Köln | Seit einem Jahr ist Yilmaz Dziewior Direktor des Museums Ludwig. Im Gespräch mit Stephan Eppinger berichtet er über seine Perspektiven für Köln und die Kunst.

Herr Dziewior, Sie leiten seit einem Jahr als Direktor das Museum Ludwig. Wie fällt Ihre Bilanz aus?
Yilmaz Dziewior: Dieses Jahr war sehr ereignisreich und ist entsprechend schnell vergangen. Wir haben das gesamte Haus umgehängt, um unsere Sammlung neu zu präsentieren, so dass die Besucher jetzt zum Jubiläumsjahr einen ganz neuen Blick darauf haben. Man geht nun durch die Zeit hindurch: es beginnt oben mit der russischen Avantgarde, dann kommen auf der ersten Etage die 60er sowie die 70er Jahre und unten sowie im Treppenhaus hat die Kunst der Gegenwart ihren Platz gefunden. Dazu kamen die Polke-Schau und meine erste Ausstellung zum jungen vietnamesischen Künstler Danh Vo, die auch national viel Aufmerksamkeit bekommen hat. Es gab und es gibt sehr viel zu tun und ich freue mich über die Unterstützung aus der Kölner Politik und Gesellschaft.

Sie sind gebürtiger Bonner. Wie erleben Sie die Nachbarstadt Köln?
Ich sehe mich als Rheinländer und habe bereits längere Zeit hier in Köln gelebt. Danach war ich 20 Jahre weg und habe jetzt das Gefühl, wieder gut angekommen zu sein. Ich bin sehr offen, was Köln angeht und habe beispielsweise schon zwei Heimspiele des FC besucht, auch das ist ein Teil von Köln.

Welche Chancen bietet das Jubiläumsjahr zum 40-jährigen Bestehen des Museums?
Das Jubiläumsjahr bietet die Chance zu einem anderen Blick auf das Haus und auf die Sammlung. Zudem haben wir zwei große Jubiläumsausstellungen. Bei der Léger-Ausstellung ist ein Werk, dass speziell für das Ludwig gekauft wurde, die Basis für die Überlegung zum Verhältnis von Leger und der Architektur. Bei „Wir nennen es Ludwig“ haben wir 24 zeitgenössische Künstler einladen, sich in neu zu schaffenden Werken mit dem Museum und seiner Sammlung auseinanderzusetzen. So halten wir uns quasi den Spiegel vor. Dazu gehören internationale Position aus den USA, Afrika und Asien aber auch Künstler aus der Region wie Trockel und Richter.

Wie wichtig sind die großen Massenevents für Ihr Haus?
Es ist immer eine Gratwanderung zwischen den großen Ausstellungen, die viele Leute interessieren und dem eigenen wissenschaftlichen Anspruch. Bei Léger sprechen wir zum Beispiel ein großes Publikum an, arbeiten aber erstmals dessen Verhältnis zur Architektur wissenschaftlich auf.

Wie finanziert man das Museum der Zukunft in Köln?
Der Unterschied zu den großen Häusern in Nordamerika ist es, dass wir es hier mit städtisch bzw. staatlich finanzierten Museen zu tun haben. Das Ludwig ist ein Museum Kölns und der Kölner, die sich damit identifizieren. Die Finanzierung geschieht mit öffentlichen Geldern und durch die von uns über Eintrittsgelder, Sponsoren und Stifter erwirtschafteten Eigenmittel. Uns ist bewusst, dass wir uns nicht nur auf die Finanzierung durch die öffentliche Hand verlassen können und wir handeln entsprechend. Andererseits wäre es fatal nur noch auf die Besucherzahlen zu schauen, was unsere Arbeit hier trivialisieren würde.

Was für eine Rolle spielen Kooperationen mit Museumsstandorten wie Düsseldorf oder Essen?
Wir sind mit den Kollegen in Essen und Düsseldorf in konkreten Gesprächen über langfristige Kooperationen. Wir helfen uns beispielsweise mit Leihgaben. Insgesamt ist die Konkurrenz in der Region sehr positiv. Sie schafft Synergien durch Ausstellungen, die sich ergänzen. Und das, was in der Region an Kultur auf kurzen Distanzen angeboten wird, können so auch die große Metropolen nicht bieten.

Welche Rolle hat Ihr Museum für das Image Kölns?
Das ist ein Pfund, mit dem die Stadt wuchern kann. Das muss nur noch stärker im Bewusstsein der Politiker ankommen. Denn nicht nur die Wirtschaft macht eine Stadt aus, auch die Kultur stärkt das Image.

Wie beurteilen Sie die Umgebung des Museums zwischen dem Hauptbahnhof und dem Dom?
Aktuell fühlt man sich durch die hohe Polizeipräsenz so sicher wie noch nie. Aber die Frage ist, wie lange man das noch aufrecht erhalten kann. Der Zustand hier ist und war teilweise desaströs, wenn man beispielsweise sieht, wie offen hier mit Drogen gehandelt wurde. Da gilt es Ordnung zu schaffen. Dazu gehören auch die Beleuchtung und die Sauberkeit der Plätze hier. Denn ist eine Umgebung freundlich gestaltet, verhalten sich auch die Menschen anders. Was möglich ist, zeigt die Neugestaltung der östlichen Domumgebung.

Was wären Ihre Wünsche für die Zukunft des Museums Ludwig?
Wichtig wäre mir, mehr Bewusstsein für die Museen der Stadt in der Politik zu schaffen und dort klarzumachen, dass unsere Arbeit auch entsprechender finanzieller Mittel bedarf. Wir können das Museum nur dann wirklich weiterentwickeln, wenn wir ein entsprechendes Budget haben.

Gibt es einen oder mehrere Lieblingsorte für Sie hier in Köln?
Ich bin sehr gerne am Rhein und bin jeden Tag mit dem Rad vom Süden der Stadt am Rhein entlang hier zum Museum unterwegs. Außerdem genieße ich den Blick von meinem Büro auf den Fluss. Ich bin sehr gerne hier im Museum. 

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Zur Person

Yilmaz Dziewior wurde 1964 in Bonn geboren. Er studierte Kunstgeschichte und klassische Archäologie an der Universität Bonn sowie in London. Seit dem 1. Februar 2015 ist er Direktor des Museums Ludwig. Zum Museum Drei Jubiläen gilt es 2016: 1946 hatte Josef Haubrich seine Sammlung mit Werken der klassischen Moderne der Stadt geschenkt und damit den Grundstein für ein Museum gelegt, 1976 unterzeichneten Peter und Irene Ludwig ihren Schenkungsvertrag mit 350 Werken zeitgenössischer Kunst und 1986 konnte der Museumsneubau eröffnet werden.
 

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Autor: Stephan Eppinger