„Wir fahren absolut am Limit“, erklärte Hans Joachim Sistenich, Geschäftsführer des Nahverkehr Rheinland (NVR) und schließt damit sowohl Nah- und Fernverkehr, als auch den Güterverkehr im Bahnknoten Köln ein. Auch Dr. Norbert Reinkober, ebenfalls Geschäftsführer des NVR, ergänzte: „Unsere Fahrgäste fühlen sich auf manchen Linien wie in der Sardinenbüchse. Es ist daher höchste Zeit, zu handeln, denn die beengte Infrastruktur kann schon heute keine weiteren Züge mehr aufnehmen. Das schadet auch der Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandortes.“ Deshalb wurde heute ein  Gutachten und Maßnahmen-Katalog zum Ausbau des Knoten Köln vorgelegt. Der Maßnahmen-Katalog beinhaltet unter anderem auch Prognosen für die nächsten 20 Jahre. So soll laut Gutachten alleine der Güterverkehr um mindestens 65 Prozent wachsen. Reinkober machte zudem darauf aufmerksam, dass für den Ausbau des Güterverkehrs in Köln Bundesmittel nötig sind. Auch Horst Becker, parlamentarischer Staatssekretär im Verkehrsministerium NRW ist sich der angespannten Situation bewusst: „Wir müssen in Berlin mehr Gehör finden, schließlich geht es um die Zukunftsfähigkeit ganz Nordrhein-Westfalens. Das Gutachten liefert uns endlich eine fundierte Basis, um die Aufnahme des Bahnknoten-Ausbaus in den Bundesverkehrswegeplan zu forcieren.“


„Schritt für Schritt“ anstatt einer große Lösung
„Wir haben mit dem Gutachten das erste mal eisenbahntechnisch nachgewiesen, dass wir mit der derzeitigen Situation keinen qualitativ hochwertigen Schienenverkehr gewährleisten können“, so Reinkober. Das wesentliche Ergebnis des Gutachtens bestätigt somit auch, dass aufgrund der Lage des Hauptbahnhofes eine einzige gigantische Baumaßnahme nicht umsetzbar sei. Jedoch könnten 15 kleinere und in ihrer Realisierung selbstständige Einzelmaßnahmen die Problematik entschärfen. Lediglich der in vier Bauabschnitte unterteilte Ausbau des sogenannten Kölner Westrings stelle eine größere Maßnahme dar. Die stufenweise umzusetzenden Bausteine würden die Infrastruktur gezielt weiter entwickeln und für verbesserte Betriebsabläufe sorgen. Wesentliche Voraussetzung für alle Verbesserungen sei eine Verlagerung der Verkehre: „Die Züge der Regionallinien müssen von den Gleisen des Fern- und Regionalverkehrs auf die der S-Bahn verlagert werden, um so Platz für mehr Züge im Güter- und Fernverkehr zu schaffen. Hierzu ist die sogenannte S-Bahn-Stammstrecke für eine dichtere Zugfolge von 2,5 Minuten zu rüsten“, erklärte Sistenich. Im Gutachten wird angeregt, den Kölner Hauptbahnhof sowie den Bahnhof Köln Messe/Deutz für den S-Bahnverkehr auszubauen und ihre Zulaufstrecken entsprechend anzubinden. Konkret sollen zwei weitere Gleise gebaut werden. „In weiteren Schritten könnten dann Nah- und Fernverkehr entmischt werden“, so Bringfried Belter, Leiter Vertrieb und Fahrplan der DB Netz AG.


Stellten heute das Gutachten vor: Hans Joachim Sistenich, Horst Becker,
Bringfried Belter und Norbert Reinkober

Realisierung so schnell wie möglich
Weitere, auch bereits in anderem Kontext geplante Maßnahmen seien für die Entlastung des Bahnknotens Köln unabdingbar: Der Rhein-Ruhr Express soll viergleisig zwischen Köln-Mülheim und Langenfeld ausgebaut werden, die Linie S11 zwischen Köln-Dellbrück und Bergisch Gladbach soll ebenfalls ausgebaut werden, hier zweigleisig. Weitere Maßnahmen betreffen unter anderem die Streckenelektrifizierung, den Ausbau von Köln Bonntor zum Personenbahnhof sowie den Ausbau der Erftbahn zur S-Bahn. „Wir müssen schon jetzt die Weichen zur Realisierung stellen, ansonsten wird es sehr eng“, mahnte Sistenich. Der dreistufige Maßnahmenkatalog sieht die Realisierung der einzelnen Projekte bis 2030 vor. Die Zusatzgleise am Kölner Hauptbahnhof sowie an der Station Messe/Deutz sollen bereits 2019 fertig gestellt sein. Eine genaue Kostenaufstellung gebe es noch nicht, die Projekte müssten nun erst einmal weiter vertieft werden. Die benötigten Gelder werden aber voraussichtlich nicht im zweistelligen Millionenbereich bleiben, erklärte Belter. „Wir müssen versuchen, die verschiedenen Entscheidungsträger zu begeistern.“ Für die Investitionen wolle man die verschiedenen Töpfe ansprechen, so zum Beispiel den Bundesverkehrswegeplan.

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