Schon die Planung einer Amoktat ist moralisch verwerflich
Damit soll nicht in Abrede gestellt werden, dass schon die Planung einer solchen Tat, wie der eines Amoklaufs, abscheulich und moralisch nicht zu rechtfertigen ist. Zudem muss auch klar formuliert werden, dass es sich bei der Planung einer solchen Tat niemals um einen kleinen Jungenstreich handelt, denn Menschen können durch Vorgänge wie sie jetzt an der Georg Büchner Schule stattfanden seelischen und körperlichen Schaden nehmen.

Warum wurden die Eltern nicht informiert?
Aber die Frage muss lauten, warum hat die Schule und die Polizei nicht die Eltern eines minderjährigen Schüler rechtzeitig informiert, wenn ihr Kind unter einem so ungeheuerlichen Tatverdacht steht und dabei womöglich eine Persönlichkeitsstörung aufweist. Zudem muss die Frage lauten ist die Schule und Polizei rechtlich befugt ein derartiges Gespräch, oder Verhör überhaupt ohne die gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen durchzuführen, wo eigentlich jedem Verdächtigten sogar anwaltlicher Beistand zusteht.

Ministerium sieht keine Informationspflicht gegenüber den Eltern
Das Ministerium für Schule und Weiterbildung hat am heutigen Nachmittag gegenüber report-k.de durch seinen Pressesprecher Priboschek geäußert, dass die Schule dazu rechtlich befugt ist und die Eltern nicht in Kenntnis setzen muss, auch nicht bei Minderjährigen, da es sich lediglich um ein Gespräch zur Aufklärung eines Sachverhaltes gehandelt habe und Eltern erst dann zu informieren seien, wenn eine Anzeige vorliegt. Das von report-k.de angefragte Bundesministerium hat sich leider bisher zu diesem Sachverhalt noch nicht geäußert.

Report-k.de hat bei der Landeselternkonferenz nachgefragt und um deren Sichtweise auf die Vorgänge am Kölner Georg Büchner Gymnasium gebeten, auch hinsichtlich der Informationspflicht der Schule gegenüber den Eltern. Eberhard Kwiatkowski der Vorsitzende der Landeselternkonferenz NRW schickte report-k.de folgende Einschätzung, die wir hier im Original publizieren:

Die Landeselternkonferenz begrüsst das schnelle Handeln der Schule, stellt aber einige Fragen, die sich nach dem jetztigen Kenntnisstand ergeben, auch in dem Bewustsein, dass man hinterher immer schlauer ist:

1. Warum wurden die Eltern nicht zu dem Gespräch in der Schule eingeladen, auch und gerade weil "Gefahr im Verzug" zu sein schien. Dies hätte nach dem Schulgesetz* geschehen müssen.

Die Aussage von Herrn Prybussek ist in soweit richtig, dass es keinen Erlass gibt. Aber es gibt das Schulgesetz, in dem das Verfahren genau geregelt ist. Es ist noch hinzuzufügen, das ein "Verhör" von einem Minderjährigen nicht ohne Elternbeteiligung sein darf. Dies gilt insbesondere auch ausserhalb der Schule. "Eltern haften für ihre Kinder!" Dies kann nur geschehen, wenn Eltern bei den Gesprächen mit eingebunden werden.

2. Warum wurde der schulpsychologische Dienst nicht eingeschaltet? Auch wenn am Ende des Gespräches keine potentielle Gefahr mehr bestand, so hat doch der Schüler ein tiefgreifendes Problem gehabt, dessen man auf den Grund hätte gehen sollen.

3. Warum wurde der Minderjährige  nach dem Gespräch einfach nach Hause entlassen. Spätestens hier (aus unserer Sicht schon zu spät) hätte der Minderjährige in die Obhut seiner Eltern übergeben werden sollen. So hätte sich vielleicht der tragische Selbsmord verhindern lassen.

Wir fordern schon seit langem, dass alle Beteiligten (SchülerINNEN, Eltern und Schule) zeitnah informiert und in die Prävention eingebunden werden. Diese Informationen laufen nicht auf einer Einbahnstrasse. Auch Eltern sollten die Schule über Auffälligkeiten, die für sie besorgnisserregend sind die Schule informieren, um ggf. frühzeitig reagieren zu können. Wir Bedauern den tragischen Tod des Jugendlichen. Unsere Anteilnahme gilt seinen Eltern. Ebenso sind wir erleichtert, dass es nicht zu einem Amoklauf gekommen ist.

Soweit ein erstes Statement der Landeselternkonferenz. Sowohl im Interesse der Polizei, aber auch des Ministeriums für Schule und Weiterbildung NRW muss es sein, für künftige Fälle Handlungsanweisungen zu erarbeiten, die auch bei geplanten Attentaten oder anderen Straftaten von Schülerinnen und Schülern und mögen sie noch so schrecklich sein, junge Menschen vor sich selbst schützen. Gerade Selbstmorde im Affekt können durch umsichtiges Verhalten aller Beteiligten verhindert werden. Schulministerin Sommer muss auch die Frage stellen, ob die Schulleitung des Georg Büchner Gymnasiums richtig gehandelt hat, indem diese die Eltern nicht informiert hat. Gleiches muss auch für die Kölner Polizei gelten, die in solchen Fällen im eigenen Interesse, Eltern informieren und wenn gewünscht deren Anwalt beim Gespräch zulassen muss und auch zwingend einen Psychologen hinzuziehen muss.

*Auszug aus dem Schulgesetz von NRW.
§ 53
Erzieherische Einwirkungen, Ordnungsmaßnahmen
(1) Erzieherische Einwirkungen und Ordnungsmaßnahmen dienen der geordneten Unterrichts- und Erziehungsarbeit der Schule sowie dem Schutz von Personen und Sachen. Sie können angewendet werden, wenn eine Schülerin oder ein Schüler Pflichten verletzt. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist zu beachten.

(2) Zu den erzieherischen Einwirkungen gehören insbesondere das erzieherische Gespräch, die Ermahnung, Gruppengespräche mit Schülerinnen, Schülern und Eltern, die mündliche oder schriftliche Missbilligung des Fehlverhaltens, der Ausschluss von der laufenden Unterrichtsstunde, die Nacharbeit unter Aufsicht nach vorheriger Benachrichtigung der Eltern, die zeitweise Wegnahme von Gegenständen, Maßnahmen mit dem Ziel der Wiedergutmachung angerichteten Schadens und die Beauftragung mit Aufgaben, die geeignet sind, das Fehlverhalten zu verdeutlichen.

Andi Goral für report-k.de / Kölns Internetzeitung