel die schwierige Arbeitssituation der AWB im Winter oder zu Karneval. Sabine von der KVB forderte: „Wir arbeiten jeden Tag von morgens bis abends, nachts und am Wochenende. Wir sind es wert, dass das Geld in die Hand genommen wird und wir endlich vernünftig entlohnt werden.“ Ein Vertreter der Rheinenergie erklärte: „Wir sind zwar der lokale Energieversorger, aber auch wir haben Mitarbeiter, die zukünftig nicht mehr wissen, wie sie ihre Energierechnungen bezahlen sollen.“ Alina, Vertreterin der Auszubildenden bei Rheinenergie forderte 200 Euro mehr Lohn für Azubi:nen und eine unbefristete Übernahme nach der Ausbildung. Nachwuchs sei immer notwendig, damit die Unternehmen am Laufen gehalten werden, so Alina. Daher sei es auch wichtig sich für Azubi:nen einzusetzen, erklärte sie weiter.  Birgit, Mitarbeiterin des Personalrats für Kunst und Kultur der Stadt Köln, erklärte laut und deutlich: „Wir möchten, dass wir alle, die sich täglich einsetzen für diese Stadt, gerecht entlohnt werden.“

Stadtdirektorin Andrea Blome lehnt den Dialog ab

Um 12:39 Uhr erschien die Stadtdirektorin der Stadt Köln Andrea Blome mit Personenschutz vor dem Rathaus. Sie ließ sich von Steinhäuser in die Mitte des aufgestellten Halbkreises aus Protstierenden begleiten. „Wir wollen alle zusammenhalten und alle gut zusammenarbeiten“, erklärte Blome. Sie hoffe auf gute „Beratungsgespräche“ und dass für alle Beteiligten gute Ergebnisse erzielt werden. Nach der kurzen Ansprache der Stadtdirektorin fragte ein Mitarbeiter der KVB: „Wie wichtig ist Ihnen die Zufriedenheit der Mitarbeiter? Was würden Sie gerne tun, um unsere Forderung zu unterstützen?“ Darauf antwortete Blome: „Das werde ich jetzt mit Ihnen hier nicht diskutieren. Da müssen Sie Verständnis für mich haben.“ Verständnisvoll wirkten die Mitarbeiter nach der Ansprache von Blome weniger. Kurz danach ging diese wieder im Rathaus zurück. Steinhäuser erwähnte zum Ende nur noch: „Wenn es morgen kein verhandlungsfähiges Angebot geben sollte, dann werden wir unsere Beschäftigten aus allen Betrieben zum Warnstreik aufrufen.“

Verdi droht mit bundesweiten Streiks im Öffentlichen Dienst   

Die Gewerkschaft Verdi droht damit, in der Lohnrunde für den Öffentlichen Dienst die Arbeit niederzulegen. „Wenn es nötig ist, dann streiken wir“, sagte Verdi-Chef Frank Werneke der „Süddeutschen Zeitung“. An diesem Dienstag beginnen die Verhandlungen für 2,5 Millionen Beschäftigte, darunter Erzieherinnen, Klinikpersonal und Müllwerker.

Wie wahrscheinlich Streiks sind, hänge von den Arbeitgebern in Bund und Gemeinden ab, sagte Werneke. Sie sollten zur zweiten Verhandlungsrunde im Februar ein Lohnangebot vorlegen, das eine Einigung ermögliche. „Leider hat die Unsitte Einzug gehalten, bis zur letzten Verhandlungsnacht überhaupt kein ernsthaftes Angebot zu machen. Wer so agiert, darf sich über Warnstreiks nicht beschweren.“ Wenn es zu Warnstreiks komme, beträfen sie den gesamten Öffentlichen Dienst. Es werden harte Auseinandersetzungen erwartet, da Verdi und Beamtenbund 10,5 Prozent mehr Lohn fordern.

Werneke nannte die Forderung angesichts einer Inflationsrate von 7,9 Prozent 2022 und von ihm erwarteten sechs bis acht Prozent in diesem Jahr absolut angemessen: „Die Inflation frisst den Menschen ein Loch ins Portemonnaie. Die Preise galoppieren, die Nebenkosten explodieren.“ Etliche Beschäftigte müssten ihren Lohn mit Bürgergeld aufstocken, dem früheren Hartz IV. Werneke kündigte an, den Schwerpunkt der Tarifrunde auf Arbeitnehmer mit geringen oder mittleren Einkommen legen: „Auf die Müllwerker oder Verwaltungsangestellten, die mit 2000 Euro netto nach Hause gehen und trotzdem die Preise von München und anderen Großstädten zahlen müssen“.

Diese Beschäftigten würden besonders davon profitieren, wenn die Gewerkschaft wie geplant eine Mindest-Lohnerhöhung von 500 Euro im Monat durchsetzt. Werneke bescheinigte der Bundesregierung, die Entlastung der Bürger von der Inflation falle eindrucksvoll aus. Es fehle aber die soziale Balance.

Menschen mit viel Geld will Werneke nun auf andere Weise für die Finanzierung der Krise heranziehen. „Es ist höchste Zeit für einen Energie-Soli.“ Den sollen alle bezahlen, die unter den Spitzensteuersatz fallen.

Außerdem sei es ein Skandal, dass auf Kapitalerträge weniger Steuern gezahlt werden müssen als auf Arbeitseinkommen. „So positiv ich vieles finde, was die Bundesregierung macht: Was Gerechtigkeit angeht, ist die Ampel blind. Das liegt wahrscheinlich daran, dass die FDP solchen Einfluss in der Koalition hat.“