München/Berlin | CSU-Chef Markus Söder hat die Impfstoff-Strategie der Bundesregierung kritisiert. „Beim Impfstoff brauchen wir mehr Tempo“, sagte Söder der „Bild am Sonntag“. Es müsse alles darauf ausgerichtet werden, mehr Impfstoff zu bekommen, der dann schneller verteilt werde.

Das müsse „absolute politische Priorität sein“. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hat unterdessen den Prozess der Chargenüberprüfung beschleunigt und in Aussicht gestellt, dass die Chargenfreigabe noch am Tag der Zulassung erteilt werden könnte. „Das Paul-Ehrlich-Institut hat die Vorbereitungen zur Chargenprüfung getroffen, erste Prüfmuster erhalten und mit ersten Untersuchungen begonnen“, teilte das PEI der Sonntagszeitung mit.

Die Freigabe erfolge, „wenn die Zulassungsanforderungen an die Herstellungs- und Kontrollmethoden, die in den Zulassungsunterlagen festgelegt sind, erfüllt wurden“. Im aktuellen Fall könne das frühestens nach der Zulassung erfolgen, gegebenenfalls noch am gleichen Tag. Schon vor der Chargenzulassung könne laut PEI bereits die Verteilung des Impfstoffes an die Impfzentren beginnen.

„Die Auslieferung darf schon vorher beginnen. Verwendet werden dürfen die Impfstoffe aber erst dann, wenn die Chargenfreigabe vorliegt.“ Die Transporte zu den Impfzentren werden laut Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) polizeilich gesichert.

„Die Bundespolizei wird bei der Sicherung der Transporte massiv unterstützen“, sagte Seehofer der „Bild am Sonntag“. Alle hätten das Ziel, dass der Impfstoff ohne Verzögerungen oder Zwischenfälle bei den Impfzentren ankomme. „Ich gehe davon aus, dass uns das gelingt.“ Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Kantar wollen sich aktuell 62 Prozent der Menschen in Deutschland gegen Covid-19 impfen lassen, 32 Prozent wollen das nicht (weiß nicht: sechs Prozent).

Schwesig besorgt über verfügbare Impfstoffmenge

Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern zeigt sich besorgt bezüglich der Menge kurzfristig verfügbarem Impfstoff: „Ich mache mir Sorgen ob der Impfstoff reicht. Wir müssen es wenigstens in einer ersten Runde schaffen, alle Pflegeheime abzusichern“, sagte sie der RTL/n-tv-Redaktion. Deshalb sei es wichtig, dass jetzt auch genug Impfstoff kommt.

Gleichzeitig spricht sich Schwesig für eine bundesweite Reiserückkehrer-Regelung aus, die auch bei Reisen in innerdeutsche Risikogebiete gilt: „Ich werbe schon seit Beginn der Pandemie dafür, dass wir klare Regeln haben, wie wir die Mobilität regeln, gerade zwischen den Risikogebieten. Wir haben ja eine Regel, dass wer ins Ausland fährt, ins Risikogebiet zurückkommt und in Quarantäne muss.“ Und eine gleiche Regel habe man jetzt in Mecklenburg-Vorpommern für Risikogebiete in Deutschland.

„Allerdings nur dort, wo die Inzidenz 200 und mehr ist.“ Eine solche Regelung sei notwendig, wenn Geschäftsschließungen beschlossen werden, gleichzeitig aber Menschen innerhalb Deutschlands weiterhin in Risikogebiete reisen können: „Das heißt ja nicht, dass ich nicht reisen darf. Das heißt nur, wenn ich reise, ins Risikogebiet mit mehr als 200er Inzidenz, und zurückkomme, dann muss ich in Quarantäne und kann mich dann freitesten lassen, ähnlich wie wenn ich ins Ausland reise.“

Das gelte nicht für die Kernfamilie, so die SPD-Politikerin. Eine einheitliche Einigung mit der Kanzlerin und den restlichen Ministerpräsidenten sei bisher aber nicht möglich gewesen: „Ich hätte das gerne bundesweit geregelt, aber dazu gab es bisher nie Mehrheiten.“

Gesundheitsminister bestätigt Bericht über zusätzliche Impfdosen

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat indirekt einen Bericht der „Bild am Sonntag“ bestätigt, wonach sich Deutschland 30 Millionen zusätzliche Impfdosen bei Biontech und Pfizer auf eigene Faust und damit an der EU vorbei besorgt. Spahn teilte am Samstag auf seinem Twitterkonto unwidersprochen einen Link zu dem entsprechenden Zeitungsartikel und kommentierte, Deutschland wolle „jedem, der in 2021 geimpft werden will, auch so bald wie möglich ein Impfangebot machen“.

Von der EU kommen 55,8 Millionen Biontech-Dosen über den EU-Schlüssel, und vom Moderna-Impfstoff, der Anfang Januar zugelassen werden soll, erhält Deutschland über den Einkauf der EU laut Zeitungsbericht 50,5 Millionen Dosen. Die „Bild am Sonntag“ schreibt, die Bundesregierung verhandele über weitere Dosen auf nationaler Ebene. Sowohl der Moderna- als auch der Biontech-Impfstoff (zusammen 136,3 Millionen Dosen) wird laut Bundesgesundheitsministerium komplett im Jahr 2021 an Deutschland ausgeliefert.

Damit könnten 68,15 Millionen Bürger gegen Covid-19 geimpft werden und das Ziel einer Herdenimmunität wäre erreicht. Zusätzlich wurden noch weitere Impfstoffe, deren Zulassung noch aussteht, geordert. Über die EU kommen 42 Millionen Dosen des Curevac-Impfstoffes nach Deutschland, hinzu kommen 20 Millionen Dosen auf nationaler Ebene.

Vom Impfstoff der Firma AstraZeneca erhält Deutschland über die EU 56,2 Millionen Dosen, vom Impfstoff der Firma Johnson & Johnson 37,25 Millionen.

Das wäre genügend, um eine sogenannte „Herdenimmunität“ zu erreichen. Bis vor Kurzem hatte die Bundesregierung allerdings noch beteuert, nicht an der EU vorbei alleine zu verhandeln und sich damit einen Vorteil gegenüber anderen europäischen Ländern zu verschaffen, sondern auf die Zuteilung aus Brüssel zu warten.

Autor: dts
Foto: Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder bei einer Bund-Länder-Pressekonferenz am 13. Dezember