Rotterdam/Ankara/Amsterdam | aktualisiert | In der Nacht ist es zu einem diplomatischen Zwischenfall zwischen den Niederlanden und der Türkei gekommen. Am Samstag hatte die niederländische Regierung entschieden, Auftritte des türkischen Außenministers und der türkischen Familienministerin zu untersagen. Grund waren Drohungen der türkischen Regierung, Sanktionen gegen die Niederlande zu verhängen. Die türkische Regierung kündigte mittlerweile Gegenmaßnahmen an. Der niederländische Premierminister Mark Rutte will im Türkei-Streit politische Spannungen abbauen.

Özdemir mahnt koordiniertes Vorgehen Europas im Streit mit Ankara an

16:55 Uhr >Im Streit um Wahlkampfauftritte türkischer Minister in Westeuropa spricht sich Grünen-Parteichef Cem Özdemir für ein koordiniertes europäisches Vorgehen aus: „Damit uns der Diktator aus Ankara nicht gegeneinander ausspielen kann“, sagte er dem „Handelsblatt“. „Ankara ist gegenwärtig unter Erdogan und der AKP dabei, den letzten Rest an Ansehen und Respekt in Europa gründlich zu verspielen“, sagte Özdemir. Eine sofortige Konsequenz aus dem Verhalten Ankaras müsse der Rückzug der Bundeswehr-Soldaten aus der Türkei sein.

„Geht es nach uns Grünen, werden unsere Soldaten aus Incirlik und Konya abgezogen und nach Jordanien verlegt, wo unsere Soldaten in Amman wesentlich willkommener sind.“

Zeitung: Türkischer Außenminister wurde von Niederlanden vorgewarnt

16:41 Uhr >Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu wurde vor seiner verhinderten Einreise in die Niederlande offenbar von niederländischer Seite offiziell gebeten, auf Wahlkampfauftritte zu verzichten. Das berichtet die „Bild“ (Montag) unter Berufung auf diplomatische Kreise. Demnach hatte Deutschlands Außenminister Sigmar Gabriel bei seinem Treffen mit Cavusoglu am vergangenen Mittwoch in Berlin seinem türkischen Amtskollegen die Bitte der niederländischen Regierung weitergegeben, direkt vor der anstehenden Parlamentswahl in den Niederlanden auf Wahlkampfauftritte zu verzichten, da dies nur Gegner der Türkei und des Islam im Land stärken würde.

Cavusoglu habe gegenüber Gabriel Verständnis gezeigt und sich bereit erklärt, die Bitte der Niederlande zu berücksichtigen, schreibt die Zeitung weiter. Dennoch sei der türkische Minister am Wochenende Richtung Niederlande gereist, wo ihm jedoch keine Landeerlaubnis erteilt wurde.

Niederlande: Rutte will im Türkei-Streit deeskalieren

13:09 Uhr >Der niederländische Premierminister Mark Rutte will im Türkei-Streit politische Spannungen abbauen. „Gestern ist genug passiert. Ich als Premier und der Außenminister müssen dafür sorgen, dass dieses Land sicher und stabil ist“, sagte Rutte am Sonntag bei einem Fernseh-Auftritt.

Er habe mit seinem türkischen Amtskollegen telefoniert und gedacht, „ich bin im falschen Film“, so Rutte. „Wir mussten eine Grenze ziehen“, sagte Rutte weiter. Vorausgegangen waren Sanktionsdrohungen aus Ankara, sollte es zu Absagen türkischer Auftritte kommen: „Wir sind auch ein stolzes Land. Wir sind stolz auf unsere Werte“, sagte Rutte dazu.

Auftritts-Verbot: Türkei kündigt „schwerste“ Gegenmaßnahmen an

11:15 Uhr > Der türkische Ministerpräsident Yildirim hat im diplomatischen Streit mit den Niederlanden „schwerste“ Gegenmaßnahmen angekündigt. Die Antwort auf das Auftrittsverbot türkischer Politiker im Land werde in der „schwersten Art und Weise“ ausfallen, so der Ministerpräsident am Sonntag. Zugleich rief er die Auslandstürken auf, Ruhe zu bewahren.

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10:02 Uhr > Eine Landeerlaubnis für Außenminister Cavusoglu wurde daraufhin widerrufen. Die Polizei stoppte am Abend den Fahrzeug-Konvoi von Ministerin Kaya und hinderte sie daran, das türkische Konsulat in Rotterdam zu betreten, wo sie eine Rede geplant hatte. Die Ministerin wurde zunächst festgesetzt und später nach Deutschland ausgewiesen.

Zwei Hubschrauber der Polizei begleiteten den Konvoi bis zur Grenze. Danach riegelte die türkische Polizei die Botschaft und das Konsulat in Ankara ab, es kam zu spontanen Protest-Kundgebungen sowohl in der Türkei als auch in Rotterdam. Die Rückkehr des niederländischen Botschafters, der sich nicht im Land aufgehalten hatte, sei unerwünscht, hieß es in Ankara.

Sicherheitskräfte gingen am Sonntagmorgen mit Wasserwerfern und Schlagstöcken gegen Erdogan-Anhänger vor, die sich in Rotterdam vor dem türkischen Konsulat versammelt hatten.

Autor: dts