Köln | Vor 350 Jahren – genau am 4. Oktober 1669 – starb Rembrandt. Anlass für viele Museen, an den großen Barock-Künstler zu erinnern. Diesem Reigen entzieht sich auch das Wallraf-Richartz-Museum nicht. Und eröffnet pünktlich eine Ausstellung mit Radierungen des Meisters aus eigenen Beständen. Im November folgt eine Gemälde-Schau.

Landschaftsmotive wie diese Radierung “Drei Bäume” sind in Rembrandts grafischem Werk eher selten. © Graphische Sammlung / WRM

Zu sehen sind 27 Arbeiten, ergänzt um Vorbilder und Nachfolger. Doch nicht nur diese Gegenüberstellungen beweisen die Einzigartigkeit Rembrandts (eigentlich Rembrandt Harmenszoon van Rijn, geboren 1606 in Leiden), sein Gefühl für Menschen, für Stimmungen, auch für Effekte.

Ein Meister, der mit Licht und Dunkel spielt

Da ist ein frühes Werk zu sehen, um 1629 entstanden. „Die kleine Löwenjagd“ wirkt wie hingerotzt, überaus modern, sowohl mit dichtem Strichgewirr wie sich an anderer Stelle auf wenige Linien beschränkend. Doch schon in dieser kleinen „Skizze“, die mit großem Schwung und Kraft auf die Kupferplatte „gezeichnet“ wurde, zeigt sich seine Können, mit der er etwa mit Licht und verdunkelnden Schattenschraffuren spielt, die zu großer Räumlichkeit beitragen.

Das ist auch in einer seiner letzten Radierungen aus dem Jahr 1653 zu bewundern: Bei „Die drei Kreuze“ konzentriert sich das Licht auf den gekreuzigten Christus, das „Publikum“ ist im Schatten verschwunden. Es ist der 4. Zustand dieses Motivs – Rembrandt hat die vorhergehenden immer wieder überarbeitet. Eines seiner Markenzeichen, nicht nur hier. Ein Ansturm für Sammler, die sein Werk „komplett“ haben wollen.

Wie Eva Adam mit dem Apfel kirre macht

Eine andere Qualität seines Werks ist die Empathie für die dargestellten Personen, sein Einfühlungsvermögen in Stimmungen und Situationen. So ist der spätere Biss in den verbotenen Apfel bei ihm eine fast schelmische Verführungsszene („Adam und Eva“, 1638) – ganz anders als der bekannte, über 100 Jahre früher entstandene Kupferstich von Albrecht Dürer, der dagegen fast steif und pädagogisch wirkt.

Oder Josephs Flucht von des Pharaos Frau Potiphar, die ihn in ihr Bett locken will (1634). Sie im Dunkeln, er im Hellen, er versucht sich mit aller Kraft loszureißen (dem Liebesabenteuer durchaus abgeneigt), sie versucht ihn ebenso festzuhalten. Die Energie der Kampfprobe sprengt den Bilderrahmen. Auch hier ein statischer Gegensatz: Dieselbe Szene, festgehalten von Lucas van Leyden im Jahr 1512.

Beim Blick in den Spiegel das Selbst ergründet

Das Mit- und Gegeneinander von Menschen, oft im Gespräch – auch bei biblischen Geschichten –, ist eines von Rembrandts durchgehenden Themen. Sie machen Lust, die dargestellten Genreszenen weiterzuerzählen. Genau schaut er hin, auch bei den kleinen, gerade mal briefmarkengroßen Selbstporträts des Hutfetischisten, beim Blick in den Spiegel enstanden. Sie eröffnen die sehenswerte Kammerausstellung.

Die Ausnahme in seinem Ouevre sind Stillleben und Landschaften. Von ersterem ist eine pazifische Schnecke zu sehen, von letzterem drei Beispiele. Darunter auch eine düstere Landschaft „Drei Bäume“, 1643), in einer Überarbeitung vorhergehender Zustände, vermutlich nach dem frühen Tod seiner Frau Sakia entstanden.

314 Ätz- und Kaltnadelradierungen – in unterschiedlichen Zuständen – verzeichnet Rembrandts Werksverzeichnis. 166 liegen in der Grafischen Sammlung des Kölner Museums. Daraus hat Anne Buschhoff als deren Leiterin die Auswahl für ihre erste Ausstellung getroffen. Auch wenn es nur 27 sind, vermitteln sie doch einen überzeugenden Eindruck von Rembrandts Experimentierfreude, Phantasie und nicht zuletzt seines meisterlichen Handwerks.

[infobox]„Rembrandts grafische Welt – Experiment, Wettstreit, Virtuosität“ – bis 12. Januar 2010. Wallraf-Richartz-Museum, Obermarspforte, Di-Fr 10-18 Uhr, Do 10-22 Uhr (außer an Feiertagen). Katalog 12 Euro

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Autor: ehu
Foto: Radierung von Rembrandt: „Joseph und Potiphars Weib“ (1634). © Graphische Sammlung / WRM