Köln | Am heutigen Vormittag unterzeichneten führende Vertreter aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft eine gemeinsame Charta zur „Daseinsvorsorge-Köln“. Zielsetzung der Charta ist der Aufbau eines gemeinsamen Netzwerkes der Daseinsvorsorge für die Metropolregion Köln/Bonn. Der Hintergrund für den Zusammenschluss ist die Absicht der EU-Kommission in Brüssel, noch verstärkter als bisher Dienstleistungen auf kommunaler Ebene ausschreibungspflichtig zu machen. Die Unterzeichner der Charta befürchten hierdurch eine Gefährdung gewachsener Strukturen sowie einen Rückgang der Qualität von essentiellen Dienstleistungen wie etwa der Wasserversorgung, sozialen Diensten aber auch im Bereich der Bildung.

In der Charta heißt es unter anderem: „Eine unverzichtbare Rolle kommt dabei der Daseinsvorsorge zu, die den Bürgern und den Verbrauchern über die Infrastrutur-Bereiche Energie, Wasser, Nahverkehr, Entsorgung, Telekommunikation, Häfen, Wohnungsbereitstellung, Bäder und Sportstätten hinaus zusätzlich soziale, kulturelle, Gesundheits- und Erziehungsdienstleistungen, schulische und universitäre Ausbildung oder Verwaltungsdienstleistungen von höchster Qualität zur Verfügung zu stellen.“

Die heutige Charta-Unterzeichnung sehen die jeweiligen Vertreter als Initialzündung zu einer Kampagne gegen das Vorhaben der EU-Kommission, daseinssichernde Leistungen auf kommunaler Ebene ausschreibungspflichtig zu machen. Bereits jetzt gebe es entsprechende Vorgaben aus Brüssel. So müssten etwa jetzt schon sämtliche von den Jobcentern durchgeführte Maßnahmen EU-weit ausgeschrieben werden, so Peter Krücker, Sprecher des Vorstands der Caritas Köln. Dies würde nicht nur viele Dinge unnötig verteuern, sondern auch in puncto Qualität Nachteile mit sich bringen.

Im Bereich der kommunalen Versorgung mit Wasser und Energie solle laut der EU-Kommission künftig ein stärkerer Wettbewerb herrschen. Hierbei stünde allein der Preis im Vordergrund, so Dieter Steinkamp, Sprecher der Geschäftsleitung der Stadtwerke Köln. Er sieht in dem Wettbewerb die Gefahr, dass dadurch eine Qualität bei der Wasserversorgung, wie sie jetzt bestehe, nicht länger gewährleistet bleibe. „Der Wasserschutz spielt eine entscheidende Rolle für die Stadtwerke und ist auch mit hohen Kosten verbunden.“ Künftige Mitbewerber um die Wasserversorgung könnten diesen Kostenfaktor aus ihrem Angebot bei einer Ausschreibung ausklammern, um günstiger zu sein, worunter dann längerfristig die Wasserqualität leide.

Nicht nur die Versorgung der Kommune soll nach Vorstellung der EU-Kommission künftig in den EU-weiten Wettbewerb treten. Auch Fördermaßnahmen in  Stadtteilen seien davon betroffen. OB Roters: „Ein Sprachkurs in Köln-Chorweiler muss europaweit ausgeschrieben werden. Daran sieht man die Schizophrenie der Dinge, die uns da von Brüssel aufoktroyiert werden.“

Das Netzwerk versteht sich als eine konsequente Form, um Interessen zu bündeln und damit stärker in Brüssel gegen die geplanten Wettbewerbsstrukturen in Brüssel auftreten zu können. Die Beteiligten erhoffen sich auch, dass weitere Metropolregionen Deutschlands ihrem Modell folgen. Dabei lehnen die Beteiligten an der Charta die Vorhaben der EU-Kommission nicht grundsätzlich ab. Man wolle aber verhindern, dass die in Deutschland gewachsenen Strukturen nicht völlig dem öffentlichen Wettbewerb preisgegeben werden.

Das „Kölner Netzwerk zur Daseinsvorsorge“ wurde im Sommer 2012 gegründet. Hierzu zählen die Stadt Köln, die Universität sowie die Fachhochschule Köln, die Kölner Stadtwerke, die Caritas Köln sowie der Verein „Region Köln/Bonn“.

Autor: Daniel Deininger
Foto: Die Unterzeichner der Charta: Reimar Molitor (Verein „Region Köln/Bonn“; vorne), Dieter Steinkamp (Stadtwerke Köln), Christoph Seeßelberg (Fachhochschule Köln), OB Jürgen Roters, Frank Schulz-Nieswandt (Universität zu Köln), Peter Krücker (Caritas Köln) (hinten, vlnr.)