Report-k.de: Wie kommt ihr auf den Album-Namen Monster?
Dero: „Ich denke das Monster erst einmal plakativ ist, deswegen erst einmal auf sich aufmerksam macht. Aber es gibt mehrere Dimensionen, wie man den Titel interpretieren kann. Ich denke, ich reflektiere auf diesem Album textlich und thematisch sehr auf meine eigenen Monster in mir selbst, in meiner eigenen Psyche, aber auch auf die Gesellschaft und ihre ganzen Ausformungen von Monstern. Ich denke, dass die Kapital- und Finanzmärkte zu Recht als Monster bezeichnet werden, weltweit. Aber auch unser Umgang mit der Umwelt ist monströs. Ich denke auch, dass die Medien bewiesen haben, das sie aus natürlich sehr tragischen und krassen Fällen wie den Natascha Kampusch Fall und den von Fritzl von Amstetten Monster machen können. Die Medien schlachten die Storys skandalträchtig aus und kreieren somit Monster.“

Was können die Fans von eurer neuen CD erwarten?
Flux: „Monsterklasse natürlich. Monsterproduktion. Ja, es hat sich einiges getan. Wir haben vieles neu ausprobiert, die wir noch nie gemacht haben. Wir haben zum Beispiel aus einer Rocknummer einen Rock-Tango gemacht. Die Nummer „In deinen Hüften“. Das haben wir das erste Mal probiert. Dann gibt es auch eine reine Bluesnummer, „Geboren zu sterben“. Wir haben sehr viele Up-Temponummern wieder drauf. Sind insgesamt härter geworden als das Album davor. Wobei wir aber auch eine Ballade drauf haben, bei der wir ein komplettes Orchester-Arrangemant haben, auch erstmalig. Die heißt „Auf Kurs“. Von daher wird’s da wieder alle möglichen Facetten zu hören geben, als auch alte Wurzeln die wir wieder aufgegriffen haben. Bei „Revolution“ zum Beispiel, haben wir die Tradition mit der wir mal Oomph! begonnen haben. Viele EBM (Anm. der Red.: Electronic Body Music. Ein in den frühen 1980er-Jahren entstandener Musikstil) und elektronische Einflüsse wieder mal nach Aussen gekehrt und gezeigt, dass wir unsere Wurzeln nicht verleugnen, und auch Fans der ersten Stunde, die uns immer noch treu geblieben sind, das wir denen auch treu bleiben und wieder mal auch Musik zurückgeben aus den Anfangstagen.“

Haben eure Texte eine Message?
Dero: „Ich mag es nicht, wenn jemand mit erhoben lyrischem Zeigefinger daherkommt und sagt, du musst das so oder so machen, dann hast du das Leben begriffen. Ich sympathisiere mit den Aufklärern. Mit der Sturm und Drang Phase, das heisst man kann sich nur befreien, wenn man selber seinen Geist erweitert. Dafür ist natürlich Bildung notwendig. Für Bildung muss man erst einmal Wohlstand haben. Das ist natürlich ein großer Kreislauf, der sich da bildet. Um so wichtiger ist es, dass man auch in der Kunst provoziert, weil man damit zerstört. Ich denke die Kunst hat den Auftrag, für mich zumindest, alles was als so genannte Wahrheit dargestellt wird, in Frage zu stellen, weil nur so entsteht ein Diskurs, nur so wird polarisiert und nur so entstehen Diskussionen über ein Thema. Und das ist meine Aufgabe. Ich versuche natürlich auch zu provozieren, aber die Provokation wird nie zum reinen Selbstzweck bei uns eingesetzt, sondern hat immer einen Hintergrund. Es gibt immer Gründe, warum ich Dinge ironisch, sarkastisch, zynisch durch den Kakao ziehe. So sollte es sein. Man muss natürlich den Anspruch mitnehmen, zwischen unseren Textzeilen zu lesen und man muss genügend Interpretationsengagement mitbringen. Wenn man das nur Oberflächlich betrachtet, das ganze Gebilde Oomph!, da wird man nicht schnell zu einem Resultat kommen. Aber so ist das in unserer Gesellschaft. Es wird immer schnelllebiger. Man muss sich auch mal tiefer in eine Situation, in ein Gefühl fallen lassen können, um eine Band oder in dem Bereich ein Album, unser neues Album Monster, in seiner Gesamtheit verstehen zu können.“

