In seinen Kunstwerken wird das Mittelalter wieder lebendig

Köln | Wer auf die dreidimensionalen Reliefs des Georgsaltars aus Kalkar blickt, hat das Gefühl, dass das Geschehen um die Superhelden des Mittelalters lebendig wird. Stolze Ritter kämpfen dort gegen gefährliche Drachen und beweisen ihren großen Mut. Geschaffen hat diese außergewöhnliche und ausdrucksstarke Bilderwelt Arnt der Bilderschneider, der zwischen 1460 und 1491 am Niederrhein in seinen zwei Werkstätten in Kalkar und im niederländischen Zwolle als Künstler gewirkt und eine Bildschnitzschule begründet hat.

Obwohl Deutschland der zentrale Ort für Meister Arnt war, ist er dort noch eher unbekannt. Ganz anders ist das in den benachbarten Niederlanden, wo man den Künstler und sein vielfältiges Werk in den 50er Jahren für sich entdeckt habt. Ändern könnte sich das jetzt mit der ersten monografischen Ausstellung zu seinem Werk im Museum Schnütgen. Dort finden sich rund 60 Werke, die für sein Schaffen zentral sind. Alle bestechen durch ihre außerordentliche Lebendigkeit, Themenreichtum und Erzählfreude.

Dazu zählt der jüngst in Köln restaurierte Georgsaltar, der erstmals die Kalkarer Nicolaikirche verlassen hat. Im geöffneten Zustand ist dieser fünf Meter breit und ermöglicht dem Betrachter eine spannende Reise in die Welt des Mittelalters. Zu den zentralen und besonders eindrucksvollen Zeugnissen im Schaffen Arnts zählt die Altartafel mit der Anbetung der Heiligen Drei Könige. Anfang 2019 ist es dem Kölner Museum gelungen, drei bislang verschollene Fragmente zu erwerben und so das Hauptwerk des Künstlers, das sich in Besitz des Hauses befindet, zu vervollständigen.

Neben diesen beiden zentralen Ausstellungsstücken zählen weitere dreidimensionale Gemälde, farbig gefasste Reliefbilder sowie zahlreiche größere und kleinere Einzelfiguren von Engeln, Heiligen und anderen biblischen Figuren. So manches Ausstellungsstück aus dem Ausland kam wegen der Coronakrise erst in letzter Minute nach Köln. Leihgeber sind das Musée de Cluny in Paris, das Rijksmuseum in Amsterdam und das Musée Art & Histoire in Brüssel. Dazu kommen Leihgaben aus Privatsammlungen und Kirchen.

Eigentlich sollte die Schau bereits Anfang April eröffnet werden, hier sorgte die Corona-Krise und der Shutdown für die lange Verzögerung. „Alle Förderer und Leihgeber aus dem In- und Ausland haben ihre Zusagen beibehalten. Für dieses in uns gesetzte Vertrauen sind wir sehr dankbar“, sagt Museumsdirektor Moritz Woelk.

Der letzte Auftrag von Meister Arnt war der Hochaltar der Nicolaikirche in Kalkar, den er allerdings nicht mehr vollenden konnte. Hier zeigt es sich, wie einzigartig sein Schaffen war und wie schwer es sich herausstellte, einen geeigneten Nachfolger zu finden, der den Altar vollenden konnte. Aus dem Hochaltar sind drei Reliefs aus Eichenholz in Köln zu sehen. Sie stellen den Einzug Christi in Jerusalem, das letzte Abendmahl und die Fußwaschung Petri dar.

Zur Sonderausstellung ist als Katalog im Hirmer-Verlag ein umfassendes Werksverzeichnis zu Meister Arnt mit mehr als 200 Abbildungen erschienen. Zur Schau gibt es auch eine eigene App. Führungen sind wegen der Abstandsregeln nur mit maximal sechs Personen möglich. Da es in der aktuellen Lage keine offizielle Eröffnung geben wird, lädt das Museum am kommenden Sonntag, 28. Juni, die Besucher bei freiem Eintritt in die Sonderausstellung und in die ständige Sammlung ein. An dem Tag werden Miniführungen angeboten. Die Sonderschau läuft noch bis zum 20. September.

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Museum Schnütgen, Cäcilienstraße 29-33 (unweit des Neumarkts), Köln, Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10 bis 18, Donnerstag 10 bis 20 Uhr, Eintritt: zehn (ermäßigt) sieben Euro.

Autor: Von Stephan Eppinger