Köln | In den vergangenen Jahren erneut zu einer Herausforderung geworden ist das Thema: bezahlbare Wohnung und bezahlbarer Wohnungsbau. Um bezahlbaren, lebenswerten Wohnraum für alle zu schaffen, sind viele Aspekte zu bedenken und viele Akteure involviert. Das Museum für Architektur und Ingenieurkunst NRW blickt mit der Ausstellung „Alle wollen wohnen. Gerecht. Sozial. Bezahlbare“ – vom 14. September bis zum 30. Oktober – auf die vielen Facetten des geförderten Wohnungsbaus.

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Im September und Oktober zeigt das Museum für Architektur und Ingenieurkunst NRW die Ausstellung „Alle wollen wohnen. Gerecht. Sozial. Bezahlbar“ auf dem Clouth-Gelände in Köln. Doch „bezahlbare“ Wohnungen sind nach Jahren eines ausgeglichenen Wohnungsmarktes für ein großen Teil der Gesellschaft erneut zu einer Mangelware geworden, sagen die Anwesenden Experten. Die Gründe dafür seien vielfältig, erklärt Michael Groschek, Minister für Bauen, Wohnen und Stadtentwicklung NRW: der gesunkene Bestand im sozialen Wohnungsbau, gestiegene Standards und Baukosten, Grundstücke sind ein rares Gut – insbesondere in den Städten, in denen immer mehr Menschen leben möchten. Hinzu komme auch, dass heute pro Kopf fast vier Mal so viel Wohnfläche wie um das Jahr 1900 beansprucht werde. Veränderte Familienstrukturen sowie Lebensstile erfordern andere Grundrisslösungen als „Küche. Diele. Bad.“ Der Wohnungsbau in NRW müsse verdoppelt werden erklärt Groschek und fügt hinzu: „Bauen, bauen, bauen. Wir müssen weiterhin bauen.“,

Appell an die Politik und ihr Kommunen

Gebraucht werden Stadtquartiere und Wohnviertel, die ein selbstbestimmtes Leben in allen Lebensphasen ermöglichen, die Wohnen und Arbeiten besser vereinen und Zugang zu Bildung und Freizeitangeboten eröffnen. Es gehe nicht allein um städtebauliche Lösungen und Architektur von hoher Qualität. Ebenso wichtig sei, wie der Wohnungsbau einen Beitrag leisten könne für soziale Vielfalt und Chancen auf Integration. Mit dem Wissen um die gesellschaftlichen Veränderungen und Bedarfe sei die Politik gefragt, Anreize für sozialen und bezahlbaren Wohnungsbau zu schaffen. Mit dem Wohnraumförderungsprogramm 2014-2017 habe NRW-Bauminister Groschek einen wichtigen Baustein gelegt. Ursprünglich standen 800 Millionen Euro für den Wohnungsbau zur Verfügung. Diese Summe wurde in diesem Jahr noch einmal aufgestockt, so dass jetzt in den beiden verbleibenden Jahren der Legislaturperiode jährlich 1,1 Milliarden Euro investiert werden können.

NRW investiert 1,1 Milliarden für sozialen Wohnungsbau

Im März beschloss die Bundesregierung daher das 10-Punkte-Programm der Wohnungsbau-Offensive, „um den Bedarf an bezahlbarem Wohnraum rasch zu decken“, so Groschek. Den Bedarf beziffert Bundesbauministerin Barbara Hendricks mit etwa 350.000 Wohnungen pro Jahr. In NRW hatte die Landesregierung bereits direkt zu Beginn der neuen Legislaturperiode 2014 verschiedene Maßnahmen beschlossen. So stehen mit dem Wohnraumförderungsprogramm 2016 – 2017 jährlich 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung mit Schwerpunkt auf dem sozialen Wohnungsbau.

Weitere Wege den sozialen Wohnungsbau zu fördern seien Ausstellungen wie diese, erklärt Alexander Rychter, Verbandsdirektor VdW Rheinland Westfalen. „Die Menschen haben ein falsches Bild im Kopf wenn es um den sozialen Wohnungsbau geht, deshalb müssen wir offene Diskussionen führen, auch über die Kosten. Geförderter Wohnungsbau sieht heute anders aus. Es ist nicht nur energieeffizienter, sondern auch generationsübergreifend und bezahlbar.“

Hintergrund zur Ausstellung

„Vor diesem Hintergrund zeigen wir mit unserer Ausstellung „Alle wollen wohnen.Gerecht. Sozial. Bezahlbar.“, dass Wohnen ein gesellschaftlich aktuelles, wichtiges und zugleich vielschichtiges Thema ist“, sagt Ursula Kleefisch-Jobst, Geschäftsführende Generalkuratorin des Museums für Architektur und Ingenieurkunst NRW (M:AI).