Wie empfindet ihr die Stimmung von euren Fans, wenn ihr auftretet ?
Flux: „Es ist grandios. Es ist vor allem auch schön zu sehen, wie treu die Fans sind. Viele Gesichter in den ersten Reihen, die sieht man schon seit einigen Jahren,und man erkennt sie auch wieder. Wir haben ja einen sehr engen Fankontakt. Wir machen mehrmals im Jahr so genannte Oomph!-Days, wo wir uns mit den Fans treffen und eigentlich nur zum Erzählen, Austauschen, Fotomachen, Autogramme geben da sind. Von daher kennen wir eigentlich, ich sag mal, die ersten drei vier Reihen schon alle persönlich und es ist immer schön, die Leute auch wiederzusehen. Wir waren vor zwei Wochen in Tschechien, wo wir erst das dritte Mal gespielt haben und Dank des Internets haben dort die Tschechen unsere Songs mitgesungen. So gut sie eben Deutsch konnten oder glaubten, dass was wir da singen mit dem Mund nachzuformen. Das ist immer wieder sehr rührend, wenn da wirklich 10.000 Tschechen stehen oder auch eben Deutsche stehen, egal wo wir spielen und unsere Songs mitsingen oder sich bei den ersten Takten freuen und tanzen. Das ist eigentlich das, wofür man die Musik macht. Es ist natürlich zum einen, dass wir Musik kreieren wollen. Das ist unser Antrieb. Zum anderen waren wir jetzt neun Monate im Studio und haben an dem jetzigen Album , welche Freude man denen auch bereiten kann mit den eigenen Songs, dann weiss man, warum man das Ganze gemacht hat.“

Sind schon weitere Projekte geplant?
Dero: „Wir sind mit Oomph! so ausgelastet, dass da keine Zeit für weitere Projekte bleibt. Wir haben jetzt Videos gedreht und sind jetzt auf Interviewtour, haben zwischendurch Festivals. Werden im Herbst eine große Deutschland-, Österreich-, Schweiz-Tour machen. Anfang des Jahres kommt das restliche Europa dran, dann vielleicht noch Südamerika und Mittelamerika. Also, wir sind ausgelastet und von daher freuen wir uns, wenn wir dann mit unserer Arbeit — obwohl das auch Vergnügen ist — Ommph!, dann mal durch sind. Das wir dann uns mal eine komplette Auszeit nehmen können, weil man auch mal Abstand zu seinem Projekt, zu seinem Produkt und zu seiner Musik haben muss. Nur dann kann man sich auch weiterentwickeln und wir wollen uns immer weiterentwickeln, von Album zu Album. Das schafft man nur, wenn man sich auch ein bißchen Zeit lässt dann auch auf das Geschehene zurückzublickt.“

Wie gefällt euch das Amphi Festival?
Flux: „Wir haben noch nicht so viel gesehen. Wir sind zwar schon einmal ums Gelände gegangen, weil wir zu einer Autogrammstunde mussten. Wir waren überrascht wie groß das Gelände ist. Scheint eine super Stimmung zu sein. Es ist ausverkauft. Trotz des Regens sind alle da. Ich habe auch schon bei einzelnen Bands gehört, schon jetzt am frühen Nachmittag, war der Zuschauerraum so voll, dass keine Leute mehr reingelassen wurden. Das zeigt die Begeisterung der Leute für die Musik und wir freuen uns. Was für uns halt besonders schön ist. Da musste ich halt eben dran denken, als ich das Plakat gesehen habe. Wir haben mal vor knapp 20 Jahren bei einem kleinen Berliner Label angefangen. Da gab es eine Band, die hieß And One und wir waren die zweite oder dritte Band, die dort unterschrieben hat, bei unserem damaligen Labelchef Jor Mulder, und das waren wir. Und heute stehen genau diese beiden Bands als Headliner auf einem der größten Festivals hier in Deutschland für diese Musik. Also wenn Jor das sehen würde, der wäre sehr glücklich.“

Vielen Dank für das Interview.
 
Das Gespräch führte Johannes Braun für report-k.de / Kölns Internetzeitung