Köln | Ende September, kurz nach 19 Uhr hinter dem Toys are us an der Bergisch Gladbacher Straße. Junge Menschen in Trainingsanzügen stehen mit Kaffee an einem Bus. Die Jungs sprechen über Bundesliga und Premier League, die Mädels über die Party am vergangenen Wochenende. Das Tanzkorps der Müllemer Junge fährt nach Bonn zum Vorstellabend der Vereinigung Bonner Karnevalisten. Der erste Auftritt vor der neuen Session. Report-k.de begleitete die jungen Tänzer und Tänzerinnen. Vorweg genommen sei, im Bonner Brückenforum gab es Standing Ovations und die Müllemer haben Köln gut vertreten.

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Gut organisiert

Pünktlich um 19:30 Uhr legt Busfahrer Hassan ab und wir reihen uns in den Feierabendverkehr auf der A3 ein. Irgendjemand fordert Musik, es läuft moderne Popmusik. Die Stimmung im Bus, ruhig lässig, aber auch konzentriert. Die Mädels flechten ihre Zöpfe neu und Laura holt die weiße Schuhcreme raus. Die weißen Stiefel werden auf Hochglanz poliert. Angezogen werden diese immer erst im Saal, denn adrett und topgepflegt auf die Bühne zu gehen ist nicht nur Anspruch, sondern wird zelebriert. Wir sind auf Höhe Troisdorf, der Lippenstift und Kajal wird nachgezogen, die Mädels halten sich gegenseitig die Schminkspiegel. Es ist kurz vor Acht und wir erreichen das Brückenforum. Tanzkorpsleiter Michael Zarbock checkt die Lage, wir warten im Bus, die Fähnchen sind verteilt, die Jacken werden angezogen. Michael kommt wieder, gibt klare Anweisungen wo wir hin sollen, Treppe rauf, auf der linken Seite vor dem Eingang gibt es einen Platz wo sich das Tanzkorps vorbereiten kann.

Auf der Bühne ein Zwiegespräch, der Saal gut gefüllt und das klassische Publikum eines Vorstellabends, die Booker des Karnevals Literaten und Präsidenten. Voraussichtliche Anfangszeit für die Müllemer 20:40 Uhr. Man trifft Kölner Bekannte, wie Lutz Kniep oder die Hussmeister vum Bundesdach. Die Tänzer bereiten sich vor, machen erste Dehnungsübungen, die Standarte wird zusammengesteckt, die Röckchen werden zurecht gezupft. 20 Minuten vor dem Auftritt stellt sich der begleitende Vorstand die Frage, ob man sich ein Gläschen gönnt, gemeint ist ein Früh Kölsch. Trainerin Iris Roth ist zufrieden mit der Bühne in Bonn, die für die vielen Tänzerinnen und Tänzer groß genug sei und daher das Tanzkorps nicht so gedrängt auftreten muss. Vor allem da doch auch viele Neue in der Gruppe sind, ideal für den ersten Auftritt. „Jeder Auftritt ist wichtig, aber natürlich ist ein Vorstellabend etwas besonders, um den ein oder anderen Literaten noch zu überzeugen“, so die Trainerin.

Warten auf den Auftritt

Der Auftritt verzögert sich. 18 Programmnummern hat Literat Michael Cronenberg der Bonner Karnevalisten zusammengestellt. Die Vereinigung der Bonner Karnevalisten lädt sich immer Tanzgruppen ein, denn man hat keine eigenen in seinen Reihen. Dies hat Tradition, denn jedes Mitglied ist verpflichtet seinen Mitgliedsbeitrag persönlich zu entrichten und das ist nicht kompatibel mit den meisten Tanzkorps. Rund 500 Gäste waren an diesem Abend im Bonner Brückenforum. Wenige Minuten vor dem Auftritt klatschen sich die Tänzerinnen und Tänzer gegenseitig in die Hände, die Trainerin umarmt ihren Schützlinge. Die Anspannung wächst, das merkt man, aber nie nimmt sie Überhand, sondern die Vorfreude spiegelt sich in den Gesichtern. Und dann lässt Tanzgruppenleiter Michael Zarbock den Finger kreisen – will heißen Rock´n Roll – die Gruppe stellt sich auf, Einmarsch, Klatschmarsch und Fähnchen schwingen.

Drei Tänze gelangen auf dem Vorstellabend, schon nach dem Zweiten gab es Standing Ovations und dann die Zugabe. Die Ansage verhedderte sich, machte es dafür umso authentischer und Sitzungsleiter Willi Bauckhage half dem Neuling. Trainerin Iris Roth nach dem Auftritt im Bus: „Super, ich kann nicht schimpfen. Alle Hebungen waren oben. Das Adrenalin war so hoch, dass alle über sich hinausgewachsen sind.“ Auch der Präsident der Müllemer Junge Schaarschmidt, war begeistert: „Die Gruppe war in Topform, wenn auch noch nicht in Hochform, aber das ist mir auch lieber so, denn immerhin sind jetzt noch drei Monate Zeit, um an der einen oder anderen Kleinigkeit noch zu feilen.“

„Ich habe nichts verpaßt“

Und die junge Tänzerinnen und Tänzer selbst? Nora, 26, tanzt ihre erste Session bei den Müllemern und trainiert seit März mit der Gruppe. Nervös wäre sie nicht gewesen, denn dazu sei das Training zu gut. Die junge Frau tanzte bislang immer in Ballerinas und die Stiefel seien noch ein wenig kompliziert. Nora ist aber zufrieden, denn das Banale habe heute geklappt und das sei das Wichtigste beim ersten Auftritt. Auch Alex, 19, ist zum ersten Mal mit der Gruppe auf der Bühne gestanden und formulierte treffend: „Ich habe nichts verpaßt, alles war wunderbar.“ Thorsten, 38, tanzt seit fünf Jahren und freute sich über die positive Resonanz des Publikums und er weiß, dass es immer wieder etwas gibt, was es zu verbessern gilt. In einer Session verliert er durch die Anstrengungen alleine 4-5kg. Auch Tanzkorpsleiter Michael Zarbock lobte erst einmal das Publikum und dessen Aufmerksamkeit. „Ich muss der Gruppe heute ein riesengroßes Kompliment machen, denn dafür, dass wir eigentlich noch drei Monate Training vor uns haben, war dies großes Kino.“, so Zarbock.

Auf der Heimfahrt von Bonn, war die Stimmung ausgelassen, fröhlich, internationale Hits wie „Taka, Taka“ dröhnten durch den Bus, die Mädels groovten und die Jungs machten mit ihren Smartphones Discolicht. Die Original Matrosen vum Müllemer Böötche sind eine eingeschworene Gemeinschaft, die an diesem Abend den Kölner Karneval wunderbar vertreten hat. Zurück an der Bergisch-Gladbacher Straße ist der Bus gegen 22:30 Uhr.

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Autor: ag
Foto: Am Samstag Abend standen die Original Matrosen vum Müllemer Böötche zum ersten Mal vor der Session beim Vorstellabend in Bonn auf der Bühne