Köln | Michael Oppitz ist aktuell einer der eigenwilligsten und renommiertesten Ethnologen. Sein Markenzeichen: die Verbindung von Wissenschaft und Kunst. Das Kolumba-Museum widmet ihm jetzt die Sonderausstellung „Bewegliche Mythen“.

Im Mittelpunkt der Ausstellung steht Oppitz’ Film „Schamanen im Blinden Land“. Er verlangt dem Zuschauer einiges ab. Nicht nur Sitzfleisch, immerhin dauert der Film vier Stunden. Sondern auch Nerven – ist doch auch zu sehen, wie für eine Heilzeremonie eine Ziege geköpft und einem Huhn der Hals abgerissen wird.

Der Ethnologe drehte den nie voyeuristischen Film vor gut drei Jahrzehnten im Auftrag des WDR. Sein Ziel: Die Magar, die in einem bis dahin kaum bekannten Tal in Nepal lebten. Er zeigt das Wirken der Schamanen – berufen als Mittler zwischen den Menschen und Göttern zu wirken. Sie sind es, die die Balance zwischen der Welt und den Geistern herstellen, die seelische Unordnung wieder ins Lot bringen, Krankheiten heilen. Das kann oft Stunden dauern und wird von Musik begleitet, wobei Trommeln das vorherrschende Instrument sind.

Über sieben Jahre hinweg ein Vertrauensverhältnis aufgebaut

Oppitz (geboren 1942 in Schlesien) reiste über sieben Jahre immer wieder dorthin. Während seiner Feldforschung baut er ein Vertrauensverhältnis auf und versichert, dass der Film in Absprache mit den Nepalesen entstand. Quasi als „Nebenproduktion“ hielt er erstmals die bis dahin nur mündlich überlieferten Mythen, Bestandteile des Alltags, schriftlich fest.

Neben dem Film bieten Film-Skripte, Traum-Tagebücher, Rondokumente, Fotos, Dias Landkarten, von ihm verfasste Bücher, Vogelhüte, Pfeifen, Muschel- und Glockenketten und seine Sammlung von Ritualtrommeln einen Einblick in sein Schaffen. Mehr als ein Nebenaspekt ist seine Zusammenarbeit mit Künstlern wie Candida Höfer, Sigmar Polke oder Marcel Broodthaers. Von Letzterem ist dessen Sammlung von 50 Adlerfedern zu sehen, den Indianerstämmen Nordamerikas zugeordnet. Auch in der Mythologie Nepals spielt der Adler eine Rolle.

Für Museumsdirektor Stefan Kraus ist es Programm, sein christlich geprägtes Haus auch anderen Glaubensrichtungen und deren Zugang zu Gott zu öffnen. „Durch die Ausforschung des Spirituellen wird auch die Frage beantwortet: Was ist Wissenschaft?“, erklärt er. Vor allem aber: Die Auseinandersetzung mit dem Fremden helfe bei der Selbstbefragung. Und so steht die aktuelle Sonderausstellung zwischen antiken Göttervasen, einem christlichen Kreuz und Filmaufnahmen von Joseph Beuys, der sich in seiner Performance mit der Rolle des Schamanen identifiziert.

[infobox]„Michael Oppitz: Bewegliche Mythen“ – bis 3. Dezember 2018, Museum Kolumba, Kolumbastr. 4, Mi-Mo 14-17 Uhr, Eintritt: 5/3 Euro, bis 18 Jahre frei. Katalog: 25 Euro

[/infobox]

Autor: ehu
Foto: Blick in die Ausstellung „Michael Oppitz: Bewegliche Mythen“