Köln | Wie viele Fotos Ulla Bönnen von ihren Reisen jeweils mitbringt, weiß sie nicht. Aber es sind eine Menge, ein großer Fundus, aus dem sie immer aufs Neue für ihre architektonischen Collagen schöpfen kann. In der artothek zeigt sie jetzt, was sie an der Kanalküste von Kent und auf Teneriffa inspirierte.
Die 43-Jährige hat den Blick für das Detail, für den Verfall, für die Linie. In England fotografierte sie Geländer, Straßenmarkierungen, Strandgut, Häuserfronten, Abwasserrohre an Giebelwänden. Die Schwarzweiß-Aufnahmen setzt sie zu wandfüllenden Collagen zusammen, bei denen einzelne Fotos aus der Ebene hervortreten.
Dabei entstehen aus den vorgegebenen Linien neue Muster – Wegen gleich, die durch die Ansammlung führen. Sie spielt mit Gegensätzen und Ähnlichkeiten. Städische Dichte prallt auf ländliche Offenheit, zwischen senkrechten Gesteinsschichten liegen runde Kiesel, die wieder mit Regentropfen auf einer Scheibe oder einem Flugzeugfenster korrespondieren. Einen zusammengeknülltes Fischernetz hat sie nicht nur mit der Kamera festgehalten, sondern das filigrane Gerüst eines verfallenden Piers hat sie als raumfüllendes mit schwarzen Papprohren und Seilen „nachgebaut“.
Auf Teneriffa weckte ein leerstehendes Hotel ihre Aufmerksamkeit, zum Teil noch mit Möbeln bestückt. Hier baut sie die Fotos in ein Gewirr aus selbstgefertigen Span- und Wellpappe-Kisten ein, ergänzt durch Fundstücke wie Hölzer oder vertrockneten Pflanzen: ein Spiel mit den vielen Bauruinen in Spanien, Ergebnisse von Spekulationen und geplatzten Krediten.
Hier wie dort haben Zeit und Wetter ihre Spuren an Landschaft und den Produkten aus menschlicher Hand hinterlassen. Aber es gibt immer auch „a silver lining to every cloud“ – Bönnen hat das Licht am Horizont entdeckt und zeigt die Schönheit, die auch im verfall noch liegen kann.
Ulla Bönnen: „there’s a silver lining to every cloud“ – bis 18. Februar 2017, artothek, Haus Saaleck, Am Hof 50, 50667 Köln, Tel. 0221 / 221 22 332, Di-Fr 13-19 Uhr, Sa 13-16 Uhr, Eintritt frei
Autor: Text und Fotos: ehu
Foto: Ulla Bönnen in der artothek: Blick durch ihre Pier-Konstruktion aus „England“ (unten) und „Teneriffa“.