In der Ausstellungshalle werden daher fünf thematische Häuser zu sehen sein. Das erste Haus handelt von dem Thema „Küche. Diele. Bad“ und bezieht sich dabei auf den gesellschaftlichen Wandel. Dabei sei ein Einblick in die Geschichte notwendig. Das zweite Haus befasst sich mit dem Thema „die Akteure“ und nimmt dabei Stellung zu den Bauherren, Architekten, Gesellschaftern und der Freiraumgestaltung. Das dritte Haus „Recht auf Wohnen“ beinhaltet die Aspekte der Baurechte und der Grundlagen. Das vierte Haus „das Haus“ thematisiert die großen Entwicklungen im Wohnungsbau und ihre Typologien. Das letzte und fünfte Haus beschäftigt sich mit „Wohngebieten“.

Die Ausstellung soll verdeutlichen, dass die Mangelware Wohnung eine soziale Frage sei, die entscheidend zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beiträgt – und das nicht erst seitdem mehr Menschen nach Deutschland einwandern und flüchten, sagt Rychter. Laut Kleefisch-Jobst sind mehrere Gründe: den Verkauf von großen sozialen Wohnungsbaubeständen ab den 1990er Jahren, die Entlassung vieler Bestände aus der Mietpreisbindung auch in Zukunft, gestiegene Baustandards und immer weniger Baugrundstücke in den Städten, in die die Menschen verstärkt zurückziehen. Sie fügt hinzu: „Unsere Ansprüche an das Wohnen sind gestiegen: Heute nutzen wir pro Kopf fast vier Mal so viel Wohnfläche wie um das Jahr 1900. Unsere Lebensstile erfordern heute flexiblere Lösungen als das Standardmuster „Küche. Diele. Bad.“

Das Areal der ehemaligen Gummiwerke Clouth ist das zurzeit größte Wohnungs- Neubaugebiet der Stadt Köln. Das M:AI veranschaulicht dort, was das Wohnen und seine bauliche Gestalt bestimme sowie wer und welche Faktoren den Wohnungsbau beeinflusse. Dabei blickt die Ausstellung auch zurück auf die zweite Geschichte des sozialen und geförderten Wohnungsbaus, denn diese ist in Deutschland in großen Teilen eine „Erfolgsgeschichte“. Manches heute so neu anmutende Konzept haben bereits die Reformarchitekten um 1900 und Architekten wie Martin Wagner, die Gebrüder Taut und Ernst May diskutiert und umgesetzt. Die Siedlungsanlagen der 1920er und -30er Jahre, aber auch die umstrittenen Siedlungen der Nachkriegszeit, die ein vielfältiges Potenzial bergen, bilden heute eine wichtige Grundlage zur Lösung der drängenden Wohnungsfragen.

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Öffnungszeiten der Ausstellung

14. September bis 30. Oktober
Di, Mi, Fr-So 11 – 18 Uhr
Do 11 – 19 Uhr

Begleitprogramm zur Ausstellung

„Wohnen in der Stadt. Konzepte und Potenziale bezahlbaren Wohnens“
Donnerstag, 22. September, 19 Uhr

„Lichte Dichte – Wie Köln attraktiven Wohnraum im zentraler Lage gewinnen kann“
Mittwoch, 28. September, 19 Uhr

„Wie wohnen? Wohin wächst Köln?“
Donnerstag, 29. September, 19 Uhr

„Menschen machen Zukunft: Engagement in alternden Einfamilienhausgebieten“
Donnerstag, 6. Oktober, 19 Uhr

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Autor: Irem Barlin
Foto: v.l.n.r. Franz-Josef Höing (Baudezernent der Stadt Köln), Franz-Josef Höing (Baudezernent der Stadt Köln), Ursula Kleefisch-Jobst (Generalkuratorin M:AI), Michael Groschek (NRW-Bauminister) und Alexander Rychter (Verbandsdirektor VdW Rheinland Westfalen)