Köln | Der Spirituosen-Konzern Pernod Ricard Deutschland startet eine Kampagne gegen Alkoholkonsum während der Schwangerschaft. Denn noch immer ist Alkohol die Hauptursache für körperliche und geistige Behinderungen von Kindern. Genaue Erkenntnisse liegen jedoch kaum vor. Darum sollen in Köln als Modellregion Neugeborene untersucht werden.

Frauen erleben „unschöne Erklärungsnot“

Jährlich werden in Deutschland laut Pernod Rircard rund 4.000 Kinder mit dem so genannten „Fetalen Alkohol Syndrom“ (FAS) geboren. Dazu gehören körperliche und geistige Behinderungen, die allein durch den Alkoholkonsum der Mutter verursacht wurden. Dabei sei diese Behinderung immer vermeidbar, erklärte heute Tony Eulenburg von Pernod Ricard, laut eigenen Angaben Deutschlands größter Spirituosenhersteller. Der Konzern hat daher nun eine Kampagne gestartet, um vor Alkoholkonsum in der Schwangerschaft zu warnen. Dazu gibt es neben Etiketten auf den Produkten selbst, große Plakate und Werbespots in Kinos und dem Fernsehen. Gesicht der Kampagne ist die deutsche Schauspielerin Sophie Schütt, die vor einigen Monaten selbst Mutter geworden ist. Schwierig findet sie vor allem, dass Alkohol in der Gesellschaft unterschätzt wird. Oftmals sei sie in „unschöne Erklärungsnot geraten“, so Schütt, warum sie nicht trinke. Dabei würden ständig Anlässe wie Geburtstage, ein Jubiläum oder eine Vertragsunterzeichnung vorgeschoben. 

„Kölsch zum Mineralwasser deklariert“

Unklar ist dabei, ab welcher Menge Alkohol dem Kind schädigen kann. In der USA etwa werde zu völliger Abstinenz geraten, in Europa sei man dagegen der Auffassung zwei Gläser Wein pro Woche schadeten nicht, berichtete heute Prof. Dr. Peter Mallmann, Direktor der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Universitätsklinik Köln. „In Deutschland gibt es kein Problembewusstsein“, so Mallmann. So würde nach Schätzungen rund die Hälfte der Schwangeren zumindest ein bisschen Alkohol trinken. Mallmann selbst rät allen Schwangeren und Stillenden gänzlich auf Alkohol zu verzichten. Genauere wissenschaftliche Erkenntnisse will er nun im Rahmen der Kampagne erforschen. Dazu will er in der Modellregion Köln mit rund 10.000 Geburten jährlich zunächst Daten zu dem Alkoholkonsum in der Schwangerschaft erheben. Zudem will er versuchen zu dokumentieren, ob es durch die geplante Kampagne möglich ist, ein Problembewusstsein  bei Schwangeren zu erzeugen und eine Verhaltensänderung zu bewirken. Köln sei dabei als Modellregion in Deutschland besonders geeignet, betonte Mallmann. Schließlich habe „Köln ein Kölsch zum Mineralwasser deklariert“.

Autor: Cornelia Schlösser
Foto: Sophie Schütt, Schauspielerin und Gesicht der Kampagne „Mein Kind will keinen Alkohol“